Oscar Pistorius, der schillerndste Behindertensportler der Welt, steht nach tödlichen Schüssen auf seine Freundin unter Mordverdacht. An diesem Freitag wird er dem Haftrichter vorgeführt.
Pretoria/München - Die Polizei von Pretoria sagte am Donnerstag zunächst nur, dass gegen drei Uhr morgens in einer Luxus-Wohnanlage von Silver Lakes im Osten der Stadt eine tote Frau gefunden worden sei, 30 Jahre alt, mit Schusswunden in Kopf und Arm. Sie sagte, dass ein 26 Jahre alter Mann verhaftet worden sei unter dem Verdacht, die Frau erschossen zu haben, die offensichtlich seine Freundin gewesen sei. Und sie sagte, dass die Beamten eine Neun-Millimeter-Pistole sichergestellt hätten. Sie nannte keine Namen, sie verwies darauf, dass der Verdächtige später am Tag vor Gericht erscheinen werde. Aber da berichteten lokale Medien schon, dass es sich bei dem Verdächtigten um Oscar Pistorius handelte, den berühmtesten Behindertensportler der Welt, und bei der Toten um das Model Reeva Steenkamp, mit der dieser seit mehreren Monaten zusammen war. Pistorius habe sie mit einem Einbrecher verwechselt und geschossen.
Oscar Pistorius wurde von der Polizei abgeführt.
Der Kern der Nachricht hat sich dann im Laufe des Tages bestätigt. Es ist tatsächlich Oscar Pistorius, der sich wegen der tödlichen Schüsse verantworten muss. Die Tote ist tatsächlich Reeva Steenkamp, das sagte deren Agentur. Das unwirkliche Leben des Oscar Pistorius hat eine Wendung genommen, die seine Welt auf den Kopf stellt. In den ersten Berichten zu der Tragödie fehlte nicht der Hinweis darauf, dass Südafrika eines der gewalttätigsten Länder der Welt ist. Die Gefahr von Einbrüchen ist ziemlich gegenwärtig dort, 16766 habe es allein im vergangenen Jahr gegeben, schreibt die Zeitung The Telegraph.
Es ist nichts Ungewöhnliches in Südafrika, dass reiche Leute wie Oscar Pistorius Feuerwaffen zu ihrem Schutz im Haus haben. Im August 2011 berichtete die Zeitung Daily Mail, Pistorius habe offenbart, dass er nachts in seinem Haus in der bewachten Wohnanlage der Silverwoods Country Estate immer einen Revolver in Griffweite habe, außerdem ein Maschinengewehr am Fenster sowie einen Baseball- und Cricketschläger hinter der Tür. Die Nerven liegen offensichtlich so blank, dass es immer wieder zu fatalen Verwechslungen kommt. Pistorius wäre auch nicht der erste Prominente in Südafrika, der aus Versehen einen geliebten Menschen erschießt.
Aber das ändert natürlich nichts an dieser Tragödie um einen Mann, den die ganze Welt als Symbol für Beharrungswillen und Sportsgeist feiert. Der Prothesensprinter und sechsmalige Paralympics-Sieger Pistorius ist die schillerndste Figur des paralympischen Sports. Er ist der Pionier eines Behindertensports, der sich längst nicht mehr damit zufriedengibt, ein Dasein als unterschätzte Randerscheinung zu fristen. Pistorius ist die Hauptfigur eines perfekt vermarkteten Traums, Werbemillionär, Selbstdarsteller, Medienprofi. Seine frisierte PR-Rhetorik kann einem auf die Nerven gehen, sein Geltungsbedürfnis ist unübersehbar, und seine Auftritte haben meistens ein bisschen was von Seifenoper. Andererseits geht von seiner Karriere auch eine kraftvolle Botschaft für andere Menschen mit Behinderung aus. Oscar Pistorius hat der Welt gezeigt, wie weit man ohne Füße kommen kann.
