Die EU-Kommission will das Rauchen unattraktiver machen: Schock-Fotos auf Schachteln, Menthol-Zigaretten sollen ganz verboten werden. Doch noch ist die neue Richtlinie nicht verabschiedet.
Brüssel/Hamburg - Sollte Altkanzler Helmut Schmidt seiner Vorliebe für Menthol-Zigaretten noch länger frönen wollen, sollte er allmählich damit beginnen, zu hamstern. Denn Europas Verbraucherschutz- und Gesundheitskommissar Tonio Borg aus Malta wartet mit einer vorweihnachtlichen Überraschung auf: Bereits am kommenden Mittwoch will der Malteser die lang erwartete neue, 20-seitige Tabakrichtlinie vorlegen. Darin ist unter anderem vorgesehen, dass Zigaretten mit so genanntem 'charakterisierenden Geschmack' vom Markt genommen werden, wozu Menthol-Zigaretten auch zählen. Überhaupt soll der Tabakkonsum unattraktiver werden. Zwar sieht die EU-Kommission davon ab, dem Beispiel der australischen Regierung zu folgen und Einheitsverpackungen einzuführen. Doch der größte Teil der Oberfläche von Zigarettenschachteln, 75 Prozent, soll in Zukunft durch Texte und Schock-Fotos von einer Botschaft getragen sein, die bislang bedeutend knapper gehalten war: Rauchen tötet.
Mit Verpackungsnormen und dem Verbot von Menthol-Zigaretten will die EU der Tabakindustrie künftig das Geschäft schwer machen.
Die Überraschung über den Inhalt der Richtlinien hielt sich in einigermaßen überschaubaren Grenzen. Die Nachricht war vielmehr, dass die Tabakrichtlinie schon jetzt - und nicht, wie zuletzt annonciert, im Januar - von der Kommission verabschiedet werden soll. Um die Tabakrichtlinie hatte es zuletzt fast schon krimihafte Verwerfungen gegeben. Ein paar Wochen nur ist es her, dass Gesundheitskommissar John Dalli unter sehr dubiosen, noch immer nicht aufgearbeiteten Bedingungen zum Rücktritt gezwungen wurde. Ihm war vorgeworfen worden, an einer noch immer nicht aufgeklärten Korruptionsaffäre beteiligt gewesen zu sein. Dalli stellte danach in den Raum, ein Intrigen-Opfer der Tabaklobby geworden zu sein, die sich vor einer zu gestrengen Richtlinie gefürchtet habe. Nachfolger Borg war wegen erzreaktionärerer familienpolitischer Ansichten im Kreis der Parlamentarier so umstritten, dass seine Bestellung lange unsicher war. Nun stellte Borg gegenüber Gesundheitspolitikern aus dem Europaparlament klar, an dem Entwurf, wie ihn Dalli ausgearbeitet hatte (und der dieser Zeitung am Donnerstag vorlag), kein Jota geändert zu haben.
Neben den Regelungen zu Warnhinweisen und Geschmacksstoffen enthält er Höchstwerte für Teer und Kohlenmonoxid (je 10 mg pro Zigarette), Nikotin (1 mg pro Zigarette), aber auch Vorgaben zur Packungsform. So müssen die Schachten rechteckig sein und mindestens zwanzig Zigaretten enthalten. Verboten werden auch Zugaben von Vitaminen oder Koffein, weil sie gesundheitsfördernde Wirkungen suggerieren könnten. Auch die Zigarettenform soll geregelt werden. Die Stängel sollen zylindrisch und einen Durchmesser von 7,5 bis 8,5 Millimeter haben. Die 'Slim'-Zigarette wäre damit also auch vom Markt - wenn die Richtlinie so käme wie jetzt vorgelegt. Doch das wird wohl so nicht passieren. Denn nach der Verabschiedung durch die Kommission werden sich erst das Europaparlament und dann die Mitgliedsstaaten über den Vorschlag beugen. Die Richtlinie könnte wohl frühestens Ende 2013 in Kraft treten.
