Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger fordert, mehr doppelte Staatsbürgerschaften zu ermöglichen. Bisher müssen sich alle, die mehr als eine Staatangehörigkeit haben, spätestens mit 23 für einen der beiden Pässe entscheiden.
Die Wirklichkeit hat sich nicht an die Vorstellungen vieler Politiker gehalten, dies lässt sich beim Thema doppelte Staatsbürgerschaft schon jetzt sagen. Als das neue Staatsbürgerschaftsrecht 1999 verabschiedet wurde, sagte Guido Westerwelle: 'Wir freuen uns, dass wir jetzt eine Linie der Vernunft haben.' Sein damaliger Vizefraktionschef Rainer Brüderle hatte die Linie mit ausgehandelt, als Kompromiss zwischen rot-grüner Bundesregierung und oppositionell dominiertem Bundesrat. Der Inhalt: Kinder ausländischer Eltern bekommen per Geburt neben dem ausländischen auch den deutschen Pass, müssen spätestens bis zum 23. Lebensjahr aber eine der Staatsangehörigkeiten abgelegt haben. Für EU-Bürger und eine Reihe anderer Staatsangehörige gelten Ausnahmen: sie dürfen beide Pässe behalten. Seit Januar greift das Gesetz voll, die ersten Doppelstaatler verlieren ihren deutschen Pass, Behörden ächzen unter dem Aufwand und Experten kritisieren die Regelung als unsinnig.
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Wer nach 1990 geboren ist, kann in Deutschland bis zu seinem 23. Lebensjahr eine doppelte Staatsbürgerschaft haben. Danach muss er sich für einen Pass entscheiden. Die FDP fordet nun, diese Regelung zu ändern.
Immerhin ist es nun die FDP selbst, die Änderungen fordert: Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) verlangte, mehr doppelte Staatsbürgerschaften zu ermöglichen. 'Integration kann auch durch doppelte Staatsbürgerschaft gefördert werden, wie die vielen Fälle von gut integrierten Bürgern mit Doppelstaatsbürgerschaft zeigen', sagte sie am Dienstag Spiegel Online. Dazu solle das Staatsangehörigkeitsrecht entsprechend reformiert werden. Kanzlerin Angela Merkel ließ noch am selben Tag ausrichten, dass sie keinen Handlungsbedarf sehe. 'Es gilt der Grundsatz der Vermeidung von Mehrstaatlichkeit. Dafür gibt es gute Gründe', sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Der Doppelpass könnte nun Wahlkampfthema werden - nicht nur zwischen Union und FDP.
CDU und CSU stehen zunehmend isoliert da. Denn Linke, Grüne und SPD kritisieren seit langem die Optionspflicht, nun forcieren auch die Liberalen eine Lockerung. Die SPD hat angekündigt, die Pflicht zur Entscheidung für einen Pass abzuschaffen, falls sie die Bundestagswahl gewinnen sollte. 'Die Regelung ist absurd und grotesk', sagte der SPD-Innenexperte Michael Hartmann der SZ. 'Das Optionsmodell ist integrationsfeindlich und hat sich nach Ansicht aller Experten nicht bewährt.' Von der Vorschrift sind vor allem Deutsch-Türken betroffen. 'Das ist eine klare Ungleichbehandlung', sagte Hartmann. Er räumte ein, dass sich durch den Doppelpass Probleme ergeben könnten, etwa wenn ein Straftäter ausgeliefert werden soll - und der Zweitstaat dies mit Hinweis auf den zweiten Pass verweigert. Als Negativbeispiel gilt der mutmaßliche Haupttäters einer tödlichen Prügel-Attacke am Berliner Alexanderplatz, der in die Türkei geflüchtet ist. 'Diese Probleme sind aber nicht gravierend - wir dürfen Zuwanderungspolitik nicht betreiben mit der Unterstellung: jeder kann ein Terrorist oder Krimineller sein', sagte Hartmann.
Der integrationspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Michael Frieser, verteidigte dagegen die Optionspflicht - und denkt sogar über eine Verschärfung nach. 'Ich erwarte am Ende ein klares Bekenntnis. Die Doppelstaatler müssen sich positiv für ein Land entscheiden. Diese Entscheidung mache ich aber mit einer dauerhaften doppelten Staatsbürgerschaft nicht leichter', sagte Frieser. Ein Doppelpass schaffe Probleme, etwa durch Ansprüche auf Sozialleistungen in zwei Staaten. Im von CSU-Politiker Hans-Peter Friedrich geführten Bundesinnenministerium fürchtet man sich vor der Vereinnahmung deutscher Staatsbürger für die politischen Ziele des anderen Heimatlandes. Außerdem könne die Loyalität eines Menschen mit zwei Pässen zu dem einen Land sehr leiden, wenn er etwa für das andere Land in einen Krieg ziehe, wie zu Zeiten des Bürgerkriegs in Ex-Jugoslawien. Nicht zuletzt komme es zu Schwierigkeiten beim konsularischen Schutz. Schon heute gibt es Schätzungen zufolge mehrere Millionen Doppelstaatler in Deutschland ohne dass gravierende Probleme daraus bekannt wären. Frieser sprach von einer Reihe von historisch gewachsener Ausnahmen. 'Man muss eher diese Ausnahmen überprüfen, ob sie der historischen Begründung heute noch standhalten, als neue Ausnahmen schaffen.'
