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'Die Großeltern machen mit'

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Unternehmerin Ming Huang spricht über das Familienmanagement chinesischer Frauen.

Moderne Chinesinnen seien viel emanzipierter als deutsche Frauen, meint Ming Huang. Die Dolmetscherin und Übersetzerin über die Folgen der Kulturrevolution, Karrieren und das Kinderbetreuungsgeld.



Für chinesiche Frauen ist das mit der Karriere oft einfacher.

SZ: Frau Huang, haben Chinesinnen eine pragmatischere Einstellung zur Vereinbarkeit von Karriere und Familie als deutsche Frauen?
Ming Huang: Die Frauen in China sind für eine Karriere grundsätzlich besser aufgestellt, weil die Großeltern der Kinder mitmachen. Als ich nach Deutschland ging, blieb meine Tochter erst einmal in China bei den Großeltern zurück. Das ist bei uns ganz normal. Ein befreundetes Ehepaar, das in München arbeitet, hat seinen kleinen Sohn ebenfalls nach China gebracht zu den Eltern. Beide, Oma und Opa, sind schon zur Geburt nach Deutschland gekommen, um ihnen zu helfen und das Kind an sie zu gewöhnen. Eigentlich ist es doch wunderbar, wenn Oma und Opa sich um die Enkel kümmern, viel besser als eine Tagesmutter oder eine Kita-Betreuung.

Wie hält man es aus, das eigene Kind so früh so weit wegzugeben?
Es fällt uns auch nicht leichter als Deutschen. Ich habe viel geheult, weil ich meine Tochter nicht bei mir hatte. Doch für uns ist es andererseits nichts Ungewöhnliches. Meine beiden Geschwister und ich zum Beispiel sind im Betriebskindergarten groß geworden, dann haben mich meine Großeltern aufgezogen. Meine Mutter hat immer gearbeitet. Mit sechs Jahren kam ich nach Peking, weil die Schule dort besser war.

Sie sind in den Sechziger- und Siebzigerjahren groß geworden, in den Wirren der Kulturrevolution. Ist das Aushalten-Können auch eine Generationenfrage?
Ganz bestimmt. Wer zu Zeiten der Kulturrevolution groß geworden ist, kann heute noch viel durchstehen. Die Menschen konnten nach der Öffnung 1978 durchstarten und große Karrieren beginnen. Im Chinesischen gibt es ein Sprichwort: Wenn du das Bitterste vom Bitteren schlucken kannst, dann kannst du darauf hoffen, besser als der Durchschnitt zu werden.

In China gibt es im Vergleich zu Deutschland viele Frauen mit großen Karrieren. Ist man dort emanzipierter als hier?
Ja, moderne Chinesinnen sind meiner Erfahrung nach im Alltag und im Arbeitsleben viel emanzipierter als deutsche Frauen. Viele sind sehr zielorientiert. Ich schaue oft Sendungen im chinesischen Fernsehen über Jobhunting, um mir einen Überblick über Eingangsgehälter in verschiedenen Branchen zu verschaffen. Da sind bei den Talente suchenden Unternehmern immer viele Frauen dabei, Unternehmerinnen und Managerinnen.

Wie beurteilen Sie die Diskussion um das Elterngeld hier in Deutschland?
Das Elterngeld halte ich für eher falsch, das ist keine Unterstützung zur Frauenförderung. Denn wo geht das Geld hin? Es gibt in China einen weisen Spruch, der lautet: Lieber jemanden fischen lehren als ihm Fisch zu geben. Man sollte die Frauen so unterstützen, dass sie guten Gewissens in die Arbeit gehen können.


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