Paris rechnete mit Anschlägen nach der Mali-Intervention, aber in Kamerun? Sieben Franzosen sind nun dort entführt worden, vier sind Kinder. Keine andere westliche Nation sieht sich mit so vielen Geiselnahmen konfrontiert.
Paris - Elefanten, Löwen, Giraffen: Der Waza-Nationalpark im Norden Kameruns kann zwar nicht mit den Reservaten in Ostafrika mithalten, aber auch er eignet sich gut zur Wild-Beobachtung. Ausländer, die in der kamerunischen Hauptstadt Jaunde oder der Wirtschaftsmetropole Douala arbeiten, fahren gern zur Erholung dahin. Am Montag verbrachte ein Mitarbeiter des französischen Konzerns GDF Suez mit seiner Frau, den vier Kindern im Alter zwischen fünf und zwölf Jahren und einem weiteren Verwandten einen Tag im Waza-Park. Als die kleine Gruppe am Dienstag Richtung Norden weiterfuhr, wurde sie von sechs Männern auf Motorrädern überfallen und ins nahe Nigeria verschleppt.
Sieben Franzosen wurden in Kamerun entführt - darunter sind vie Kinder.
Frankreich rechnete damit, dass es nach seiner Militärintervention in Mali zum Ziel islamistischer Attacken würde. Es versuchte, Anschlägen im Inland noch besser vorzubeugen und Zehntausende Auslandsfranzosen, die in Afrika leben, so gut es geht zu schützen. Kamerun galt allerdings als noch verhältnismäßig sicher. Nie zuvor wurden dort westliche Touristen entführt. Nun wird auch dieses Land zum Schauplatz im Kampf zwischen den Islamisten und Frankreich. Das Außenministerium in Paris rief am Mittwoch alle Franzosen im nördlichsten Teil Kameruns auf, das Gebiet unverzüglich zu verlassen und sich in Sicherheit zu bringen.
Präsident François Hollande sagte, die islamistische nigerianische Terrorsekte Boko Haram könnte hinter der Tat stecken. Mitglieder der Gruppe wichen in der Vergangenheit öfters über die schlecht gesicherte Grenze nach Kamerun aus. Allerdings könnte auch eine Abspaltung der Boko Haram namens Ansaru die Familie entführt haben. Am Mittwoch hatte sich noch niemand zur Entführung bekannt. Der französische Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian sagte, es sei auch noch unklar, ob die Tat eine direkte Reaktion auf den Mali-Einsatz ist. Die Verbrechergruppen, die in Nigeria, Mali oder Somalia aktiv seien, benützten jedoch alle dieselben Methoden und folgten derselben fundamentalistischen Ideologie. 'Diese Gruppen bedrohen unsere Sicherheit', sagte Le Drian. 'Sie wollen einen rechtsfreien Raum vom Golf von Guinea bis zum Sudan schaffen.'
Die frühere Kolonialmacht Frankreich mit ihren großen wirtschaftlichen Interessen im Norden und Westen Afrikas ist entschlossen, diese Gefahr zu bekämpfen, auch wenn sie dadurch zum Hassobjekt der Islamisten wird. Bereits 2005 hat die Terror-Organisation 'al-Qaida im islamischen Maghreb' (Aqim) Frankreich zum Hauptfeind erklärt. Seitdem wurden immer wieder Franzosen als Geiseln genommen. Derzeit sind 15 Franzosen in Afrika in der Hand von Entführern. Keine andere westliche Nation, auch nicht die USA, sieht sich mit so vielen Geiselnahmen konfrontiert. Je besser sich Frankreich vor Terroranschlägen schützt, umso mehr könnten Entführungen zur schmutzigen Waffe der Fundamentalisten in ihrem asymmetrischen Krieg werden. Für Hollande und seine Regierung könnte das unkalkulierbare Folgen haben, zumal diesmal französische Kinder - zwei Jungen und zwei Mädchen - als Geiseln genommen wurden. Wie wird die Öffentlichkeit darauf und auf mögliche weitere Entführungen reagieren?
