Karlsruhe kritisiert die aktuellen Gesetze, die Adoptionsrechte für homosexuelle Paare einschränken. Ein Urteil wird im Frühjahr erwartet.
Karlsruhe - Das Bundesverfassungsgericht wird voraussichtlich das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Lebenspartner ausweiten. In einer Verhandlung des Ersten Senats beurteilten die Richter am Dienstag das geltende Teilverbot von Adoptionen sehr skeptisch. Die Frage sei, ob das Gleichheitsrecht des Grundgesetzes verletzt sei, weil Ehepaare dabei bessergestellt seien als eingetragene Lebenspartnerschaften, sagte Vizepräsident Ferdinand Kirchhof. Ein Urteil wird erst im Frühjahr erwartet.
Ferdinand Kirchhof im Verhandlungssaal des Bundesverfassungsgerichts
Seit 2004 dürfen Homosexuelle zwar das leibliche Kind ihres Lebenspartners annehmen - nicht aber deren adoptierte Kinder; diese sogenannte Sukzessivadoption ist nur Ehepaaren erlaubt. Geklagt hatte unter anderem eine Ärztin aus Münster. Ihre langjährige Lebenspartnerin hatte 2004 ein Mädchen aus Bulgarien adoptiert. Das Kind, inzwischen 13 Jahre alt, lebt mit beiden Frauen im gemeinsamen Haushalt; sorgeberechtigt ist aber nur die ursprüngliche Adoptivmutter.
Aus Sicht des Gerichts geht es in dem Verfahren weniger um die Rechte der Lebenspartner: 'Hier wird es vor allem auf Aspekte des Kindeswohls ankommen', sagte Gabriele Britz, die den Fall als 'Berichterstatterin' im Senat vorbereitet hat. Die Frage sei, ob es 'hinreichend gewichtige Gründe' dafür gebe, die in Ehen erlaubte Adoptionsmöglichkeit in schwulen und lesbischen Partnerschaften zu untersagen.
Die vom Gericht geladenen Politiker und Fachverbände halten das Verbot nahezu einhellig für kontraproduktiv. Für das Wohlergehen sei 'nicht die Struktur der Familie, sondern die Qualität der Beziehung' maßgeblich, sagte der Grünen-Politiker Volker Beck. Dies bestätigte auch Justizstaatssekretärin Birgit Grundmann, unter Verweis auf eine von ihrem Ministerium in Auftrag gegebene Studie von 2009. Danach hätten sich gleichgeschlechtliche Paare keineswegs als schlechtere Eltern erwiesen. Nach den Worten von Anja Kannegießer vom Berufsverband deutscher Psychologinnen und Psychologen sind Kontinuität und Sicherheit wichtige Faktoren - weshalb sich ein Sorgerecht beider Partner günstig auf die Psyche des Kindes auswirken könne. Michael Coester vom Deutschen Familiengerichtstag verwies auf die Folgen fehlender rechtlicher Bindungen: Bei einer Trennung des Paares oder beim Tod der Adoptivmutter hätte das Kind keine Gewähr, dass die womöglich langjährige Beziehung zu seiner faktischen Zweitmutter bestehen bleibt. Verfassungsrichter Reinhard Gaier zog das Fazit: 'Es geht eigentlich um einen Rechtsgewinn.' Auch sein Kollege Andreas Paulus sah in einer rechtlichen Aufwertung des Lebenspartners eine Verbesserung für die Kinder.
Ob das Gericht die Tür für eine völlige Gleichstellung von Eheleuten und Lebenspartnern bei der Adoption aufstößt, ist aber fraglich. Kirchhof deutete an, das Gesetz müsste womöglich nicht gekippt, sondern nur 'verfassungskonform' interpretiert werden. Damit wäre zwar die Sukzessivadoption erlaubt. Die gemeinsame Adoption fremder Kinder durch homosexuelle Paare zu erlauben, bliebe aber der Politik oder einem weiteren Karlsruher Prozess vorbehalten.
