Die mutmaßlich vergewaltigte junge Frau, die in Köln von einer katholischen Klinik abgewiesen wurde, ist kein Einzelfall. Verfolgt man die Vorgeschichte, gelangt man zu einem tief verwurzelten Konflikt im innerkatholischen Denken.
München - Eine junge Frau fürchtet, bewusstlos vergewaltigt worden zu sein, sie sucht Hilfe im katholischen St.-Vinzenz-Krankenhaus - und wird abgewiesen; auch in einem zweiten katholischen Krankenhaus. Angeblich fürchteten die Ärzte berufliche Konsequenzen, wenn sie der Frau zur 'Pille danach' raten. Der Fall der unbarmherzigen Mediziner aus Köln hat bundesweit Empörung ausgelöst. Dabei, so betonen das Erzbistum Köln und der Krankenhausträger, der Orden der Cellitinnen, sei doch alles ein Missverständnis: Selbstverständlich erhalten Vergewaltigungsopfer jede Hilfe - nur die 'Pille danach' gebe es nicht, denn sie zu verabreichen verstoße gegen das Abtreibungsverbot der katholischen Kirche.
Die Chefärztin und der Chefarzt für Gynäkologie der beiden Kölner Kliniken nehmen am 17.01. an einer Pressekonferenz teil.
Ist also, was da am 15. Dezember in Köln geschah, nur eine furchtbare Panne? So einfach ist die Sache nicht, wenn man sich die Vorgeschichte des Falles anschaut, die tief in die innerkatholischen Denkweisen und Konflikte führt. Zum Beispiel, was am 30. Oktober 2011 geschah. Da kommt eine Frau in die Gynäkologie des St-Vinzenz-Krankenhauses, bittet um die 'Pille danach'. Der diensthabende Arzt sagt, er dürfe das nicht und schickt sie in die Notfallambulanz des Erdgeschosses. Die wird von der GKV, der Gesetzlichen Krankenversicherung betrieben; die sieht sich nicht an die katholische Sexuallehre gebunden und stellt das Rezept aus.
So geht es häufig in katholischen Krankenhäusern - nur dass diesmal die Patientin nicht echt ist. Sie ist von einer Testkaufagentur entsandt, die wiederum ist von strikten Abtreibungsgegnern beauftragt, die Glaubenstreue der katholischen Krankenhäuser in Köln zu testen. Am 3. Februar 2012 berichtet der rechtskatholische Internetsender Gloria.tv über die Aktion. Der Vorwurf: Die Krankenhäuser untergraben die katholische Moral, wenn sie im eigenen Haus Ärzte dulden, die nicht den kirchlichen Grundsätzen verpflichtet sind - und dann noch Frauen dorthin überweisen, damit sie die 'Pille danach' bekommen.
Nun findet Gloria.tv kein nennenswertes Publikum, 'trotzdem hat so etwas Auswirkungen', sagt Christoph Leiden, Sprecher der 'Hospitalvereinigung St. Marien' der Cellitinnen. Konservative Katholiken beschweren sich beim Erzbischöflichen Ordinariat, die Kliniken müssen sich erklären, die Ärzte sind verunsichert, was sie nun sagen dürfen oder nicht, um nicht gegen ihre Loyalitätspflicht zu verstoßen. Im St.-Vinzenz-Krankenhaus hatte es zudem einige Personalwechsel gegeben, und so machte sich im Mai 2012 die neue Ethik-Referentin daran, eine Stellungnahme zu erarbeiten, die war dann im November fertig. 'Die künstliche Verhütung einer potentiellen Schwangerschaft, auch nach einem vermuteten Sexualdelikt' werde 'von der katholischen Kirche als schweres sittliches Vergehen angesehen', heißt es da (aus medizinischer Sicht ist übrigens die 'Pille danach' keine Abtreibungspille und ausjuristischer deshalb auch keine Abtreibung). Allerding müsste einer Patientin 'außer der Notfallkontrazeption alle medizinischen Maßnahmen sofort angeboten werden'.
Die Richtlinie sei zwar in Zusammenarbeit mit dem erzbischöflichen Ordinariat erarbeitet worden, allerdings, so betonen Hospitalvereinigung und Ordinariat, nicht nach einer Intervention oder einem Gespräch mit dem Kölner Kardinal Joachim Meisner. Und doch spielt der Kölner Kardinal in dieser Geschichte eine wichtiger Rolle. Unter den deutschen Bischöfen kämpft er mit den stärksten Worten gegen Abtreibung, die 'Pille danach', Verhütungsmittel überhaupt, nicht immer zur Freude der Bischofskollegen. Auf seine Initiative hin mussten sie nach einem Machtwort des Papstes aus der staatlichen Schwangerschafts-Konfliktberatung aussteigen, um nicht den Anschein zu erwecken, sie wirkten an Abtreibungen mit. Als es 2010 in Simmerath bei Aachen um die Frage ging, ob die Städteregion ein bis dahin kirchliches Krankenhaus übernimmt, dann wollte Kardinal Meisner nur unter der Bedingung zustimmen, dass der neue Träger sich verpflichte, in der Klinik keine Abtreibungen vorzunehmen, Spiralen einzusetzen, die 'Pille danach' zu unterschreiben.
'Die Ärzte sind in einer schwierigen Lage', sagt Krankenhaussprecher Leiden. Wenn sie mit einer Frau sprechen, die sagt, sie sei vergewaltigt worden - wo endet die erlaubte Beratung und beginnt die verbotene Schwangerschaftskonfliktberatung? Aus Angst, gegen die katholischen Normen zu verstoßen, ließen an jenem 15. Dezember die Ärzte die menschlichen Normen außer Acht.
