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Obamas Vernunftopfer

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Warum das Problembündel Susan Rice nicht Ministerin werden darf, obwohl sie ein Symbol des modernen Amerikas wäre, für das Obama stehen will.

Der Wahlsieger beginnt seine zweite Amtszeit mit einer Niederlage. Susan Rice, Barack Obamas Wunschkandidatin für das Amt der amerikanischen Außenministerin, hisst angesichts der Barrage von Vorwürfen und Kritik aus den Reihen der Republikaner die weiße Fahne. Für den Präsidenten ist die Kapitulation seiner Freundin und Beraterin Rice schmerzhaft, fast eine Demütigung - schließlich hat er doch die Wahl gewonnen, schließlich sollten es doch die Republikaner sein, die klein beigeben.



Susan Rice wirft das Handtuch.

Obama hätte Rice" Nominierung vermutlich durch den Senat bekommen, trotz allen Störfeuers. Aber er hätte dafür viel Kraft, Zeit und politisches Kapital investieren müssen. Eine solche Auseinandersetzung ums Personal kann sich der Präsident derzeit nicht erlauben. Er braucht die Republikaner im Kongress, um Amerikas Sturz von der 'Haushaltsklippe' zu vermeiden oder - sofern das nicht gelingt - die wirtschaftlichen Schäden zu begrenzen. Das ist seine Priorität. Obama ist ein loyaler Arbeitgeber - aber eben auch ein pragmatischer Politiker.

Niemand weiß, ob Susan Rice eine gute Außenministerin geworden wäre. Zumindest aber wäre sie ein Symbol gewesen für jenes moderne, offene, neue Amerika, das Barack Obama repräsentieren will und das ihn gewählt hat. Rice ist jung, noch keine 50 Jahre alt, sie ist schwarz und eine Frau. Sie hat zwar ihr ganzes Berufsleben lang mit Außenpolitik zu tun gehabt, allerdings nicht mit dem alten Themenmix aus Nato, Atombomben und Kaltem Krieg, mit dem man in früher Zeit Karriere gemacht hat. Stattdessen beackerte sie vermeintliche Randthemen: Afrika, Völkermord, Vereinte Nationen, Blauhelme. Susan Rice hätte als Ministerin ein paar neue Ideen zur US-Außenpolitik beitragen können. Zudem hätte ihre Berufung einen Generationenwechsel im State Department bedeutet: Ihre Namenscousine Condoleezza Rice, erste schwarze Außenministerin und Transatlantikerin durch und durch, ist zehn Jahre älter, die amtierende Ressortchefin Hillary Clinton sogar 18 Jahre.

Statt Rice nun wohl John Kerry. Ein Mann, weiß, Millionär, europäische Wurzeln, dazu ein tapferer Veteran des Vietnamkriegs, honoriger Senator aus dem feinen Boston und zweifellos einer der kenntnisreichsten und erfahrendsten Außenpolitiker der Demokraten. Kerry wird durch das Bestätigungsverfahren im Senat segeln, als sei er bei einer Regatta vor Cape Cod. Er wird die Vereinigten Staaten von Amerika in aller Welt glänzend vertreten und er wird die Außenpolitik Amerikas solide verwalten. Offen ist dagegen, ob Kerry - geboren 1943 während des Zweiten Weltkriegs, politisch erwachsen geworden in der Zeit von Vietnam und Kaltem Krieg- irgendwelche neuen Ideen zur Rolle Amerikas in der Welt des 21. Jahrhunderts hat. John Kerry ist vor allem eines: eine sichere Wahl, kein außenpolitisches Signal.

Es ist schon seltsam. Just in dem Moment, wo die Herrschaft der alten weißen Männer angeblich vorbei ist, könnte einer von ihnen US-Außenminister werden.

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