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Mit eisener Hand

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In Indien droht eine gesellschaftliche Eskalation nach der Vergewaltigung einer Studentin: Die Regierung möchte die Polizei stärken, aber vielen ist diese Maßnahme zu wenig - bezüglich der Sexualstraftäter möchte die Öffentlichkeit das Gesetz selbst in die Hand nehmen. Der Oberste Richter warnt vor Lynchjustiz.

München - Es ist, als wolle die Politik nun nachholen, was sie jahrelang versäumt hat. Indiens Innenminister Sushil Kumar Shinde erklärte am Freitag, die Polizei sei zu schlecht ausgebildet, um Verbrechen gegen Frauen in den Griff zu bekommen. Es müssten mehr weibliche Kräfte eingestellt werden, überhaupt fehle es an polizeilicher Präsenz auf den Straßen. 'Wir können es nicht hinnehmen, dass Frauen in unserer Gesellschaft in Angst leben', sagte Shinde. Zwar sei die Regierung an der Lage nicht unschuldig, nun wolle man aber 'mit eiserner Hand' die Gewaltverbrechen gegen Frauen bekämpfen.



Für die indische Bevölkerung reichen die Maßnahmen der Regierung nicht.

Solche Sätze stammen vom Vertreter einer Regierung, die schon vor der brutalen Vergewaltigung und dem Tod einer 23-jährigen Studentin in Delhi massiv in der Kritik stand. Doch der brodelnde Volkszorn über das Verbrechen entlädt sich dieser Tage auch an der Mannschaft um Premirmininster Manmohan Singh. Diese ist nach anfänglichem Schweigen bemüht, drastische Gegenmaßnahmen anzukündigen. Schließlich wird in Indien schon im nächsten Jahr gewählt.

Dass sich dienigen, die in Indien bisweilen über dem Gesetzt stehen, dieser Tage nicht mehr sicher sein dürfen, zeigt ein Fall aus dem Bundesstaat Assam: Im Chirang-Disktrikt griff eine Gruppe von Frauen einen Politiker der auch in Delhi regierenden Kongresspartei an, der eine Frau vergewaltigt haben soll. Der Ehemann des Opfer hatte den Vorfall angezeigt. Die Bewohner des Chirang-Distrikts hatten den Mann festgehalten, als die Polizei eintraf, wollten sie ihn zunächst nicht den Sicherheitskräften übergeben.

Der Oberste Richter des Landes, Altamas Kabir, warnte vor einer Lynch-Justiz im Fall der in Delhi angeklagten Männer. Einige Demonstranten hatten bei der Übergabe der Ermittlungsakten lauthals gefordert, die mutmaßlichen Vergewaltiger der Öffentlichkeit zu übergeben statt ihnen den Prozess zu machen. Die Stimmung ist so aufgeheizt, dass für die Angeklagten nach Ansicht vieler Inder keine rechtsstaatlichen Standards gelten sollten - dafür sei die Tat zu brutal. 'Sie gehören hingerichtet und davor am Besten noch gefoltert', sagt ein Student aus der Hauptstadt.

Einen juristischen Beistand für die Männer zu finden, gestaltet sich denn auch als schwierig. Die zugelassenen Anwälte an dem Distriktgericht, an dem das Schnellverfahren gegen die Männer abgehalten wird, weigern sich allesamt, die Verteidigung zu übernehmen. Die Behörden müssen nun einen Pflichtverteidiger stellen.

Alle sechs Beschuldigten kommen aus der unteren gesellschaftlichen Schicht. Anders als wohlhabende Inder können sie mit keinerlei Nachlässigkeit von Seiten einer Justiz rechnen, die bisher auch bei Fällen sexuellen Missbrauchs äußerst lasch agiert hat.

Vier der sechs mutmaßlichen Vergewaltiger stammen aus der Wohngegend Ravi Das, einem Armenviertel im Süden Delhis. Laut der von der Polizei an das Gericht übergebenen Ermittlungsakten soll ein 33-jähriger Mann der Rädelsführer gewesen sein. Nachbarn beschreiben ihn in indischen Zeitungen als streitsüchtigen Alkoholiker. Er soll laut Ermittlern den Bus gefahren haben, in den die junge Frau in der Nacht vom 16. Dezember mit ihrem Freund nach einem Kinobesuch eingestiegen war - in dem Glauben, es handele sich um ein öffentliches Verkehrsmittel. Der Bruder des Busfahrers soll ebenfalls unter den Tätern sein, die mit einer Eisenstange über die Studentin herfielen und sie mehrfach vergewaltigten. Auch ihren Freund verletzten sie, bevor sie das Paar aus dem Bus auf die Straße warfen. Er hat bereit einen der Verdächtigen bei einer Gegenüberstellung identifiziert.

Bei zwei weiteren Angeklagten handelt es sich laut Ermittlungsakten um einen Obstverkäufer und einen Putzmann, der sich mit seinem Job ein Fernstudium finanzierte. Einer der mutmaßlichen Täter ist nach eigenen Angaben erst 17 Jahre alt, was die Behörden aber noch prüfen wollen. Sollte seine Altersangabe zutreffen, müsste er nach dem Jugendstrafrecht, das die Todesstrafe ausschließt, verurteilt werden.

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