Oscar Pistorius wurde Ende November 1986 ohne Wadenbeinknochen geboren. Die Ärzte rieten damals seinen Eltern, dem Sohn noch als Baby die Unterschenkel zu amputieren, damit er von Anfang an als Prothesenläufer aufwachsen konnte. Henk und Sheila Pistorius folgten dem Rat, und Oscar Pistorius wuchs als aktives Kind mit Kunstfüßen auf, das früh viel Sport trieb. Zur Leichtathletik kam er mit 16 nach einer Knieverletzung beim Rugby, und danach nahm sein Leben richtig Fahrt auf. Schon 2004 wurde er in Athen Paralympics-Sieger über 200 Meter. Er entwickelte mit seinem Trainer Ampie Louw den Plan, sich nicht nur auf der paralympischen Bühne zu messen, sondern auch auf der olympischen. Und damit rührte Pistorius die Sportwelt auf.
Dem Welt-Leichtathletik-Verband IAAF war Pistorius" Olympiaplan suspekt. Die fast sportphilosophische Frage kam auf, ob die Läufe des Prothesensprinters Oscar Pistorius vergleichbar seien mit den Läufen der Naturfuß-Sprinter. Ein Gutachten des Kölner Biomechanik-Professors Gert-Peter Brüggemann bestätigte, dass beide Laufarten nicht vergleichbar seien; Pistorius könne bei offiziellen Wettbewerben nicht gegen Sprinter ohne Prothesen antreten. Pistorius wehrte sich. Mit Erfolg.
Ein Gutachten aus Amerika gab ihm recht, der Sportgerichtshof Cas in Lausanne entschied im Mai 2008 in seinem Sinne: Pistorius dürfe mit seinen Karbonfedern sehr wohl in Wettbewerben gegen Sprinter ohne Prothesen antreten. 2011 war Pistorius dann der erste Prothesensprinter, der sich über 400 Meter für eine Leichtathletik-WM der Nichtbehinderten qualifizierte; in Daegu/Südkorea erreichte er dann das Halbfinale. 2012 war er der erste Prothesensprinter, der sich über 400 Meter für die Olympischen Spiele qualifizierte; auch in London erreichte er das Halbfinale. Beide Auftritte begleitete ein heftiges Mediengewitter. Oscar Pistorius genoss den Trubel und arbeitete ihn mit professioneller Gelassenheit ab. Seine Bestzeit über 400 Meter lief er im Juni 2011 mit 45,07 Sekunden. In Deutschland ist derzeit kein Nichtprothesenläufer so schnell.
Bei den Londoner Paralympics im vergangenen Sommer war Pistorius zeitweise etwas schlechter gelaunt. Der Brasilianer Alan Oliveira lief auf außergewöhnlich langen Prothesen und schnappte ihm damit über 200 Meter die Goldmedaille weg. Pistorius schimpfte und entschuldigte sich später für seine impulsiven Live-Kommentare. Es war eine nichtige Sportaffäre.
Jetzt ist alles sehr ernst. Es gibt Bilder von Pistorius, wie er nach der ersten Anhörung die Polizeistation von Boschkop verlässt: Er geht gebeugt und hat sein Gesicht unter einer grauen Kapuze verborgen. Was wirklich passiert ist in der Nacht auf Donnerstag, ist vorerst ein Rätsel. Pistorius habe sich Alkohol- und forensischen Tests unterzogen, sagte die Polizei in Pretoria, ehe sein Gerichtstermin auf Freitagfrüh verschoben wurde. Er sei kooperativ. Aber die Polizei bestätigte nicht, dass Pistorius seine Freundin mit einem Einbrecher verwechselt habe. Eine Sprecherin sagte der Nachrichtenagentur AP, es habe 'frühere Vorfälle' in Pistorius" Haus gegeben, an das man eigentlich gar nicht so einfach ran kann, weil es hinter den Toren einer ummauerten Wohnanlage liegt. Er wird am Freitag nach Angaben der Staatsanwaltschaft einem Haftrichter in Pretoria vorgeführt. Dieser muss entscheiden, ob formell Mordanklage erhoben wird.