Sowohl der Chef des Gesundheitsausschusses im Europaparlament, Matthias Groote, wie auch der CDU"ler Karl-Heinz Florenz ließen am Donnerstag erkennen, dass sie über den Verzicht auf die Einheitsverpackungen erleichtert sind. Es hätte in ihren Augen einen zu großen Eingriff in marktwirtschaftliche Grundsätze bedeutet. Florenz zeigte zudem seine Erleichterung darüber, dass man 'endlich an diese Chemikalien rangeht'. Es gebe rund 600 Zusatzstoffe, die in Zigaretten eingearbeitet werden können, eine einzelne Zigarette könne bis zu 70 verschiedene Chemikalien enthalten. 'Tabak muss nach Tabak schmecken', sagte Florenz.
Auch wenn die schlimmsten Szenarien wie ein völliges Werbeverbot oder Aus für Zigarettenautomaten vom Tisch sind - die Hersteller von Zigaretten sind aufgebracht. Ad Schenk, Deutschlandchef von British American Tobacco (Lucky Strike, Pall Mall), sagte, dass die Pläne der Kommission 'über jedes vernünftige Maß hinaus' gehen würden. Insbesondere die geplanten Schockbilder auf den Packungen seien 'ekelhaft und stigmatisierend', klagte auch Markus Schmidt, Geschäftsführer von Reemtsma Deutschland (JPS, Davidoff, Gauloises). Die Tabakindustrie versichert, dass die Einheitspackung Handelseinbußen allein in Deutschland von Hunderten Millionen Euro bedeuten würden. Jährlich werden in Deutschland 83,3 Milliarden Zigaretten verkauft. Selbst nach Abzug von mehr als 14 Milliarden Euro Tabaksteuern verzeichnete die Industrie im vergangenen Jahr nur mit Zigaretten einen Umsatz von knapp fünf Milliarden Euro.
Die Konzerne haben angekündigt, dass sie sich ihre Marken und Verkaufsmethoden nicht so leicht wegnehmen lassen. Kommt die Richtlinie, wollen sie klagen. 'Wir gehen notfalls bis zum höchsten Gericht', sagte Reemtsma-Manager Schenk.
Brüssel/Hamburg - Sollte Altkanzler Helmut Schmidt seiner Vorliebe für Menthol-Zigaretten noch länger frönen wollen, sollte er allmählich damit beginnen, zu hamstern. Denn Europas Verbraucherschutz- und Gesundheitskommissar Tonio Borg aus Malta wartet mit einer vorweihnachtlichen Überraschung auf: Bereits am kommenden Mittwoch will der Malteser die lang erwartete neue, 20-seitige Tabakrichtlinie vorlegen. Darin ist unter anderem vorgesehen, dass Zigaretten mit so genanntem 'charakterisierenden Geschmack' vom Markt genommen werden, wozu Menthol-Zigaretten auch zählen. Überhaupt soll der Tabakkonsum unattraktiver werden. Zwar sieht die EU-Kommission davon ab, dem Beispiel der australischen Regierung zu folgen und Einheitsverpackungen einzuführen. Doch der größte Teil der Oberfläche von Zigarettenschachteln, 75 Prozent, soll in Zukunft durch Texte und Schock-Fotos von einer Botschaft getragen sein, die bislang bedeutend knapper gehalten war: Rauchen tötet.
Mit Verpackungsnormen und dem Verbot von Menthol-Zigaretten will die EU der Tabakindustrie künftig das Geschäft schwer machen.
