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Schmidts Mission

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Washington rät Google-Chef von einem Flug nach Nordkorea ab. Die geplante Reise passt der US-Regierung nicht ins Konzept.

München - Seit zwei Monaten schon sitzt Kenneth Bae, ein Amerikaner koreanischer Abstammung, in einem Gefängnis in Nordkorea - ein Umstand, den das amerikanische Außenministerium bisher nur schmallippig kommentiert hat. Zu weitergehenden Aussagen, als dass die Regierung über den Fall informiert sei und dass ihr das Wohlergehen aller US-Bürger 'ganz klar' am Herzen liege, ließ sich die Sprecherin des State Department, Victoria Nuland, nicht hinreißen. Um so widerwilliger reagiert sie nun auf die Meldungen, dass sich Google-Chef Eric Schmidt und der korea-kundige Ex-Gouverneur und bekennende Groß-Diplomat Bill Richardson noch im Januar in das Reich des jungen Diktator Kim Jong Un aufmachen wollen. 'Ehrlich gesagt', gab Nuland zu Protokoll, 'halten wir den Zeitpunkt für wenig hilfreich.' Das habe man den beiden auch deutlich zu verstehen gegeben.



Eric Schmidt will zu dem Gefangenen nach Nordkorea reisen.

Was sie in Nordkorea wollen, haben sie bisher nicht gesagt. Dass Schmidt, dessen Internet-Imperium das Firmenmotto 'Don"t be evil - Sei nicht böswillig' zum Wahlspruch erhoben hat, die Marktchancen für Google in dem nicht nur kommunikationstechnisch fast vollständig von der Außenwelt abgeschotteten Staat testen will, ist kaum anzunehmen. Richardson wiederum kennt Nordkorea bereits. Er war schon öfters dort, um über die Freilassung amerikanischer Staatsbürger aus den Kerkern der Stalinisten in Pjöngjang zu verhandeln - stets mit Erfolg übrigens.

Die Reise passt der US-Regierung aber diesmal offensichtlich überhaupt nicht ins Konzept. Dabei waren ähnliche Missionen in der Vergangenheit zumindest mit stillschweigender Duldung Washingtons vonstatten gegangen. 1996 hatte Richardson einen jungen Mann, der in Nordkorea missionieren wollte, herausgeholt. 2009 brachte der frühere Präsident Bill Clinton zwei junge US-Journalistinnen koreanischer Abstammung nach Hause, die an der Grenze zu China festgenommen worden waren. 2010 flog Ex-Präsident Jimmy Carter nach Pjöngjang, um die Entlassung eines weiteren Amerikaners zu erreichen.

Insgesamt waren seit 2009 fünf US-Bürger in Nordkorea inhaftiert. Stets kamen sie nach langwierigen Verhandlungen frei. Und stets waren die Pilgerreisen der amerikanischen Emissäre der Beginn neuer Gesprächsrunden zwischen den USA und Nordkorea. Darauf könnten die Nordkoreaner auch diesmal setzen.

Im Dezember haben sie eine Trägerrakete gestartet. Sie wissen, dass die Amerikaner mit Sanktionen darauf reagieren wollen. Da könnten eben Verhandlungen über die Freilassung eines US-Bürgers wieder der Anknüpfungspunkt für einen breiten Dialog mit Washington über Einschränkungen bei ihren Raketen- und Nuklearprogrammen zum Beispiel gegen amerikanische Wirtschaftshilfe sein.

Was übrigens der 44 Jahre alte Bae, dessen koreanischer Name Pae Jun Ho sein dürfte und der aus dem US-Bundesstaat Washington kommt, in Nordkorea genau gemacht hat, ist nicht ganz klar. Als er am 3. November in der Stadt Rajin festgenommen wurde, hatte er angeblich Aufnahmen von Hinrichtungen nordkoreanischer Gefangener in den Gefängnissen des Regimes auf seiner Computerfestplatte. Sein Pech könnte nun sein, dass die US-Regierung seine Inhaftierung nicht zum Anlass für ein eigenes Entgegenkommen gegenüber Nordkorea machen lassen will - jedenfalls nicht jetzt. Die USA hätten Kim Jong Un vor einem Jahr den Dialog angeboten. 'Das', sagte Außenamtssprecherin Nuland, 'wurde mit dem Bruch von Vereinbarungen und Raketenaktivitäten beantwortet.'

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