Pretoria/München - Die Polizei von Pretoria sagte am Donnerstag zunächst nur, dass gegen drei Uhr morgens in einer Luxus-Wohnanlage von Silver Lakes im Osten der Stadt eine tote Frau gefunden worden sei, 30 Jahre alt, mit Schusswunden in Kopf und Arm. Sie sagte, dass ein 26 Jahre alter Mann verhaftet worden sei unter dem Verdacht, die Frau erschossen zu haben, die offensichtlich seine Freundin gewesen sei. Und sie sagte, dass die Beamten eine Neun-Millimeter-Pistole sichergestellt hätten. Sie nannte keine Namen, sie verwies darauf, dass der Verdächtige später am Tag vor Gericht erscheinen werde. Aber da berichteten lokale Medien schon, dass es sich bei dem Verdächtigten um Oscar Pistorius handelte, den berühmtesten Behindertensportler der Welt, und bei der Toten um das Model Reeva Steenkamp, mit der dieser seit mehreren Monaten zusammen war. Pistorius habe sie mit einem Einbrecher verwechselt und geschossen.
Oscar Pistorius wurde von der Polizei abgeführt.
Der Kern der Nachricht hat sich dann im Laufe des Tages bestätigt. Es ist tatsächlich Oscar Pistorius, der sich wegen der tödlichen Schüsse verantworten muss. Die Tote ist tatsächlich Reeva Steenkamp, das sagte deren Agentur. Das unwirkliche Leben des Oscar Pistorius hat eine Wendung genommen, die seine Welt auf den Kopf stellt. In den ersten Berichten zu der Tragödie fehlte nicht der Hinweis darauf, dass Südafrika eines der gewalttätigsten Länder der Welt ist. Die Gefahr von Einbrüchen ist ziemlich gegenwärtig dort, 16766 habe es allein im vergangenen Jahr gegeben, schreibt die Zeitung The Telegraph.
Es ist nichts Ungewöhnliches in Südafrika, dass reiche Leute wie Oscar Pistorius Feuerwaffen zu ihrem Schutz im Haus haben. Im August 2011 berichtete die Zeitung Daily Mail, Pistorius habe offenbart, dass er nachts in seinem Haus in der bewachten Wohnanlage der Silverwoods Country Estate immer einen Revolver in Griffweite habe, außerdem ein Maschinengewehr am Fenster sowie einen Baseball- und Cricketschläger hinter der Tür. Die Nerven liegen offensichtlich so blank, dass es immer wieder zu fatalen Verwechslungen kommt. Pistorius wäre auch nicht der erste Prominente in Südafrika, der aus Versehen einen geliebten Menschen erschießt.
Aber das ändert natürlich nichts an dieser Tragödie um einen Mann, den die ganze Welt als Symbol für Beharrungswillen und Sportsgeist feiert. Der Prothesensprinter und sechsmalige Paralympics-Sieger Pistorius ist die schillerndste Figur des paralympischen Sports. Er ist der Pionier eines Behindertensports, der sich längst nicht mehr damit zufriedengibt, ein Dasein als unterschätzte Randerscheinung zu fristen. Pistorius ist die Hauptfigur eines perfekt vermarkteten Traums, Werbemillionär, Selbstdarsteller, Medienprofi. Seine frisierte PR-Rhetorik kann einem auf die Nerven gehen, sein Geltungsbedürfnis ist unübersehbar, und seine Auftritte haben meistens ein bisschen was von Seifenoper. Andererseits geht von seiner Karriere auch eine kraftvolle Botschaft für andere Menschen mit Behinderung aus. Oscar Pistorius hat der Welt gezeigt, wie weit man ohne Füße kommen kann.
