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Ein Bagger sieht fern

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Die neue Rundfunkabgabe beschert den Kommunen riesigen Organisationsaufwand.

In Köln sind sie in den vergangenen Wochen noch einmal alles genau durchgegangen. Sie haben sich angeschaut, wie viele Friedhofsbagger die Stadt besitzt und wie viele Traktoren. Seit November fordert eine Mitarbeiterin des Organisationsamtes von allen Abteilungen, Ebenen und Unterebenen der Stadt lange Zahlenkolonnen an, um die neue Rundfunkgebühr zu berechnen. Sie wühlt sich durch die Größen der 700 städtischen Gebäude, Büroeinheiten und Betriebsstätten. Und muss die Frage klären, ob ein Friedhofsbagger ein Dienstfahrzeug ist - wofür weitere 5,99 Euro im Monat fällig wären. Köln rechnet gründlicher als andere Städte, weshalb noch kein Geld an die GEZ-Nachfolgeorganisation gezahlt wurde, die wiederum auf die Angaben der Stadt angewiesen ist, um einen Gebührenbescheid ausstellen zu können. Von einem Boykott aber könne keine Rede sein, sagt eine Stadtsprecherin.



Ist ein Friedhofsbagger ein Dienstfahrzeug? Wenn ja, muss er zahlen.

Der Verwaltungsaufwand für die Städte ist eine weitere Schwäche der neuen Rundfunkabgabe, die nun zu Tag tritt. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg empfiehlt jedoch Besonnenheit: 'Mit Boykott kommt man nicht weiter.' Wenn eine Stadt den Bescheid vom Beitragsservice bekomme, müsse der genau auf seine Rechtmäßigkeit geprüft werden. Besser wäre es aber, man fände eine politische Lösung, wie man den Aufwand und auch die Mehrbelastung für die Gemeinden gering halten könnte. Landsberg schlägt vor, die Beitragshöhe pauschal zu bemessen: 'Zum Beispiel, indem man für Verwaltungen mit einer bestimmten Mitarbeiterzahl immer von einer bestimmten Zahl von Fahrzeugen ausgeht.' Eine andere Möglichkeit sei, die Kernverwaltung einer Gemeinde, also das, was jede Verwaltung braucht - etwa ein Ordnungsamt, ein Standesamt, ein Bürgeramt - immer nur als eine Betriebsstätte zu sehen, ganz egal, wie viele Filialen die Verwaltung hat.

Es gebe bereits ein Gesprächsangebot der ARD, sagt Stephan Articus, Geschäftsführer des Deutschen Städtetags. Das bekräftigt auch die ARD, die nun nach den Unternehmern auch die Kommunen mit dem neuen Finanzierungsmodell gegen sich aufbringt. Die werden im Gesetz wie Firmen behandelt, allerdings gibt es Sonderregelungen für Einrichtungen des Gemeinwohls, also Feuerwehr, Schulen, Kindergärten. In Köln sollen sich die Beiträge für Kindertagesstätten trotzdem verelffachen.

Man nehme die Bedenken der Städte und Kommunen ernst, erklärt SWR-Justiziar Hermann Eicher. Aus der ARD heißt es, die Rundfunkanstalten hätten 'keinerlei Interesse daran, dass es zu unvertretbaren Belastungen der Kommunen' komme. Ein Rechtsstreit der Städte gegen das von den Ländern verabschiedete Rundfunkgesetz würde dessen Glaubwürdigkeit auch nur weiter schwächen. In Köln gibt es bereits eine Art Friedensangebot. Der WDR will der Stadt jetzt Berater ausleihen, die dabei helfen, zu einer schnellen und womöglich auch günstigen Gebührenrechnung zu kommen.

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