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Scheidung auf schwedisch

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Die Download-Plattform "Pirate Bay" muss ihr Heimatland verlassen.


In der vergangenen Woche schickte die 'Allianz des Rechts' ('Rättighetsalliansen'), ein Zusammenschluss der schwedischen Film-, Musik- und Computerindustrie zur Bekämpfung von Verletzungen des Urheberrechts, der schwedischen Piratenpartei einen Brief: Man werde die Partei vor Gericht bringen, wenn sie weiter der 'Pirate Bay' den Zugang zum Internet zur Verfügung stelle. Die Pirate Bay ist einer der erfolgreichsten Dienstleister im Internet: Er vermittelt auf einfache Weise Möglichkeiten, sich - manchmal legal und oft illegal - Kopien von Filmen, Musikstücken oder Computerspielen zu beschaffen. Bis zum Dienstag gebe man der Partei Zeit. Noch vor Ablauf der Frist gab die schwedische Piratenpartei nun bekannt, man könne sich die juristische Auseinandersetzung mit der Industrie schon aus finanziellen Gründen nicht leisten. Die Pirate Bay werde daher Schweden verlassen, den Zugang stellten jetzt ausschließlich die Schwesterparteien in Norwegen und Katalonien zur Verfügung, wo man im Umgang mit dem Urheberrecht liberaler sei.



Um Gerichtsprozessen zu entgehen stellt nicht mehr die schwedische Piratenpartei der Pirate Bay den Zugang zum Internet zur Verfügung, sondern die Schwesterparteien aus Norwegen und Katalonien.

Die Pirate Bay wurde 2003 in Stockholm gegründet und war lange Zeit der weltweit meistbenutzte digitale Vermittlungsdienst für große Dateien. Zwischen der Plattform und den schwedischen Piraten - der ersten Piratenpartei überhaupt - gibt es eine zumindest informelle Zusammenarbeit, seitdem sich diese 2006 formierten. Den Internet-Zugang zur Pirate Bay bot die Partei seit 2010 an, nachdem die Maschinen der Pirate Bay, die anfangs nur in Schweden stationiert waren, längst in vielen anderen Ländern operiert hatten. Die 'Allianz des Rechts', die bis 2011 'Antipiratenbüro' hieß, ist für wenig konventionelle Mittel bekannt: In der Vergangenheit versendete sie massenhaft Androhungen von Strafverfolgung, ließ einzelne Nutzer des Internets registrieren und schickte einen Undercover-Agenten in ein Stockholmer Unternehmen, das Server-Kapazitäten vermietet.

Anna Troberg, die Vorsitzende der schwedischen Piraten, sagte nun der Presse, sie halte es für juristisch zweifelhaft, wenn die Industrie den Bürgern vorschreibe, wie man im Internet miteinander zu kommunizieren habe. Man erwäge daher, selbst juristisch gegen die 'Allianz des Rechts' vorzugehen. Tatsächlich dürfte eine solche Auseinandersetzung der Piratenpartei nicht unwillkommen sein: Als die Gründer der Pirate Bay im Jahr 2009 vor Gericht standen und schließlich zu Freiheitsentzug und zu hohen Geldstrafen verurteilt wurden, kam die Partei in Schweden in der Europawahl auf sieben Prozent der Stimmen - eine Zustimmung, von der sie heute weit entfernt ist. Es brauche aber nur einen 'Funken', versichert Anna Troberg, 'um Leute vor einer Wahl zu mobilisieren'.

Unterdessen wurde das Logo der Pirate Bay im Netz geändert. Zeigte es bislang ein Piratenschiff, auf dessen Großsegel sich zwei Knochen unter einer Audiokassette kreuzten, stellt es nunmehr auch einen vierköpfigen Drachen dar, der sich hinter dem Schiff erhebt. 'The Hydra Bay' ist darunter zu lesen, als Hinweis darauf, dass der Firma, wenn man ihr einen Kopf abschlage, sogleich ein paar neue wüchsen - womöglich in Katalonien. Die Änderung sollte aber nur einen Tag lang gelten.

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