Die türkische Geschichte ist reich an starken weiblichen Figuren. Nur kommen sie kaum im offiziellen Kulturleben vor. Gülümser Yildirim hat in Istanbul deshalb ein Frauenmuseum gegründet - ein Gebäude dafür fehlt allerdings noch.
Istanbul - Was verbindet die türkische Stand-up-Komödiantin Figen Sakaci mit der byzantinischen Kaisertochter Anna Komnena? 'Meine Kühnheit war beunruhigend', sagt Sakaci. Anna Komnena hätte das so ähnlich sagen können, auch wenn sie nicht 1971 in Istanbul geboren wurde, sondern fast 900 Jahre früher. Genau 1083 in Konstantinopel, wie die Stadt einst hieß. Komnena war eine Pionierin, sie gilt als erste Memoirenschreiberin der Welt. Ihr 15-bändiges Werk ist eine herausragende Quelle für Historiker, die sich für das Leben im elften und zwölften Jahrhundert interessieren. Wo diese Frau begraben ist, ist aber unbekannt. Wie so vieles aus dem Leben anderer Wegbereiterinnen in Istanbul. Das soll nun das Istanbuler Kadin Müzesi, das Frauenmuseum, ändern.
Starke weibliche Frauen gibt es in der türkischen Geschichte viele. Jetzt sollen sie in einem Frauenmuseum auch Beachtung finden.
Es ist das erste der Türkei, und noch so neu, dass es nicht einmal ein Haus hat. 'Nur fünf Prozent der Werke in den Museen der Welt sind von Frauen', sagt Gülümser Yildirim. Sie ist die Vorsitzende der Stiftung, die das Museum errichtet. Mit Spenden. Neue Museen sind in der Türkei vor allem das Werk von Mäzenen, von den größten Industrieholdings, wie Koc, Sabanci oder Eczacibasi. Gülümser Yildirim hat ein eher bescheidenes Büro im Istanbuler Ausgehviertel Beyoglu. 'Ich bin ein Glückspilz', sagt die dunkelblonde Frau im eleganten Kostüm. Ihre Firma gehört nicht zu den ganz großen, aber sie hat Tradition. 'Seit 250 Jahren lebt unsere Familie in Istanbul', sagt die Händlerin. Ihre Spezialität ist Kaschmirwolle. Auf die Idee mit dem Frauenmuseum kam sie, als sie durch Zufall erfuhr, dass der Bau des Ägyptischen Basars, eine der Touristenattraktionen Istanbuls, 1597 von einer Frau angeregt wurde: von Safiye Sultan, der Frau von Sultan Murat III. Safiye Sultan habe damals gesehen, wie die Händler im Winter im Freien froren, und den geschlossenen Basar geplant. 'Ihr Name ist auch vergessen', sagt Yildirim.
Gleiches gilt für andere Pionierinnen aus Kunst und Kultur, auf die sich das digitale Museum konzentriert. Für Kinar Sivaciyan zum Beispiel, die erste armenische Schauspielerin, die im Osmanischen Reich ein Theater gründete. Oder für Vasfiye Özkocak, geboren 1923, im Jahr der Gründung der Republik. Sie war die erste Gerichtsreporterin der Türkei. 'Erst die Gerechtigkeit macht den Menschen zum Menschen', sagte Özkocak. Ihre Reporterkollegin Semiha Es, die erste Kriegsfotografin des Landes, ist im Dezember mit 100 Jahren in Istanbul gestorben. Ihr soll in diesem Jahr bei einem Symposium der Museumsstiftung gedacht werden. Gülümser Yildirim sucht nun ein Gebäude im Zentrum Istanbuls für das Museum. Sie hinterlasse ihren Kindern lieber ein Museum statt Juwelen, hat die Unternehmerin ihren Freunden gesagt. So erzählt es Meral Akkent vom Stiftungsrat des Museums.
