Nordkorea führt seinen dritten Atomtest durch. Die Weltpolitik sucht nach der richtigen Reaktion. Eine Analyse.
Es war eine schwere Provokation, was sich Nordkorea am Dienstag um 11.58 Ortszeit geleistet hat. Nach der unterirdischen Detonation registrierte der südkoreanische Wetterdienst ein Erdbeben der Stärke 4.9. Er ortete es bei Punggye, dem Testgelände im Nordosten der Halbinsel. Die Welt war gewarnt.
Trotz Warnungen startete Nordkorea seinen dritten Atomtest.
Zwei Sunden später bestätigte Nordkoreas Nachrichtenagentur KCNA den 'erfolgreichen Untergrund-Atomtest'. Die Bombe, die kleiner, aber stärker war als die Bomben bei den ersten beiden Tests 2006 und 2009, diene 'dem Schutz der nationalen Sicherheit', hieß es. Die Welt war empört.
Bereits am Montag hatte Pjöngjang Peking, Washington und Moskau informiert, der Test finde am Dienstag statt. Als es dann so weit war, verurteilten die USA, Südkorea, Japan, Russland und der UN-Sicherheitsrat einhellig den Test als 'höchst provokativ', so Präsident Obama. Peking wandte sich 'entschieden dagegen' - mit dem gleichen Wortlaut wie anlässlich der Atomtests 2006 und 2009. Die Börsen dagegen reagierten kaum, auch die Wechselkurse nicht.
Obwohl dieser dritte Atomtest eine 'schwere Bedrohung unserer Sicherheit ist, die wir nicht tolerieren können', so Japans Premier Shinzo Abe, verändert er Nordostasien kaum. Denn mit seinen konventionellen Waffen und Kurzstreckenraketen bedroht Nordkorea seine Nachbarn, vor allem Südkorea, schon seit Jahrzehnten. Andererseits ist der Norden noch lange nicht so weit, Atomsprengköpfe mit Interkontinentalraketen abschießen zu können. Dennoch hat seine Propaganda das bereits vorweggenommen. In einem Kurzfilm träumt ein junger Nordkoreaner, wie eine nuklear bestückte Taepodong-Rakete eine amerikanische Stadt zerstört.
Außer scharfen Worten haben die Nachbarn der Provokation Pjöngjangs wenig entgegenzusetzen. Die isolierte Diktatur wird seit dreißig Jahren mit Sanktionen belegt, diese lassen sich - wie nach dem Raketenstart vom Dezember geschehen - zwar noch verschärfen, aber Pjöngjang hat gelernt, mit ihnen zu leben. Nur China könnte wirtschaftlichen Druck auf Pjöngjang ausüben (siehe Artikel rechts).
Ein sogenannter chirurgischer Schlag gegen Nordkoreas Atomanlagen, wie ihn die Neokonservativen unter Präsident George Bush überlegt hatten, wäre auch keine empfehlenswerte Option. Zum einen kennt man nicht alle Atomstandorte Nordkoreas, zum anderen steht dessen Artillerie an der innerkoreanischen Grenze 50 Kilometer vor Seoul. Die Nordkoreaner wären also durchaus in der Lage, die südkoreanische Hauptstadt zu zerstören - ohne Atomwaffen. Wenn das Regime zur Abschreckung dennoch welche baut, dann offenbar nur, weil es von Libyen gelernt hat. Acht Jahre, nachdem Gaddafi sein Atomprogramm aufgegeben hatte, wurde er mit Hilfe der Europäer und der USA gestürzt. Solange die Kims an der Macht sind, wird Nordkorea deshalb nie ganz auf Atomwaffen verzichten. Im Gegenteil: Es will als Atommacht anerkannt werden.
Nordkorea ist kein stalinistisches Land, wie es heißt. Es ist auch nicht kommunistisch, wie es sich nennt. Eher herrscht in Nordkorea ein stramm nationalistischer Faschismus, der dem militaristischen Japan der Dreißigerjahre nachgebildet ist. In Südkorea herrscht ein freier Kapitalismus, aber auch der Süden ist primär nationalistisch. Im Wunschdenken des offiziellen Nordkorea vereinigen sich die zwei nationalistischen Brüder als gleichberechtigte Partner: Der Norden würde die Verteidigung (zum Beispiel mit Hilfe eines atomaren Schutzschilds) übernehmen, der Süden würde verantwortlich sein für die Wirtschaft.
In Seoul tritt am 25. Februar mit Park Geun Hye die neue Staatspräsidentin ihr Amt an. Sie hat versprochen, die harte Linie ihres Vorgänger Lee Myung Bak aufzugeben, mit der dieser nichts erreicht hat; stattdessen wolle sie den Dialog mit dem Norden suchen. Nordkoreas Jung-Diktator Kim Jong Un hat ebenfalls Dialogbereitschaft angedeutet. Er braucht Wirtschaftshilfe, erst recht, seitdem er versprochen hat, das Leben der Nordkoreaner verbessern zu wollen. Das bedeutet: Wenn er auf Parks Hilfe setzt, dann kann er nur vor Parks Amtsantritt die Welt durch seinen Atomtest aufschrecken.
