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Wowereit und Bread&Butter

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Die Berliner Fashion Week ist das Hauptstadtspektakel der nächsten Tage - und hat zumindest quantitativ so viel zu bieten wie noch nie.

Berlin - Um an diesem eisigen Dienstagmorgen einen Eindruck zu bekommen von der Bandbreite der Berliner Modewoche, reicht ein kurzer Spaziergang vom Adlon zum Laufstegzelt am Brandenburger Tor. In dem Hotel, das daliegt wie ein schneebestäubter Zarenpalast, nehmen die Besucher des Green Showroom auf Polsterstühlen Platz, um im wohltemperierten Salon ökologisch korrekte Kleidung zu begutachten. Ein paar Schritte weiter flutet am Vormittag das frostresistente Modevolk den Vorplatz der zentralen Veranstaltungsbühne. Man stakst und schlittert heran, umtrippelt Eisplatten auf High Heels oder ziegelsteindicken Plateausohlen, riskiert Stürze. Aber keinesfalls ein fades Entrée.



Die zwälfte Berliner Fashion Week findet bis einschließlich 20. Januar statt.

Es ist Tag eins der Fashion Week, wer da bereits pragmatisch die Fellstiefel anlegt, hat das Nachsehen im Hauptstadtspektakel. Also Minirock oder ein Hauch Beinkleid aus Satin, dazu Pumps und - Zähne zusammenbeißen. Zeit zum Auskurieren ist nach dem 20. Januar genug.

Mit mehr als einem Dutzend Modemessen und Verkaufsshows präsentiert sich die zwölfte Ausgabe der Fashion Week in diesem Jahr so groß wie nie. Bis zum Wochenende zeigen junge Designer und internationale Labels ihre Kollektionen für den kommenden Herbst und Winter. Neben den mehr als 50 Schauen der Mercedes- Benz Fashion Week im Hauptquartier am Brandenburger Tor sind vor allem zwei Ausstellungen begehrt bei Anbietern und Besuchern: Die 'Bread&Butter' mit mehr als 600 Marken für Streetwear und die 'Premium' für exklusive Labels. Mit rund 900 Herren- und Damenkollektionen feiert die feine Schwester in der Messefamilie ihren zehnten Geburtstag im historischen Bahnhofsgelände Station Berlin. Zunehmendes Gewicht in dem sechstägigen Mammutprogramm - erwartet werden mehr als 240000 Besucher - bekommen Plattformen für Ökomode wie der Green Showroom. Dem Neuzugang namens Panorama mit Schwerpunkt Businessmode hätte man eine bessere Lage gewünscht. Die Messe lädt ins Expo Center Airport - unweit der Baustelle des neuen Flughafens.

Was Klaus Wowereit betrifft, so darf spekuliert werden, ob sein Auftritt bei der nonchalanten Bread&Butter für eine neue Bescheidenheit stehen soll, für Lässigkeit oder für beides zusammen. Jedenfalls ließ sich der Regierende am Montagabend im Hemd mit bunten Knöpfen auf der Party im Discotempel Metropol sehen. Bei der Eröffnung der Mercedes-Benz Fashion Week am nächsten Tag warten die Fotografen vergeblich auf den krisengebeutelten Hauptstadtbürgermeister, obwohl die Schauen in dem Zelt mit der schwarzen Fassade unbestritten das Herz der Berliner Modesause bilden. Zum Auftakt schickt dort der junge Hien Le die Mannequins in Wollweiß und ineinander fließenden Sand- und Grüntönen auf den Laufsteg. Der aus Laos stammende Designer kombiniert grobe Häkelmuster mit sanfter Seide. Das sieht edel aus, ein fast elegischer Start - demnach fiele der Winter 2014 eher blutleer aus, aber sehr vornehm. Seine Kollegin Sissi Goetze setzt in ihrer vierten Kollektion auf bubenhafte Männerkluft mit brav abgerundeten Hemdkrägen, knöchellangen Hosen. Ihre Models mit Seitenscheitel stehen wie Statuen, nur hin und wieder wird der Teint nachgepudert, gibt es einen Schluck Wasser. Das ist die Vorhersage für die nächsten Tage: Draußen klirrende Berliner Luft, im Zelt wird es schweißtreibend.


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