Hollandes Optionen sind sehr begrenzt. Langfristig kann Frankreich versuchen, von Islamisten heimgesuchte afrikanische Staaten zu stabilisieren. Doch das ist eine Daueraufgabe mit ungewissen Erfolgsaussichten. Kurzfristig könnte Paris entweder Lösegeld bezahlen oder Geiseln gewaltsam befreien. Ersteres hat der Präsident bereits ausgeschlossen. Frankreich werde zwar Kontakt mit den Entführern suchen, aber auf keinen Fall Geld bezahlen. Bliebe die Geiselbefreiung. Ein Versuch, im Januar einen Mitarbeiter des Auslandsgeheimdienstes DGSE in Somalia aus der Hand seiner Entführer zu retten, scheiterte blutig. Zwei Männer des Einsatzteams und die Geisel starben bei der Aktion, an der der 'Service Action' des Geheimdienstes und das Spezialkräftekommando der Armee beteiligt waren. Oppositionsvertreter forderten die Einsetzung einer Untersuchungskommission, bislang vergeblich.
Allerdings dürften die Geiselnahmen und der Krieg in Mali sehr wohl Auswirkungen auf die französische Sicherheitspolitik haben. Gerade befinden sich die Arbeiten an einem 'Weißbuch zur Verteidigung' in den letzten Zügen. Es soll die Sicherheitsstrategie des Landes neu festlegen. Afrika dürfte dabei, anders als noch vor einigen Jahren geplant, wieder eine große Rolle einnehmen. Paris wird dort wohl kaum mehr Stützpunkte schließen wollen. Zudem hat die Mali-Intervention gezeigt, dass die Armee des Präsidenten mehr Truppentransporter und bessere Möglichkeiten zur Luftbetankung braucht. Auch dürften moderne Aufklärungsdrohnen angeschafft werden, Budgetkrise hin oder her.
Allerdings weiß die französische Regierung, dass sie gegen die Islamisten nicht allein siegen kann. Der Ruf nach den europäischen Partnern wird in Politik und Medien lauter. Jean-Louis Borloo, der Chef der Zentrums-Partei UDI, forderte am Mittwoch eine 'paneuropäische Antwort' auf eine 'panafrikanische Krise'.
Paris - Elefanten, Löwen, Giraffen: Der Waza-Nationalpark im Norden Kameruns kann zwar nicht mit den Reservaten in Ostafrika mithalten, aber auch er eignet sich gut zur Wild-Beobachtung. Ausländer, die in der kamerunischen Hauptstadt Jaunde oder der Wirtschaftsmetropole Douala arbeiten, fahren gern zur Erholung dahin. Am Montag verbrachte ein Mitarbeiter des französischen Konzerns GDF Suez mit seiner Frau, den vier Kindern im Alter zwischen fünf und zwölf Jahren und einem weiteren Verwandten einen Tag im Waza-Park. Als die kleine Gruppe am Dienstag Richtung Norden weiterfuhr, wurde sie von sechs Männern auf Motorrädern überfallen und ins nahe Nigeria verschleppt.
Sieben Franzosen wurden in Kamerun entführt - darunter sind vie Kinder.
Frankreich rechnete damit, dass es nach seiner Militärintervention in Mali zum Ziel islamistischer Attacken würde. Es versuchte, Anschlägen im Inland noch besser vorzubeugen und Zehntausende Auslandsfranzosen, die in Afrika leben, so gut es geht zu schützen. Kamerun galt allerdings als noch verhältnismäßig sicher. Nie zuvor wurden dort westliche Touristen entführt. Nun wird auch dieses Land zum Schauplatz im Kampf zwischen den Islamisten und Frankreich. Das Außenministerium in Paris rief am Mittwoch alle Franzosen im nördlichsten Teil Kameruns auf, das Gebiet unverzüglich zu verlassen und sich in Sicherheit zu bringen.