Die türkische Soziologin ist auch in Istanbul geboren, mit 24 Jahren ging sie nach Deutschland. Um Geld zu verdienen, arbeitete sie bei Dynamit Nobel in Fürth und litt Gewissensqualen. 'Tagsüber stellte ich Sprengstoff her, nachts hatte ich Albträume', erinnert sich die Pazifistin bei einem türkischen Tee in einem Café am Bosporus. Eine Pendlerin zwischen den Welten ist Akkent geblieben. In Fürth hat sie auch ein Frauenmuseum mitgegründet, für das Istanbuler Pendant ist sie nun als Kuratorin tätig. Dass die Entdeckungen auf unbekanntem weiblichen türkischen Terrain bislang nur im virtuellen Raum möglich sind (www.istanbulkadinmuzesi.org) hat einen Vorteil, die Webseite ist in drei Sprachen verfügbar: Türkisch, Deutsch, Englisch. Die Übersetzungen wurden in Eile gefertigt, und dass das Museum noch im Aufbau ist, sieht man der schönen Webseite auch noch an.
Aber es gibt schon prominente Unterstützerinnen. Die türkische Pianistin Idil Biret gab ein Benefizkonzert, und auch aus Deutschland kamen Spenden. Wie eng die Verbindungen zwischen Bosporus und Berlin oder Beyoglu und Fürth sind, spiegeln viele Biografien wieder. Im Waldfriedhof von Tutzing bei München wurde am 10. Oktober 2011 nach islamischen Brauch Selma Emiroglu Aykan beigesetzt, die erste Karikaturistin der Türkei. 'Zuerst fragten sie sich, ob hinter den Zeichnungen ein Mann stecke', sagte die Künstlerin einmal. 'Man verhielt sich mir gegenüber skeptisch, was ich als Frau wohl leisten könnte', meinte die mit Preisen dekorierte Filmregisseurin Bilge Olgac, die auch einen Platz in der Galerie gefunden hat.
Echte Diven dürfen in dem Museum natürlich auch nicht fehlen. Die Sopranistin Semiha Berksoy zum Beispiel. Sie sang Opern von Richard Strauss und Richard Wagner, als erste türkische Primadonna auf europäischen Bühnen. Von ihr hat das Museum den Satz bewahrt: 'Gruß an den Kosmos!'
Istanbul - Was verbindet die türkische Stand-up-Komödiantin Figen Sakaci mit der byzantinischen Kaisertochter Anna Komnena? 'Meine Kühnheit war beunruhigend', sagt Sakaci. Anna Komnena hätte das so ähnlich sagen können, auch wenn sie nicht 1971 in Istanbul geboren wurde, sondern fast 900 Jahre früher. Genau 1083 in Konstantinopel, wie die Stadt einst hieß. Komnena war eine Pionierin, sie gilt als erste Memoirenschreiberin der Welt. Ihr 15-bändiges Werk ist eine herausragende Quelle für Historiker, die sich für das Leben im elften und zwölften Jahrhundert interessieren. Wo diese Frau begraben ist, ist aber unbekannt. Wie so vieles aus dem Leben anderer Wegbereiterinnen in Istanbul. Das soll nun das Istanbuler Kadin Müzesi, das Frauenmuseum, ändern.
Starke weibliche Frauen gibt es in der türkischen Geschichte viele. Jetzt sollen sie in einem Frauenmuseum auch Beachtung finden.
Es ist das erste der Türkei, und noch so neu, dass es nicht einmal ein Haus hat. 'Nur fünf Prozent der Werke in den Museen der Welt sind von Frauen', sagt Gülümser Yildirim. Sie ist die Vorsitzende der Stiftung, die das Museum errichtet. Mit Spenden. Neue Museen sind in der Türkei vor allem das Werk von Mäzenen, von den größten Industrieholdings, wie Koc, Sabanci oder Eczacibasi. Gülümser Yildirim hat ein eher bescheidenes Büro im Istanbuler Ausgehviertel Beyoglu. 'Ich bin ein Glückspilz', sagt die dunkelblonde Frau im eleganten Kostüm. Ihre Firma gehört nicht zu den ganz großen, aber sie hat Tradition. 'Seit 250 Jahren lebt unsere Familie in Istanbul', sagt die Händlerin. Ihre Spezialität ist Kaschmirwolle. Auf die Idee mit dem Frauenmuseum kam sie, als sie durch Zufall erfuhr, dass der Bau des Ägyptischen Basars, eine der Touristenattraktionen Istanbuls, 1597 von einer Frau angeregt wurde: von Safiye Sultan, der Frau von Sultan Murat III. Safiye Sultan habe damals gesehen, wie die Händler im Winter im Freien froren, und den geschlossenen Basar geplant. 'Ihr Name ist auch vergessen', sagt Yildirim.