Oscar Pistorius wurde Ende November 1986 ohne Wadenbeinknochen geboren. Die Ärzte rieten damals seinen Eltern, dem Sohn noch als Baby die Unterschenkel zu amputieren, damit er von Anfang an als Prothesenläufer aufwachsen konnte. Henk und Sheila Pistorius folgten dem Rat, und Oscar Pistorius wuchs als aktives Kind mit Kunstfüßen auf, das früh viel Sport trieb. Zur Leichtathletik kam er mit 16 nach einer Knieverletzung beim Rugby, und danach nahm sein Leben richtig Fahrt auf. Schon 2004 wurde er in Athen Paralympics-Sieger über 200 Meter. Er entwickelte mit seinem Trainer Ampie Louw den Plan, sich nicht nur auf der paralympischen Bühne zu messen, sondern auch auf der olympischen. Und damit rührte Pistorius die Sportwelt auf.
Dem Welt-Leichtathletik-Verband IAAF war Pistorius" Olympiaplan suspekt. Die fast sportphilosophische Frage kam auf, ob die Läufe des Prothesensprinters Oscar Pistorius vergleichbar seien mit den Läufen der Naturfuß-Sprinter. Ein Gutachten des Kölner Biomechanik-Professors Gert-Peter Brüggemann bestätigte, dass beide Laufarten nicht vergleichbar seien; Pistorius könne bei offiziellen Wettbewerben nicht gegen Sprinter ohne Prothesen antreten. Pistorius wehrte sich. Mit Erfolg.
Ein Gutachten aus Amerika gab ihm recht, der Sportgerichtshof Cas in Lausanne entschied im Mai 2008 in seinem Sinne: Pistorius dürfe mit seinen Karbonfedern sehr wohl in Wettbewerben gegen Sprinter ohne Prothesen antreten. 2011 war Pistorius dann der erste Prothesensprinter, der sich über 400 Meter für eine Leichtathletik-WM der Nichtbehinderten qualifizierte; in Daegu/Südkorea erreichte er dann das Halbfinale. 2012 war er der erste Prothesensprinter, der sich über 400 Meter für die Olympischen Spiele qualifizierte; auch in London erreichte er das Halbfinale. Beide Auftritte begleitete ein heftiges Mediengewitter. Oscar Pistorius genoss den Trubel und arbeitete ihn mit professioneller Gelassenheit ab. Seine Bestzeit über 400 Meter lief er im Juni 2011 mit 45,07 Sekunden. In Deutschland ist derzeit kein Nichtprothesenläufer so schnell.
Bei den Londoner Paralympics im vergangenen Sommer war Pistorius zeitweise etwas schlechter gelaunt. Der Brasilianer Alan Oliveira lief auf außergewöhnlich langen Prothesen und schnappte ihm damit über 200 Meter die Goldmedaille weg. Pistorius schimpfte und entschuldigte sich später für seine impulsiven Live-Kommentare. Es war eine nichtige Sportaffäre.
Jetzt ist alles sehr ernst. Es gibt Bilder von Pistorius, wie er nach der ersten Anhörung die Polizeistation von Boschkop verlässt: Er geht gebeugt und hat sein Gesicht unter einer grauen Kapuze verborgen. Was wirklich passiert ist in der Nacht auf Donnerstag, ist vorerst ein Rätsel. Pistorius habe sich Alkohol- und forensischen Tests unterzogen, sagte die Polizei in Pretoria, ehe sein Gerichtstermin auf Freitagfrüh verschoben wurde. Er sei kooperativ. Aber die Polizei bestätigte nicht, dass Pistorius seine Freundin mit einem Einbrecher verwechselt habe. Eine Sprecherin sagte der Nachrichtenagentur AP, es habe 'frühere Vorfälle' in Pistorius" Haus gegeben, an das man eigentlich gar nicht so einfach ran kann, weil es hinter den Toren einer ummauerten Wohnanlage liegt. Er wird am Freitag nach Angaben der Staatsanwaltschaft einem Haftrichter in Pretoria vorgeführt. Dieser muss entscheiden, ob formell Mordanklage erhoben wird.