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Schavans letzte Chance

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Das Gutachten der Universität Düsseldorf, das Annette Schavan vorwirft, in ihrer Doktorarbeit abgeschrieben zu haben, gleicht dem Plädoyer des Staatsanwalts, der die Höchststrafe fordert. Noch ist nichts entschieden. Aber der Schaden für Schavan ist angerichtet.

Die Ministerin soll bewusst getäuscht haben. Bislang ist es zwar nur ein Plädoyer. Das Urteil fällen erst die Gremien der Universität. Der Schaden für Schavan ist aber angerichtet. Wenn die Hochschule das Votum abmildern sollte, sind die Reaktionen absehbar. Die Universität wolle eine prominente CDU-Politikerin schonen, wird es heißen. Und bei einem klaren Schuldspruch könnte sich das Verfahren lange hinziehen.





Schavan gibt sich kämpferisch, sie könnte vor Gericht klagen - und bis zu einem abschließenden Urteil ihren Titel behalten. Politisch würde ihr dies wenig helfen. Eine Bundesbildungsministerin, zuständig für Forschung und Hochschulen, der die eigene Alma Mater Täuschung bescheinigt - wie soll das gehen? Sie wäre als Kabinettsmitglied kaum mehr tragbar.

Man kann dem Prüfer aus Düsseldorf sicher nicht unterstellen, er habe es sich leicht gemacht. In dem Gutachten sind viele Stellen und Indizien präzise zusammengetragen, die Fehler belegen: unsauberes Zitieren, die Übernahme fremder Werke ohne Belege, Gedankenrecycling statt eigenständiger Erkenntnisse. Darunter auch Grenzfälle. All das findet in weit geringerem Umfang statt als bei Karl-Theodor zu Guttenbergs Doktorarbeit. Dort war es ein Plagiate-Teppich, bei Schavan ist es ein Mosaik.

Das reicht, um von gravierenden Fehlern zu sprechen. Aber reicht es auch, Schavan absichtliche Täuschung zu unterstellen? In dieser Frage ist die Beweisführung zumindest holprig: Schavan habe an vielen Stellen bewusst getäuscht, weil sie an vielen anderen Stellen durchaus sauber gearbeitet habe, heißt es im Gutachten. Sie habe also gewusst, wie es geht - und trotzdem anders gehandelt. Doch ist das zwingend? Muss jemand, der bei Grün über Ampeln fährt, wissen, dass er das bei Rot-Gelb nicht darf? Die Strenge der Düsseldorfer Uni ist auffällig - auch im Vergleich zum niedersächsischen Kultusminister Bernd Althusmann. Dieser hatte eine Doktorarbeit mit vergleichbar gravierenden Fehlern vorgelegt - und durfte seinen Titel behalten, weil ihm keine Täuschung angelastet wurde. Nun drängt sich der Eindruck auf, dass bei Schavan mit strengeren Maßstäben gemessen wurde.

Schavans Lebensleistung droht auf das Schlagwort "Täuscherin" reduziert zu werden - wegen einer 32 Jahre alten Doktorarbeit und nach langen Jahren als anerkannte Ministerin. Es ist ein verzerrtes, unfaires Bild, das da entsteht. Allerdings eines, zu dessen Entstehung sie in den vergangenen Monaten selbst beigetragen hat. Die ersten Plagiats-Vorwürfe wischte sie weg, eine Erklärung oder gar Entschuldigung für die handwerklichen Fehler blieb sie schuldig. Nun sind sie offenbar und Schavan ist in die Defensive gedrängt. Jetzt bietet sich ihr die letzte Chance, dem Plädoyer der Plagiateprüfer Paroli zu bieten.

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