Quantcast
Channel: jetzt.de - SZ
Viewing all articles
Browse latest Browse all 3345

Ab zum Mond?

$
0
0
Ein kleiner Schritt für einen Mann, ein großer Schritt für (Ihr Name hier) - mit Werbung und Merchandising will eine Privatfirma Geld mit kommerziellen Flügen zum Mond verdienen.

Sich zum Mond hoch zu träumen, das war für Erdenbürger 40 Jahre lang die einzige Methode, den Himmelskörper zu besuchen. Ab sofort kann der Traum konkretere Formen annehmen - muss allerdings um einen Handlungsstrang erweitert werden, der dem Träumer in den kommenden Jahren 800 Millionen Dollar beschert (nach heutigem Wechselkurs 610 Millionen Euro). Die amerikanische Firma Golden Spike hat nämlich soeben angekündigt, ab 2020 kommerzielle Flüge zum Mond anzubieten. Hin und zurück in einer Woche, 36Stunden auf der Oberfläche, zwei Spaziergänge im Weltraumanzug, das Ganze zum Inklusivpreis von 1,6 Milliarden Dollar für zwei Astronauten. Das Angebot richtet sich vornehmlich an staatliche Weltraumagenturen, aber auch vermögende Privatleute wollen die Manager von Golden Spike nicht abweisen, sagt der Chef der Firma, Alan Stern. Man habe schon mit einem gesprochen, verriet er der Washington Post.



Kurz nach dem 40. Jahrestag der Mondlandung wird der Traum jetzt auf für normalsterbliche Millionäre wahr.

Golden Spike ist das jüngste Beispiel dafür, dass die Raumfahrtindustrie in die Privatwirtschaft hineinwächst. Die Firma SpaceX hat einen Vertrag mit der Nasa und transportiert mit ihren Falcon-Raketen Versorgungsgüter zur Raumstation ISS. Richard Bransons Firma Virgin Galactic bietet Privatleuten kurze Flüge an die Grenze des Weltraums an, sechs Minuten Schwerelosigkeit inklusive. Mehr als 500 Kunden haben schon Tickets zu 200000Dollar gebucht; wann es losgeht, ist noch nicht klar. Der amerikanische Motel-Tycoon Robert Bigelow hat Pläne, mit aufblasbaren Modulen ein Weltraumhotel im Erdorbit zu eröffnen. Und die Firma Space Adventures bietet einen Blick auf die dunkle Seite des Mondes an - einige Tage Hinflug, ein Bogen um den Trabanten in 45Minuten und einige Tage Rückflug für 100 Millionen Dollar. Raketen und Kapseln sollen aus russischer Produktion kommen, ein Platz bereits verkauft sein. 2015 soll es losgehen.

Auch Golden Spike setzt den Aussagen seiner Manager zufolge auf bewährte Hardware, soweit es geht: Landefähren und Raumanzüge für den Mond bietet zurzeit niemand an. Das Konzept der neuen Firma sieht vor, insgesamt vier Raketen pro Mission zu starten, zum Beispiel Falcons. Die ersten beiden bringen eine Landefähre, Treibstoff und ein Transfervehikel in eine Umlaufbahn um die Erde. Es wird dort aufgetankt, nimmt den Lander an den Haken und bringt ihn zum Mond, wo er in einer Umlaufbahn geparkt wird. Das zweite Paar Raketen bringt auf ähnliche Weise die Kapsel mit den Astronauten hinterher. Diese steigen in den Lander um, machen ihr Ding auf der Oberfläche, kehren zurück und fliegen mit der Kapsel heim.

Der Ablauf klingt kompliziert, besonders gemessen daran, dass die Apollo-Missionen der Nasa vor 40 Jahren mit einer einzigen Rakete auskamen. Tatsächlich kann ein Konzept mit mehreren Raketen aber die bessere Idee sein. Starten Raumfahrzeuge von der Erde, müssen sie nicht nur mehr Treibstoff haben, um eine größere Nutzlast in den Orbit zu heben, sie müssen noch mehr Treibstoff tanken, um den zusätzlichen Treibstoff zu transportieren. Auch die Nasa hatte einen solchen Plan bei den Apollo-Mission erwogen und ihn 40Jahre später beim inzwischen eingestellten Constellation-Programm aus der Schublade gezogen.

Nach Aussage von Alan Stern soll der erste Mondflug mit allen vorigen Tests sieben oder acht Milliarden Dollar kosten; Investoren werden noch gesucht. Danach sinken die Kosten: 15 bis 20 Missionen hat sich die Firma ausgerechnet, könne sie in zehn Jahren verkaufen. Und irgendwann Profit machen, wobei dabei auch der Verkauf von Werbung, Namensrechten und Krimskrams hilft, der im Kofferraum der Landefähre auf dem Mond war. Der Preis von 1,6Milliarden, so Stern, sei jedenfalls ein Schnäppchen. Manche unbemannte Mission außerhalb des Erdorbits sei ähnlich teuer. Golden Spike werde 'neue Regeln für das Spiel schreiben'.

Dabei soll das Personal des Start-Up helfen. Stern selbst hat wissenschaftliche Missionen der Nasa geleitet. Zum Team gehört auch Gerry Griffin, der in Apollo-Zeiten Flugdirektor war. Hinzu kommen ehemalige Astronauten, Ingenieure für Triebwerke, Raumschiffe und Lebenserhaltungssysteme sowie in einem Beirat Internet-Pioniere, Politiker und der Kulissen-Designer der TV-Serie 'Raumschiff Enterprise'.

Die Ansammlung von Fachverstand macht Golden Spike jedenfalls zu einem ernsten Anwärter auf die erste Mondlandung seit Jahrzehnten, auch wenn noch viel schief gehen kann. Von der Nasa kommt nur lauwarme Ermutigung, aber kein Widerspruch: Es sei doch prima, dass Präsident Obama ein Klima geschaffen habe, in dem Privatunternehmer ins All streben. Die Behörde hat ohnehin gerade vom nationalen Forschungsrat bescheinigt bekommen, kein tragfähiges Konzept für bemannte Raumflüge zu besitzen. Und Harrison Schmitt, Astronaut auf der letzten Apollo-Mission vor genau 40Jahren und erster Wissenschaftler auf dem Mond, sagte der BBC, Firmen müssten die Rückkehr dorthin vorantreiben, der Staat schaffe es nicht zu vernünftigen Kosten.

Golden Spike wird sich mit seinem Angebot aber trotzdem an Staaten halten, deren Weltraumagenturen die ersten Missionen buchen sollen. Brasilianer oder Japaner, vielleicht Europäer, aber keine Chinesen. Wer sich als erster entschließt, bekommt Rabatt - 200 Millionen - und zahlt dann nur 1,4 Milliarden Dollar.

Viewing all articles
Browse latest Browse all 3345