Daß Kim und Park sich nach dieser Provokation zu einem Gipfel treffen, mag dennoch unwahrscheinlich sein. Neu wäre ein solcher Wandel allerdings nicht: Ein Jahr nach dem erstem Atomtest 2006 reiste Roh Moh Hyun, der damalige Präsident Südkoreas, im Oktober 2007 zum bisher wichtigsten und ergiebigsten innerkoreanischen Gipfel nach Pjöngjang.
Außenpolitisch hat sich mit dem dritten Atomversuch Nordkoreas wenig verändert. Innenpolitisch aber hat der Jungdiktator Kim Jong-Un bewiesen, dass er sich dem Auslands nicht beugt, auch dem Nachbarn China nicht. Die unterernährten Nordkoreaner auf dem Land dürfte das nicht interessieren; aber er zeigt der Elite in Pjöngjang, dass er sich für die Stabilität seines Regimes stark macht. Und auf die Unterstützung dieser Elite ist er angewiesen.
Kim hat sich nicht nur über die Mahnungen aus Washington, Seoul und Moskau hinweggesetzt, er hat auch China vor den Kopf gestoßen. So wie die Koreaner feierten die Chinesen am vorigen Sonntag ihr Neujahr, allerdings dauern die Festtage in China etwa eine Woche. Indem Kim die Bombe zünden ließ, während China feierte, hat er Peking doppelt provoziert. Und auch damit seine Elite und vielleicht mehr noch sich selbst beeindruckt.
Zumindest in seinen Augen reitet Kim derzeit auf einer Welle des Erfolgs. Er hat die graue Diktatur seines Vaters optisch aufgelockert, das hat die Stimmung in Nordkorea verbessert und bei seinen Landsleuten Hoffnungen geweckt. Er hat mögliche Rivalen ausgeschaltet und seine Macht gefestigt. Und er hat seinen potenziellen Waffenkäufern wie dem syrischen Präsidenten Assad gezeigt, dass seine Waffensysteme funktionieren.
Kim tanzt den USA, aber auch Peking, derzeit dreist auf der Nase herum, ohne dass diese Länder ihn bisher zu bremsen vermochten. Das könnte diesen unerfahrenen, verwegenen Jungdiktator Kim Jong-Un dazu verführen, sich noch mehr zu überschätzen.
Es war eine schwere Provokation, was sich Nordkorea am Dienstag um 11.58 Ortszeit geleistet hat. Nach der unterirdischen Detonation registrierte der südkoreanische Wetterdienst ein Erdbeben der Stärke 4.9. Er ortete es bei Punggye, dem Testgelände im Nordosten der Halbinsel. Die Welt war gewarnt.
Trotz Warnungen startete Nordkorea seinen dritten Atomtest.
Zwei Sunden später bestätigte Nordkoreas Nachrichtenagentur KCNA den 'erfolgreichen Untergrund-Atomtest'. Die Bombe, die kleiner, aber stärker war als die Bomben bei den ersten beiden Tests 2006 und 2009, diene 'dem Schutz der nationalen Sicherheit', hieß es. Die Welt war empört.
Bereits am Montag hatte Pjöngjang Peking, Washington und Moskau informiert, der Test finde am Dienstag statt. Als es dann so weit war, verurteilten die USA, Südkorea, Japan, Russland und der UN-Sicherheitsrat einhellig den Test als 'höchst provokativ', so Präsident Obama. Peking wandte sich 'entschieden dagegen' - mit dem gleichen Wortlaut wie anlässlich der Atomtests 2006 und 2009. Die Börsen dagegen reagierten kaum, auch die Wechselkurse nicht.
Obwohl dieser dritte Atomtest eine 'schwere Bedrohung unserer Sicherheit ist, die wir nicht tolerieren können', so Japans Premier Shinzo Abe, verändert er Nordostasien kaum. Denn mit seinen konventionellen Waffen und Kurzstreckenraketen bedroht Nordkorea seine Nachbarn, vor allem Südkorea, schon seit Jahrzehnten. Andererseits ist der Norden noch lange nicht so weit, Atomsprengköpfe mit Interkontinentalraketen abschießen zu können. Dennoch hat seine Propaganda das bereits vorweggenommen. In einem Kurzfilm träumt ein junger Nordkoreaner, wie eine nuklear bestückte Taepodong-Rakete eine amerikanische Stadt zerstört.
Außer scharfen Worten haben die Nachbarn der Provokation Pjöngjangs wenig entgegenzusetzen. Die isolierte Diktatur wird seit dreißig Jahren mit Sanktionen belegt, diese lassen sich - wie nach dem Raketenstart vom Dezember geschehen - zwar noch verschärfen, aber Pjöngjang hat gelernt, mit ihnen zu leben. Nur China könnte wirtschaftlichen Druck auf Pjöngjang ausüben (siehe Artikel rechts).