Gleiches gilt für andere Pionierinnen aus Kunst und Kultur, auf die sich das digitale Museum konzentriert. Für Kinar Sivaciyan zum Beispiel, die erste armenische Schauspielerin, die im Osmanischen Reich ein Theater gründete. Oder für Vasfiye Özkocak, geboren 1923, im Jahr der Gründung der Republik. Sie war die erste Gerichtsreporterin der Türkei. 'Erst die Gerechtigkeit macht den Menschen zum Menschen', sagte Özkocak. Ihre Reporterkollegin Semiha Es, die erste Kriegsfotografin des Landes, ist im Dezember mit 100 Jahren in Istanbul gestorben. Ihr soll in diesem Jahr bei einem Symposium der Museumsstiftung gedacht werden. Gülümser Yildirim sucht nun ein Gebäude im Zentrum Istanbuls für das Museum. Sie hinterlasse ihren Kindern lieber ein Museum statt Juwelen, hat die Unternehmerin ihren Freunden gesagt. So erzählt es Meral Akkent vom Stiftungsrat des Museums.
Die türkische Soziologin ist auch in Istanbul geboren, mit 24 Jahren ging sie nach Deutschland. Um Geld zu verdienen, arbeitete sie bei Dynamit Nobel in Fürth und litt Gewissensqualen. 'Tagsüber stellte ich Sprengstoff her, nachts hatte ich Albträume', erinnert sich die Pazifistin bei einem türkischen Tee in einem Café am Bosporus. Eine Pendlerin zwischen den Welten ist Akkent geblieben. In Fürth hat sie auch ein Frauenmuseum mitgegründet, für das Istanbuler Pendant ist sie nun als Kuratorin tätig. Dass die Entdeckungen auf unbekanntem weiblichen türkischen Terrain bislang nur im virtuellen Raum möglich sind (www.istanbulkadinmuzesi.org) hat einen Vorteil, die Webseite ist in drei Sprachen verfügbar: Türkisch, Deutsch, Englisch. Die Übersetzungen wurden in Eile gefertigt, und dass das Museum noch im Aufbau ist, sieht man der schönen Webseite auch noch an.
Aber es gibt schon prominente Unterstützerinnen. Die türkische Pianistin Idil Biret gab ein Benefizkonzert, und auch aus Deutschland kamen Spenden. Wie eng die Verbindungen zwischen Bosporus und Berlin oder Beyoglu und Fürth sind, spiegeln viele Biografien wieder. Im Waldfriedhof von Tutzing bei München wurde am 10. Oktober 2011 nach islamischen Brauch Selma Emiroglu Aykan beigesetzt, die erste Karikaturistin der Türkei. 'Zuerst fragten sie sich, ob hinter den Zeichnungen ein Mann stecke', sagte die Künstlerin einmal. 'Man verhielt sich mir gegenüber skeptisch, was ich als Frau wohl leisten könnte', meinte die mit Preisen dekorierte Filmregisseurin Bilge Olgac, die auch einen Platz in der Galerie gefunden hat.
Echte Diven dürfen in dem Museum natürlich auch nicht fehlen. Die Sopranistin Semiha Berksoy zum Beispiel. Sie sang Opern von Richard Strauss und Richard Wagner, als erste türkische Primadonna auf europäischen Bühnen. Von ihr hat das Museum den Satz bewahrt: 'Gruß an den Kosmos!'