Es ist nicht so lange her, da hagelte es Alarmmeldungen beim Thema Auswanderer: Mehr als 100000 Deutsche verließen jedes Jahr das Land, Ärzte, Spitzenforscher aber auch Hoffnungslose, hieß es vor zehn Jahren. Es waren die Jahre der schmerzhaften Hartz-Reformen, die Zahl der Arbeitslosen erreichte Rekordwerte, Besserung war nicht in Sicht, Deutschland galt als kranker Mann Europas. Da passte es ins Bild, dass zwischen 2005 und 2009 etwa 250000 Deutsche das Land verließen – die Rückkehrer sind da schon abgezogen. Die Aufregung ist mittlerweile verebbt, Forscher haben sich des Themas angenommen – und rücken das Bild vom Auszug der Hoffnungslosen zurecht: Nach wie vor ziehen zwar jedes Jahr etwa 150000 Einheimische fort, doch die meisten kommen zurück – bereichert um Erfahrungen und Perspektiven.
Arbeiten, wo andere Urlaub machen. Für viele hat sich dieser Traum nicht gelohnt
Dies ist das Ergebnis einer Studie zu Auswanderern und Rückkehrern, die Forscher des Sachverständigenrates für Integration und Migration (SVR) zusammen mit dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) und der Uni Duisburg-Essen am Dienstag in Berlin vorgestellt haben. Die Wissenschaftler haben 800 Auswanderer und 900 Rückkehrer befragt. Warum sind sie weggegangen? Mit welchen Erwartungen? Wie war das neue Leben im Ausland? Und warum kommen sie nach Deutschland zurück – oder eben nicht? Die Antworten, sagen die Forscher, sind zwar nicht repräsentativ für alle Aus- und Rückwanderer; doch die Studie bietet den bisher besten Einblick, wer da geht und kommt – und warum.
Der typische Auswanderer ist demnach nicht der Hoffnungslose oder Verarmte, und auch nicht der Provinz-Wirt aus dem Privatfernsehen, der sich seinen Traum vom Strandrestaurant erfüllen will. Vielmehr handelt es sich in der großen Mehrheit um junge, top ausgebildete Leute, die neue Erfahrungen, fremde Kulturen oder ein attraktiver Job ins Ausland locken. Immerhin 41,4 Prozent der Befragten nannten jedoch auch eine Unzufriedenheit mit dem Leben in Deutschland als Motiv. Tatsächlich erfüllt sich für die meisten der Wunsch nach einem höheren Einkommen, allerdings hat das seinen Preis. So sagten 43,5 Prozent der Befragten, dass sich die Auswanderung negativ auf ihren Freundes- und Bekanntenkreis ausgewirkt habe.
Über Tausende Kilometer hinweg lassen sich Freundschaften schwer pflegen. BiB-Direktor Norbert Schneider spricht von ambivalenten Folgen für die Wandernden: „Sie erzielen oft ein höheres Einkommen und haben einen höheren Berufsstatus“, erführen aber vielfach „auch eine Art sozialer Desintegration durch den Verlust von Freunden und Bekannten“. Man kann es auch auf die Formel bringen: Geld oder Freunde.
Die Sehnsucht nach Freunden und Familie spielt denn auch eine wichtige Rolle bei der Entscheidung zurückzukommen. Fast die Hälfte gibt die Familienangehörigen als wichtiges Motiv an, fast ein Viertel Freunde. Von den Auslandsdeutschen wollen insgesamt 41 Prozent wieder in die alte Heimat, gut ein Drittel will dagegen fort bleiben, gut ein Viertel ist unentschlossen.
Es bleiben also bei Weitem nicht alle weg, die einmal ausgewandert sind, unter dem Strich hat das Land seit 2009 pro Jahr lediglich 25000 Bundesbürger verloren. Die Forscher sprechen daher eher von einer „Brain Circulation“ also einem Kreislauf, als einem „Brain Drain“. „Abwanderung sollte nicht einseitig als Verlust, sondern auch als Chance wahrgenommen werden“, sagt Cornelia Schu, die Direktorin des SVR-Forschungsbereichs. Die Auswanderer kehrten oft mit neuen Fähigkeiten und Kontakten zurück.
Diese positive Sichtweise hängt allerdings auch mit der günstigen Entwicklung der Bundesrepublik zusammen: Anders als vor zehn Jahren geht es Deutschland im Vergleich zu den meisten Industrieländern wirtschaftlich gut, es gibt Jobs und Möglichkeiten. Hinzu kommen Rückkehrerprogramme, die bereits Hunderte Wissenschaftler an deutsche Unis und Forschungsinstitute vermittelt haben. Sie könnten noch ausgeweitet werden auf andere Bereiche, sagen die Autoren der Studie, auch um den Mangel an Fachkräften zu lindern.
Für viele Auslandsdeutsche ist die Rückkehr auch finanziell attraktiv. Mitarbeiter mit Auslandserfahrung sind gefragt und oft gut bezahlt. Allerdings trifft das laut der Studie nur auf Hochqualifizierte zu. Andere Rückkehrer sehen zwar Freunde und Familie wieder, müssen aber mit einem geringeren Einkommen rechnen. Die Motive der Rückkehrer gleichen denen der Auswanderer: beide nennen häufig eine interessantere Arbeit oder bessere Arbeitsbedingungen, manche haben im Lauf der Jahre offenbar auch die Qualitäten der Bundesrepublik schätzen gelernt. Jedenfalls beschleicht gut 40 Prozent eine Art von Unzufriedenheit im Ausland, viele bevorzugen das „Lebensgefühl“ in Deutschland, andere schätzen eine bessere medizinische Versorgung (19,3 Prozent) oder weniger Kriminalität (15 Prozent).