Ein sogenannter chirurgischer Schlag gegen Nordkoreas Atomanlagen, wie ihn die Neokonservativen unter Präsident George Bush überlegt hatten, wäre auch keine empfehlenswerte Option. Zum einen kennt man nicht alle Atomstandorte Nordkoreas, zum anderen steht dessen Artillerie an der innerkoreanischen Grenze 50 Kilometer vor Seoul. Die Nordkoreaner wären also durchaus in der Lage, die südkoreanische Hauptstadt zu zerstören - ohne Atomwaffen. Wenn das Regime zur Abschreckung dennoch welche baut, dann offenbar nur, weil es von Libyen gelernt hat. Acht Jahre, nachdem Gaddafi sein Atomprogramm aufgegeben hatte, wurde er mit Hilfe der Europäer und der USA gestürzt. Solange die Kims an der Macht sind, wird Nordkorea deshalb nie ganz auf Atomwaffen verzichten. Im Gegenteil: Es will als Atommacht anerkannt werden.
Nordkorea ist kein stalinistisches Land, wie es heißt. Es ist auch nicht kommunistisch, wie es sich nennt. Eher herrscht in Nordkorea ein stramm nationalistischer Faschismus, der dem militaristischen Japan der Dreißigerjahre nachgebildet ist. In Südkorea herrscht ein freier Kapitalismus, aber auch der Süden ist primär nationalistisch. Im Wunschdenken des offiziellen Nordkorea vereinigen sich die zwei nationalistischen Brüder als gleichberechtigte Partner: Der Norden würde die Verteidigung (zum Beispiel mit Hilfe eines atomaren Schutzschilds) übernehmen, der Süden würde verantwortlich sein für die Wirtschaft.
In Seoul tritt am 25. Februar mit Park Geun Hye die neue Staatspräsidentin ihr Amt an. Sie hat versprochen, die harte Linie ihres Vorgänger Lee Myung Bak aufzugeben, mit der dieser nichts erreicht hat; stattdessen wolle sie den Dialog mit dem Norden suchen. Nordkoreas Jung-Diktator Kim Jong Un hat ebenfalls Dialogbereitschaft angedeutet. Er braucht Wirtschaftshilfe, erst recht, seitdem er versprochen hat, das Leben der Nordkoreaner verbessern zu wollen. Das bedeutet: Wenn er auf Parks Hilfe setzt, dann kann er nur vor Parks Amtsantritt die Welt durch seinen Atomtest aufschrecken.
Daß Kim und Park sich nach dieser Provokation zu einem Gipfel treffen, mag dennoch unwahrscheinlich sein. Neu wäre ein solcher Wandel allerdings nicht: Ein Jahr nach dem erstem Atomtest 2006 reiste Roh Moh Hyun, der damalige Präsident Südkoreas, im Oktober 2007 zum bisher wichtigsten und ergiebigsten innerkoreanischen Gipfel nach Pjöngjang.
Außenpolitisch hat sich mit dem dritten Atomversuch Nordkoreas wenig verändert. Innenpolitisch aber hat der Jungdiktator Kim Jong-Un bewiesen, dass er sich dem Auslands nicht beugt, auch dem Nachbarn China nicht. Die unterernährten Nordkoreaner auf dem Land dürfte das nicht interessieren; aber er zeigt der Elite in Pjöngjang, dass er sich für die Stabilität seines Regimes stark macht. Und auf die Unterstützung dieser Elite ist er angewiesen.
Kim hat sich nicht nur über die Mahnungen aus Washington, Seoul und Moskau hinweggesetzt, er hat auch China vor den Kopf gestoßen. So wie die Koreaner feierten die Chinesen am vorigen Sonntag ihr Neujahr, allerdings dauern die Festtage in China etwa eine Woche. Indem Kim die Bombe zünden ließ, während China feierte, hat er Peking doppelt provoziert. Und auch damit seine Elite und vielleicht mehr noch sich selbst beeindruckt.
Zumindest in seinen Augen reitet Kim derzeit auf einer Welle des Erfolgs. Er hat die graue Diktatur seines Vaters optisch aufgelockert, das hat die Stimmung in Nordkorea verbessert und bei seinen Landsleuten Hoffnungen geweckt. Er hat mögliche Rivalen ausgeschaltet und seine Macht gefestigt. Und er hat seinen potenziellen Waffenkäufern wie dem syrischen Präsidenten Assad gezeigt, dass seine Waffensysteme funktionieren.
Kim tanzt den USA, aber auch Peking, derzeit dreist auf der Nase herum, ohne dass diese Länder ihn bisher zu bremsen vermochten. Das könnte diesen unerfahrenen, verwegenen Jungdiktator Kim Jong-Un dazu verführen, sich noch mehr zu überschätzen.