Präsident François Hollande sagte, die islamistische nigerianische Terrorsekte Boko Haram könnte hinter der Tat stecken. Mitglieder der Gruppe wichen in der Vergangenheit öfters über die schlecht gesicherte Grenze nach Kamerun aus. Allerdings könnte auch eine Abspaltung der Boko Haram namens Ansaru die Familie entführt haben. Am Mittwoch hatte sich noch niemand zur Entführung bekannt. Der französische Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian sagte, es sei auch noch unklar, ob die Tat eine direkte Reaktion auf den Mali-Einsatz ist. Die Verbrechergruppen, die in Nigeria, Mali oder Somalia aktiv seien, benützten jedoch alle dieselben Methoden und folgten derselben fundamentalistischen Ideologie. 'Diese Gruppen bedrohen unsere Sicherheit', sagte Le Drian. 'Sie wollen einen rechtsfreien Raum vom Golf von Guinea bis zum Sudan schaffen.'
Die frühere Kolonialmacht Frankreich mit ihren großen wirtschaftlichen Interessen im Norden und Westen Afrikas ist entschlossen, diese Gefahr zu bekämpfen, auch wenn sie dadurch zum Hassobjekt der Islamisten wird. Bereits 2005 hat die Terror-Organisation 'al-Qaida im islamischen Maghreb' (Aqim) Frankreich zum Hauptfeind erklärt. Seitdem wurden immer wieder Franzosen als Geiseln genommen. Derzeit sind 15 Franzosen in Afrika in der Hand von Entführern. Keine andere westliche Nation, auch nicht die USA, sieht sich mit so vielen Geiselnahmen konfrontiert. Je besser sich Frankreich vor Terroranschlägen schützt, umso mehr könnten Entführungen zur schmutzigen Waffe der Fundamentalisten in ihrem asymmetrischen Krieg werden. Für Hollande und seine Regierung könnte das unkalkulierbare Folgen haben, zumal diesmal französische Kinder - zwei Jungen und zwei Mädchen - als Geiseln genommen wurden. Wie wird die Öffentlichkeit darauf und auf mögliche weitere Entführungen reagieren?
Hollandes Optionen sind sehr begrenzt. Langfristig kann Frankreich versuchen, von Islamisten heimgesuchte afrikanische Staaten zu stabilisieren. Doch das ist eine Daueraufgabe mit ungewissen Erfolgsaussichten. Kurzfristig könnte Paris entweder Lösegeld bezahlen oder Geiseln gewaltsam befreien. Ersteres hat der Präsident bereits ausgeschlossen. Frankreich werde zwar Kontakt mit den Entführern suchen, aber auf keinen Fall Geld bezahlen. Bliebe die Geiselbefreiung. Ein Versuch, im Januar einen Mitarbeiter des Auslandsgeheimdienstes DGSE in Somalia aus der Hand seiner Entführer zu retten, scheiterte blutig. Zwei Männer des Einsatzteams und die Geisel starben bei der Aktion, an der der 'Service Action' des Geheimdienstes und das Spezialkräftekommando der Armee beteiligt waren. Oppositionsvertreter forderten die Einsetzung einer Untersuchungskommission, bislang vergeblich.
Allerdings dürften die Geiselnahmen und der Krieg in Mali sehr wohl Auswirkungen auf die französische Sicherheitspolitik haben. Gerade befinden sich die Arbeiten an einem 'Weißbuch zur Verteidigung' in den letzten Zügen. Es soll die Sicherheitsstrategie des Landes neu festlegen. Afrika dürfte dabei, anders als noch vor einigen Jahren geplant, wieder eine große Rolle einnehmen. Paris wird dort wohl kaum mehr Stützpunkte schließen wollen. Zudem hat die Mali-Intervention gezeigt, dass die Armee des Präsidenten mehr Truppentransporter und bessere Möglichkeiten zur Luftbetankung braucht. Auch dürften moderne Aufklärungsdrohnen angeschafft werden, Budgetkrise hin oder her.
Allerdings weiß die französische Regierung, dass sie gegen die Islamisten nicht allein siegen kann. Der Ruf nach den europäischen Partnern wird in Politik und Medien lauter. Jean-Louis Borloo, der Chef der Zentrums-Partei UDI, forderte am Mittwoch eine 'paneuropäische Antwort' auf eine 'panafrikanische Krise'.