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Neues Image, neue Chance

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Jetzt dauert es nicht mehr lange, bis die Kurden wieder ihre traditionellen Feuer entzünden, Anlauf nehmen und über die Flammen springen. Ihr Neujahrsfest steht kurz bevor, Newroz, am 21. März ist es soweit. Es beendet den Winter, der hart sein kann, besonders in den Bergen. Die Erwartungen an diesen Tag sind sowieso hoch. Aber in diesem Jahr sind sie das ganz besonders. Im Juni wird in der Türkei ein neues Parlament gewählt. Und jetzt ist Bewegung in die Debatte über die Lösung des Kurdenkonflikts gekommen.



Abdullah Öcalan führt die Kurdenpartei PKK vom Gefängnis aus. Von dort aus forderte er seine Anhänger auf, den bewaffneten Kampf aufzugeben.


Zwar schweigen die Waffen seit 2013. Aber dieser Frieden ist überaus brüchig. Geht es nach der islamisch-konservativen AKP-Regierung, dann soll das diesjährige Newroz-Fest die Schlussetappe der Friedensverhandlungen einleiten. Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu hat die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK jetzt aufgefordert, den bewaffneten Kampf mit dem Neujahrsfest endgültig aufzugeben.

Wird aus dem Neujahrsfest in diesem Jahr ein Friedensfest?
Nach mehr als 30 Jahren des blutigen Kampfes mit etwa 40000 Toten ist die Sehnsucht nach einem friedlichen Zusammenleben groß. Und vor ein paar Tagen wurde sie noch von einem bemerkenswerten Auftritt genährt. Im Istanbuler Dolmabahçe-Palast trat Sırrı Sureyya Önder, Abgeordneter der parlamentarischen Vertretung der Kurden, der HDP, gemeinsam mit Regierungsvize Yalçın Akdoğan vor die Presse. Das war schon eine Sensation. Der HDP-Politiker verlas eine Erklärung des inhaftierten PKK-Führers Abdullah Öcalan, in der er seine Gefolgsleute auffordert, die Entwaffnung einzuleiten. Zudem nannte er zehn Verhandlungspunkte als Grundlage für Gespräche, auf die sich Öcalan und die türkische Regierung verständigt hätten. Noch im Frühjahr solle ein entsprechender Beschluss gefasst werden.

„Die Zeit wird zeigen, ob dies ein historischer Schritt ist, aber er ist ein sehr wertvoller Schritt, ohne Zweifel“, kommentierte Kolumnist Göksel Bozkurt im Oppositionsblatt Yurt. Seine Wortmeldung zeigte aber auch, dass der Glaube an eine wirklich schnelle Lösung des Konflikts nach so vielen Enttäuschungen gering geworden ist.

Trotzdem stehen die Chancen, dass sich dieses Mal wirklich etwas bewegt, so gut wie schon lange nicht mehr. Der gemeinsame Auftritt eines Regierungsvertreters mit einem HDP-Mann zeigte, dass im Hintergrund seit Längerem verhandelt wird. Tatsächlich haben die Kurden und die AKP unter Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan gemeinsame Interessen. Beide wollen die Verfassung ändern, das ist einer der zehn Punkte aus dem Verhandlungskatalog. Erdoğan will mehr Macht für sich als Staatspräsident durchsetzen. Um die Verfassung zu ändern braucht er nach der Wahl am 7. Juni eine Zweidrittel-Mehrheit im Parlament. Die Kurden wollen Anerkennung, mehr Rechte und Freiheiten – und dies in der Verfassung verbürgt haben. Gut möglich, dass Erdoğan die Stimmen der Kurden noch braucht.

Für die Kurden geht es bei der Wahl dieses Mal wirklich um alles. Bisher ist die HDP im Parlament nur über errungene Direktmandate vertreten, nicht als Partei. Sie stellt 28 der 550 Parlamentarier, die aber nicht über die gleichen Ressourcen verfügen können wie die Konkurrenz. Wäre die HDP in der Vergangenheit als Partei angetreten, dann wäre sie ganz sicher an der Zehn-Prozent-Hürde gescheitert und gar nicht im Parlament. Jetzt haben die Kurden die Strategie gewechselt. Ihr Kampf gegen die IS-Milizen in Kobanê hat ihnen neues Selbstbewusstsein gegeben. Und ein neues Image. Wer bisher Kurden vor allem mit der PKK und Terror in Verbindung brachte, sieht nun auch Kämpfer für Demokratie und Menschenrechte. Jetzt probieren sie es als Partei, beflügelt von guten Umfrageergebnissen, welche die HDP derzeit bei neun Prozent sehen. Entweder schaffen sie die Zehn-Prozent-Hürde und damit den Einzug ins Parlament, dann sind sie dort ein einflussreicher Faktor. Gelingt dies aber nicht, dann fehlt die Stimme der Kurden. Die Versöhner unter ihnen würden ihre parlamentarische Vertretung verlieren. Für den Friedensprozess hätte das schwer absehbare Folgen. Womöglich entlädt sich dann der Frust und die Wut auf den Straßen des Landes. Daran kann auch Erdoğan kein wirkliches Interesse haben, der mit dem Ziel angetreten ist, den Konflikt zu lösen.

Die anderen Oppositionsparteien, die säkulare CHP und die Nationalisten von der MHP, sehen schon eine neue Koalition aus AKP und HDP entstehen. Aber so eng sind die beiden nicht. HDP-Chef Selahattin Demirtaş soll zu seinen Parteifreunden in Ankara gesagt haben: „Wir vertrauen der AKP nicht.“ Dort wieder äußerte sich Regierungsvize Bülent Arınç nicht weniger zurückhaltend: Demirtaş verhindere den Frieden. Der Ausgang der Wahl könnte beide zur Annäherung zwingen – ob sie nun wollen oder nicht.

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