Die Wirklichkeit hat sich nicht an die Vorstellungen vieler Politiker gehalten, dies lässt sich beim Thema doppelte Staatsbürgerschaft schon jetzt sagen. Als das neue Staatsbürgerschaftsrecht 1999 verabschiedet wurde, sagte Guido Westerwelle: 'Wir freuen uns, dass wir jetzt eine Linie der Vernunft haben.' Sein damaliger Vizefraktionschef Rainer Brüderle hatte die Linie mit ausgehandelt, als Kompromiss zwischen rot-grüner Bundesregierung und oppositionell dominiertem Bundesrat. Der Inhalt: Kinder ausländischer Eltern bekommen per Geburt neben dem ausländischen auch den deutschen Pass, müssen spätestens bis zum 23. Lebensjahr aber eine der Staatsangehörigkeiten abgelegt haben. Für EU-Bürger und eine Reihe anderer Staatsangehörige gelten Ausnahmen: sie dürfen beide Pässe behalten. Seit Januar greift das Gesetz voll, die ersten Doppelstaatler verlieren ihren deutschen Pass, Behörden ächzen unter dem Aufwand und Experten kritisieren die Regelung als unsinnig.

Wer nach 1990 geboren ist, kann in Deutschland bis zu seinem 23. Lebensjahr eine doppelte Staatsbürgerschaft haben. Danach muss er sich für einen Pass entscheiden. Die FDP fordet nun, diese Regelung zu ändern.
Immerhin ist es nun die FDP selbst, die Änderungen fordert: Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) verlangte, mehr doppelte Staatsbürgerschaften zu ermöglichen. 'Integration kann auch durch doppelte Staatsbürgerschaft gefördert werden, wie die vielen Fälle von gut integrierten Bürgern mit Doppelstaatsbürgerschaft zeigen', sagte sie am Dienstag Spiegel Online. Dazu solle das Staatsangehörigkeitsrecht entsprechend reformiert werden. Kanzlerin Angela Merkel ließ noch am selben Tag ausrichten, dass sie keinen Handlungsbedarf sehe. 'Es gilt der Grundsatz der Vermeidung von Mehrstaatlichkeit. Dafür gibt es gute Gründe', sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Der Doppelpass könnte nun Wahlkampfthema werden - nicht nur zwischen Union und FDP.
CDU und CSU stehen zunehmend isoliert da. Denn Linke, Grüne und SPD kritisieren seit langem die Optionspflicht, nun forcieren auch die Liberalen eine Lockerung. Die SPD hat angekündigt, die Pflicht zur Entscheidung für einen Pass abzuschaffen, falls sie die Bundestagswahl gewinnen sollte. 'Die Regelung ist absurd und grotesk', sagte der SPD-Innenexperte Michael Hartmann der SZ. 'Das Optionsmodell ist integrationsfeindlich und hat sich nach Ansicht aller Experten nicht bewährt.' Von der Vorschrift sind vor allem Deutsch-Türken betroffen. 'Das ist eine klare Ungleichbehandlung', sagte Hartmann. Er räumte ein, dass sich durch den Doppelpass Probleme ergeben könnten, etwa wenn ein Straftäter ausgeliefert werden soll - und der Zweitstaat dies mit Hinweis auf den zweiten Pass verweigert. Als Negativbeispiel gilt der mutmaßliche Haupttäters einer tödlichen Prügel-Attacke am Berliner Alexanderplatz, der in die Türkei geflüchtet ist. 'Diese Probleme sind aber nicht gravierend - wir dürfen Zuwanderungspolitik nicht betreiben mit der Unterstellung: jeder kann ein Terrorist oder Krimineller sein', sagte Hartmann.
Der integrationspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Michael Frieser, verteidigte dagegen die Optionspflicht - und denkt sogar über eine Verschärfung nach. 'Ich erwarte am Ende ein klares Bekenntnis. Die Doppelstaatler müssen sich positiv für ein Land entscheiden. Diese Entscheidung mache ich aber mit einer dauerhaften doppelten Staatsbürgerschaft nicht leichter', sagte Frieser. Ein Doppelpass schaffe Probleme, etwa durch Ansprüche auf Sozialleistungen in zwei Staaten. Im von CSU-Politiker Hans-Peter Friedrich geführten Bundesinnenministerium fürchtet man sich vor der Vereinnahmung deutscher Staatsbürger für die politischen Ziele des anderen Heimatlandes. Außerdem könne die Loyalität eines Menschen mit zwei Pässen zu dem einen Land sehr leiden, wenn er etwa für das andere Land in einen Krieg ziehe, wie zu Zeiten des Bürgerkriegs in Ex-Jugoslawien. Nicht zuletzt komme es zu Schwierigkeiten beim konsularischen Schutz. Schon heute gibt es Schätzungen zufolge mehrere Millionen Doppelstaatler in Deutschland ohne dass gravierende Probleme daraus bekannt wären. Frieser sprach von einer Reihe von historisch gewachsener Ausnahmen. 'Man muss eher diese Ausnahmen überprüfen, ob sie der historischen Begründung heute noch standhalten, als neue Ausnahmen schaffen.'