München - Eine junge Frau fürchtet, bewusstlos vergewaltigt worden zu sein, sie sucht Hilfe im katholischen St.-Vinzenz-Krankenhaus - und wird abgewiesen; auch in einem zweiten katholischen Krankenhaus. Angeblich fürchteten die Ärzte berufliche Konsequenzen, wenn sie der Frau zur 'Pille danach' raten. Der Fall der unbarmherzigen Mediziner aus Köln hat bundesweit Empörung ausgelöst. Dabei, so betonen das Erzbistum Köln und der Krankenhausträger, der Orden der Cellitinnen, sei doch alles ein Missverständnis: Selbstverständlich erhalten Vergewaltigungsopfer jede Hilfe - nur die 'Pille danach' gebe es nicht, denn sie zu verabreichen verstoße gegen das Abtreibungsverbot der katholischen Kirche.
Die Chefärztin und der Chefarzt für Gynäkologie der beiden Kölner Kliniken nehmen am 17.01. an einer Pressekonferenz teil.
Ist also, was da am 15. Dezember in Köln geschah, nur eine furchtbare Panne? So einfach ist die Sache nicht, wenn man sich die Vorgeschichte des Falles anschaut, die tief in die innerkatholischen Denkweisen und Konflikte führt. Zum Beispiel, was am 30. Oktober 2011 geschah. Da kommt eine Frau in die Gynäkologie des St-Vinzenz-Krankenhauses, bittet um die 'Pille danach'. Der diensthabende Arzt sagt, er dürfe das nicht und schickt sie in die Notfallambulanz des Erdgeschosses. Die wird von der GKV, der Gesetzlichen Krankenversicherung betrieben; die sieht sich nicht an die katholische Sexuallehre gebunden und stellt das Rezept aus.
So geht es häufig in katholischen Krankenhäusern - nur dass diesmal die Patientin nicht echt ist. Sie ist von einer Testkaufagentur entsandt, die wiederum ist von strikten Abtreibungsgegnern beauftragt, die Glaubenstreue der katholischen Krankenhäuser in Köln zu testen. Am 3. Februar 2012 berichtet der rechtskatholische Internetsender Gloria.tv über die Aktion. Der Vorwurf: Die Krankenhäuser untergraben die katholische Moral, wenn sie im eigenen Haus Ärzte dulden, die nicht den kirchlichen Grundsätzen verpflichtet sind - und dann noch Frauen dorthin überweisen, damit sie die 'Pille danach' bekommen.
Nun findet Gloria.tv kein nennenswertes Publikum, 'trotzdem hat so etwas Auswirkungen', sagt Christoph Leiden, Sprecher der 'Hospitalvereinigung St. Marien' der Cellitinnen. Konservative Katholiken beschweren sich beim Erzbischöflichen Ordinariat, die Kliniken müssen sich erklären, die Ärzte sind verunsichert, was sie nun sagen dürfen oder nicht, um nicht gegen ihre Loyalitätspflicht zu verstoßen. Im St.-Vinzenz-Krankenhaus hatte es zudem einige Personalwechsel gegeben, und so machte sich im Mai 2012 die neue Ethik-Referentin daran, eine Stellungnahme zu erarbeiten, die war dann im November fertig. 'Die künstliche Verhütung einer potentiellen Schwangerschaft, auch nach einem vermuteten Sexualdelikt' werde 'von der katholischen Kirche als schweres sittliches Vergehen angesehen', heißt es da (aus medizinischer Sicht ist übrigens die 'Pille danach' keine Abtreibungspille und ausjuristischer deshalb auch keine Abtreibung). Allerding müsste einer Patientin 'außer der Notfallkontrazeption alle medizinischen Maßnahmen sofort angeboten werden'.
Die Richtlinie sei zwar in Zusammenarbeit mit dem erzbischöflichen Ordinariat erarbeitet worden, allerdings, so betonen Hospitalvereinigung und Ordinariat, nicht nach einer Intervention oder einem Gespräch mit dem Kölner Kardinal Joachim Meisner. Und doch spielt der Kölner Kardinal in dieser Geschichte eine wichtiger Rolle. Unter den deutschen Bischöfen kämpft er mit den stärksten Worten gegen Abtreibung, die 'Pille danach', Verhütungsmittel überhaupt, nicht immer zur Freude der Bischofskollegen. Auf seine Initiative hin mussten sie nach einem Machtwort des Papstes aus der staatlichen Schwangerschafts-Konfliktberatung aussteigen, um nicht den Anschein zu erwecken, sie wirkten an Abtreibungen mit. Als es 2010 in Simmerath bei Aachen um die Frage ging, ob die Städteregion ein bis dahin kirchliches Krankenhaus übernimmt, dann wollte Kardinal Meisner nur unter der Bedingung zustimmen, dass der neue Träger sich verpflichte, in der Klinik keine Abtreibungen vorzunehmen, Spiralen einzusetzen, die 'Pille danach' zu unterschreiben.
'Die Ärzte sind in einer schwierigen Lage', sagt Krankenhaussprecher Leiden. Wenn sie mit einer Frau sprechen, die sagt, sie sei vergewaltigt worden - wo endet die erlaubte Beratung und beginnt die verbotene Schwangerschaftskonfliktberatung? Aus Angst, gegen die katholischen Normen zu verstoßen, ließen an jenem 15. Dezember die Ärzte die menschlichen Normen außer Acht.