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17 Cent mehr

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In der Textilindustrie waren die Arbeitsbedingungen für die Menschen meistens schlecht und die Löhne karg, seitdem die maschinelle Verarbeitung von Baumwolle im England des 18. Jahrhunderts ihren Anfang nahm. Das gilt auch für die heutigen Nähstuben der globalen Wirtschaft in Asien. Schichten von 14 Stunden, kaum freie Tage und haufenweise unbezahlte Überstunden sind dort für viele Arbeiter Alltag. Dafür erhalten sie meist nur den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn, der in einem Land wie Bangladesch mit etwa 50 Euro monatlich kaum zum Überleben reicht. Trotzdem sind viele Menschen heilfroh, wenn sie einen Job in einer Textilfabrik ergattern können. Mehr als vier Millionen Menschen arbeiten für mehr als 5000 Bekleidungshersteller.

Für Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU) ist die Ausbeutung in der Textilindustrie alles andere als ein Naturgesetz, er wirbt für eine andere Verteilung des Gewinns in der textilen Wertschöpfungskette. „Von einer Hose müssen mehr als zwei Euro in Bangladesch landen“, sagte Müller kürzlich bei einer Veranstaltung der Hilfsorganisation Brot für die Welt.
 


Vielen Konsumenten fehlt das Bewusstsein für die Arbeitsbedingungen in indischen Textilfabriken

Aber wie verteilen sich die Kosten? Die Kampagne für Saubere Kleidung, ein Zusammenschluss von Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften, hat dies für ein T-Shirt berechnet. Etwa die Hälfte des Verkaufspreises entfallen demnach auf Kosten und Gewinn des Handels, ein Viertel verschlingt die Markenwerbung, die Produktionskosten der Fabrik werden auf 13 Prozent geschätzt und der Transport sowie die Steuern am Preis des T-Shirts auf elf Prozent. Die Arbeiterlöhne machen gerade einmal ein Prozent aus. Andere Berechnungen variieren. Vor allem bei sehr geringen Produktpreisen steigt der Anteil des Lohns an. Eines ist jedoch unumstritten: Höhere Löhne für die Beschäftigten verteuern die Preise für den Verbraucher nur geringfügig. Berechnungen zufolge würde eine Verdopplung der Arbeitnehmer-Einkommen in den Billiglohnländern den Produktpreis von 8,50 Euro gerade einmal um 17 Cent steigen lassen. Existenzsichernde Löhne sind ein Schlüsselthema bei dem Textilbündnis aus Politik und Wirtschaft, das Müller angestoßen hat. Das Thema bleibt aktuell und steht auch auf der Agenda des G-7-Gipfels auf Schloss Elmau Anfang Juni.

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