Die Überraschung über den Inhalt der Richtlinien hielt sich in einigermaßen überschaubaren Grenzen. Die Nachricht war vielmehr, dass die Tabakrichtlinie schon jetzt - und nicht, wie zuletzt annonciert, im Januar - von der Kommission verabschiedet werden soll. Um die Tabakrichtlinie hatte es zuletzt fast schon krimihafte Verwerfungen gegeben. Ein paar Wochen nur ist es her, dass Gesundheitskommissar John Dalli unter sehr dubiosen, noch immer nicht aufgearbeiteten Bedingungen zum Rücktritt gezwungen wurde. Ihm war vorgeworfen worden, an einer noch immer nicht aufgeklärten Korruptionsaffäre beteiligt gewesen zu sein. Dalli stellte danach in den Raum, ein Intrigen-Opfer der Tabaklobby geworden zu sein, die sich vor einer zu gestrengen Richtlinie gefürchtet habe. Nachfolger Borg war wegen erzreaktionärerer familienpolitischer Ansichten im Kreis der Parlamentarier so umstritten, dass seine Bestellung lange unsicher war. Nun stellte Borg gegenüber Gesundheitspolitikern aus dem Europaparlament klar, an dem Entwurf, wie ihn Dalli ausgearbeitet hatte (und der dieser Zeitung am Donnerstag vorlag), kein Jota geändert zu haben.
Neben den Regelungen zu Warnhinweisen und Geschmacksstoffen enthält er Höchstwerte für Teer und Kohlenmonoxid (je 10 mg pro Zigarette), Nikotin (1 mg pro Zigarette), aber auch Vorgaben zur Packungsform. So müssen die Schachten rechteckig sein und mindestens zwanzig Zigaretten enthalten. Verboten werden auch Zugaben von Vitaminen oder Koffein, weil sie gesundheitsfördernde Wirkungen suggerieren könnten. Auch die Zigarettenform soll geregelt werden. Die Stängel sollen zylindrisch und einen Durchmesser von 7,5 bis 8,5 Millimeter haben. Die 'Slim'-Zigarette wäre damit also auch vom Markt - wenn die Richtlinie so käme wie jetzt vorgelegt. Doch das wird wohl so nicht passieren. Denn nach der Verabschiedung durch die Kommission werden sich erst das Europaparlament und dann die Mitgliedsstaaten über den Vorschlag beugen. Die Richtlinie könnte wohl frühestens Ende 2013 in Kraft treten.
Sowohl der Chef des Gesundheitsausschusses im Europaparlament, Matthias Groote, wie auch der CDU"ler Karl-Heinz Florenz ließen am Donnerstag erkennen, dass sie über den Verzicht auf die Einheitsverpackungen erleichtert sind. Es hätte in ihren Augen einen zu großen Eingriff in marktwirtschaftliche Grundsätze bedeutet. Florenz zeigte zudem seine Erleichterung darüber, dass man 'endlich an diese Chemikalien rangeht'. Es gebe rund 600 Zusatzstoffe, die in Zigaretten eingearbeitet werden können, eine einzelne Zigarette könne bis zu 70 verschiedene Chemikalien enthalten. 'Tabak muss nach Tabak schmecken', sagte Florenz.
Auch wenn die schlimmsten Szenarien wie ein völliges Werbeverbot oder Aus für Zigarettenautomaten vom Tisch sind - die Hersteller von Zigaretten sind aufgebracht. Ad Schenk, Deutschlandchef von British American Tobacco (Lucky Strike, Pall Mall), sagte, dass die Pläne der Kommission 'über jedes vernünftige Maß hinaus' gehen würden. Insbesondere die geplanten Schockbilder auf den Packungen seien 'ekelhaft und stigmatisierend', klagte auch Markus Schmidt, Geschäftsführer von Reemtsma Deutschland (JPS, Davidoff, Gauloises). Die Tabakindustrie versichert, dass die Einheitspackung Handelseinbußen allein in Deutschland von Hunderten Millionen Euro bedeuten würden. Jährlich werden in Deutschland 83,3 Milliarden Zigaretten verkauft. Selbst nach Abzug von mehr als 14 Milliarden Euro Tabaksteuern verzeichnete die Industrie im vergangenen Jahr nur mit Zigaretten einen Umsatz von knapp fünf Milliarden Euro.
Die Konzerne haben angekündigt, dass sie sich ihre Marken und Verkaufsmethoden nicht so leicht wegnehmen lassen. Kommt die Richtlinie, wollen sie klagen. 'Wir gehen notfalls bis zum höchsten Gericht', sagte Reemtsma-Manager Schenk.