Es ist freilich nicht so, dass sich Auswanderer dies immer aussuchen könnten. Als Spaniens Wirtschaft vor zehn Jahren boomte, suchten Tausende Deutsche ihre Zukunft unter der südlichen Sonne, unter ihnen viele Akademiker. Dann kam 2008 die Wirtschaftskrise. Viele Auswanderer verloren ihren Job – und kehrten gezwungenermaßen zurück.
Arbeiten, wo andere Urlaub machen. Für viele hat sich dieser Traum nicht gelohnt
Dies ist das Ergebnis einer Studie zu Auswanderern und Rückkehrern, die Forscher des Sachverständigenrates für Integration und Migration (SVR) zusammen mit dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) und der Uni Duisburg-Essen am Dienstag in Berlin vorgestellt haben. Die Wissenschaftler haben 800 Auswanderer und 900 Rückkehrer befragt. Warum sind sie weggegangen? Mit welchen Erwartungen? Wie war das neue Leben im Ausland? Und warum kommen sie nach Deutschland zurück – oder eben nicht? Die Antworten, sagen die Forscher, sind zwar nicht repräsentativ für alle Aus- und Rückwanderer; doch die Studie bietet den bisher besten Einblick, wer da geht und kommt – und warum.
Der typische Auswanderer ist demnach nicht der Hoffnungslose oder Verarmte, und auch nicht der Provinz-Wirt aus dem Privatfernsehen, der sich seinen Traum vom Strandrestaurant erfüllen will. Vielmehr handelt es sich in der großen Mehrheit um junge, top ausgebildete Leute, die neue Erfahrungen, fremde Kulturen oder ein attraktiver Job ins Ausland locken. Immerhin 41,4 Prozent der Befragten nannten jedoch auch eine Unzufriedenheit mit dem Leben in Deutschland als Motiv. Tatsächlich erfüllt sich für die meisten der Wunsch nach einem höheren Einkommen, allerdings hat das seinen Preis. So sagten 43,5 Prozent der Befragten, dass sich die Auswanderung negativ auf ihren Freundes- und Bekanntenkreis ausgewirkt habe.
Über Tausende Kilometer hinweg lassen sich Freundschaften schwer pflegen. BiB-Direktor Norbert Schneider spricht von ambivalenten Folgen für die Wandernden: „Sie erzielen oft ein höheres Einkommen und haben einen höheren Berufsstatus“, erführen aber vielfach „auch eine Art sozialer Desintegration durch den Verlust von Freunden und Bekannten“. Man kann es auch auf die Formel bringen: Geld oder Freunde.
Die Sehnsucht nach Freunden und Familie spielt denn auch eine wichtige Rolle bei der Entscheidung zurückzukommen. Fast die Hälfte gibt die Familienangehörigen als wichtiges Motiv an, fast ein Viertel Freunde. Von den Auslandsdeutschen wollen insgesamt 41 Prozent wieder in die alte Heimat, gut ein Drittel will dagegen fort bleiben, gut ein Viertel ist unentschlossen.
Es bleiben also bei Weitem nicht alle weg, die einmal ausgewandert sind, unter dem Strich hat das Land seit 2009 pro Jahr lediglich 25000 Bundesbürger verloren. Die Forscher sprechen daher eher von einer „Brain Circulation“ also einem Kreislauf, als einem „Brain Drain“. „Abwanderung sollte nicht einseitig als Verlust, sondern auch als Chance wahrgenommen werden“, sagt Cornelia Schu, die Direktorin des SVR-Forschungsbereichs. Die Auswanderer kehrten oft mit neuen Fähigkeiten und Kontakten zurück.
Diese positive Sichtweise hängt allerdings auch mit der günstigen Entwicklung der Bundesrepublik zusammen: Anders als vor zehn Jahren geht es Deutschland im Vergleich zu den meisten Industrieländern wirtschaftlich gut, es gibt Jobs und Möglichkeiten. Hinzu kommen Rückkehrerprogramme, die bereits Hunderte Wissenschaftler an deutsche Unis und Forschungsinstitute vermittelt haben. Sie könnten noch ausgeweitet werden auf andere Bereiche, sagen die Autoren der Studie, auch um den Mangel an Fachkräften zu lindern.
Für viele Auslandsdeutsche ist die Rückkehr auch finanziell attraktiv. Mitarbeiter mit Auslandserfahrung sind gefragt und oft gut bezahlt. Allerdings trifft das laut der Studie nur auf Hochqualifizierte zu. Andere Rückkehrer sehen zwar Freunde und Familie wieder, müssen aber mit einem geringeren Einkommen rechnen. Die Motive der Rückkehrer gleichen denen der Auswanderer: beide nennen häufig eine interessantere Arbeit oder bessere Arbeitsbedingungen, manche haben im Lauf der Jahre offenbar auch die Qualitäten der Bundesrepublik schätzen gelernt. Jedenfalls beschleicht gut 40 Prozent eine Art von Unzufriedenheit im Ausland, viele bevorzugen das „Lebensgefühl“ in Deutschland, andere schätzen eine bessere medizinische Versorgung (19,3 Prozent) oder weniger Kriminalität (15 Prozent).
Es ist freilich nicht so, dass sich Auswanderer dies immer aussuchen könnten. Als Spaniens Wirtschaft vor zehn Jahren boomte, suchten Tausende Deutsche ihre Zukunft unter der südlichen Sonne, unter ihnen viele Akademiker. Dann kam 2008 die Wirtschaftskrise. Viele Auswanderer verloren ihren Job – und kehrten gezwungenermaßen zurück.