Karlsruhe - Das Bundesverfassungsgericht wird voraussichtlich das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Lebenspartner ausweiten. In einer Verhandlung des Ersten Senats beurteilten die Richter am Dienstag das geltende Teilverbot von Adoptionen sehr skeptisch. Die Frage sei, ob das Gleichheitsrecht des Grundgesetzes verletzt sei, weil Ehepaare dabei bessergestellt seien als eingetragene Lebenspartnerschaften, sagte Vizepräsident Ferdinand Kirchhof. Ein Urteil wird erst im Frühjahr erwartet.
Ferdinand Kirchhof im Verhandlungssaal des Bundesverfassungsgerichts
Seit 2004 dürfen Homosexuelle zwar das leibliche Kind ihres Lebenspartners annehmen - nicht aber deren adoptierte Kinder; diese sogenannte Sukzessivadoption ist nur Ehepaaren erlaubt. Geklagt hatte unter anderem eine Ärztin aus Münster. Ihre langjährige Lebenspartnerin hatte 2004 ein Mädchen aus Bulgarien adoptiert. Das Kind, inzwischen 13 Jahre alt, lebt mit beiden Frauen im gemeinsamen Haushalt; sorgeberechtigt ist aber nur die ursprüngliche Adoptivmutter.
Aus Sicht des Gerichts geht es in dem Verfahren weniger um die Rechte der Lebenspartner: 'Hier wird es vor allem auf Aspekte des Kindeswohls ankommen', sagte Gabriele Britz, die den Fall als 'Berichterstatterin' im Senat vorbereitet hat. Die Frage sei, ob es 'hinreichend gewichtige Gründe' dafür gebe, die in Ehen erlaubte Adoptionsmöglichkeit in schwulen und lesbischen Partnerschaften zu untersagen.
Die vom Gericht geladenen Politiker und Fachverbände halten das Verbot nahezu einhellig für kontraproduktiv. Für das Wohlergehen sei 'nicht die Struktur der Familie, sondern die Qualität der Beziehung' maßgeblich, sagte der Grünen-Politiker Volker Beck. Dies bestätigte auch Justizstaatssekretärin Birgit Grundmann, unter Verweis auf eine von ihrem Ministerium in Auftrag gegebene Studie von 2009. Danach hätten sich gleichgeschlechtliche Paare keineswegs als schlechtere Eltern erwiesen. Nach den Worten von Anja Kannegießer vom Berufsverband deutscher Psychologinnen und Psychologen sind Kontinuität und Sicherheit wichtige Faktoren - weshalb sich ein Sorgerecht beider Partner günstig auf die Psyche des Kindes auswirken könne. Michael Coester vom Deutschen Familiengerichtstag verwies auf die Folgen fehlender rechtlicher Bindungen: Bei einer Trennung des Paares oder beim Tod der Adoptivmutter hätte das Kind keine Gewähr, dass die womöglich langjährige Beziehung zu seiner faktischen Zweitmutter bestehen bleibt. Verfassungsrichter Reinhard Gaier zog das Fazit: 'Es geht eigentlich um einen Rechtsgewinn.' Auch sein Kollege Andreas Paulus sah in einer rechtlichen Aufwertung des Lebenspartners eine Verbesserung für die Kinder.
Ob das Gericht die Tür für eine völlige Gleichstellung von Eheleuten und Lebenspartnern bei der Adoption aufstößt, ist aber fraglich. Kirchhof deutete an, das Gesetz müsste womöglich nicht gekippt, sondern nur 'verfassungskonform' interpretiert werden. Damit wäre zwar die Sukzessivadoption erlaubt. Die gemeinsame Adoption fremder Kinder durch homosexuelle Paare zu erlauben, bliebe aber der Politik oder einem weiteren Karlsruher Prozess vorbehalten.