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Vereint in Verwirrung

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In der Union melden sich immer mehr Politiker mit ihrer Meinung zur Gleichstellung der Homo-Ehe zu Wort. Der frühere Verfassungsgerichtspräsident gibt den Gegnern keine Chance

Berlin - In der Union werden die Verwirrung und der Streit in der Debatte über die Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit der Ehe immer größer. Vertreter des konservativen Flügels und der CSU sperren sich strikt dagegen, das steuerliche Ehegattensplitting zu ändern oder auf Lebenspartnerschaften auszuweiten. Erneut meldeten sich am Dienstag Gegner und Befürworter einer weiteren Liberalisierung zu Wort. Am Montagabend hatten führende Unions-Politiker noch versucht, die Wogen zu glätten - vorerst wohl vergeblich. Am Nachmittag wollte die Unionsfraktion im Bundestag erstmals nach dem Vorstoß der Fraktionsspitze über das Thema debattieren. Einem Antrag der SPD-geführten Bundesländer zur vollen steuerlichen Gleichstellung will die Union an diesem Freitag im Bundesrat jedoch nicht zustimmen. Der parlamentarische Geschäftsführer Michael Grosse-Brömer sagte, die Union werde sich eine eigene Meinung bilden und 'nicht Schaufensteranträgen der Opposition nachlaufen'.



In der Union äußern sich immer mehr Politiker über eine Gleichstellung der Homo-Ehe.

Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, machte den Gegnern der Gleichstellung keine große Hoffnung. Der Bild-Zeitung sagte Papier: 'Die Privilegierung der Ehe im Verhältnis zur eingetragenen Lebenspartnerschaft ist rechtlich nicht mehr zu halten.' Zwar bleibe der besondere Schutz der Ehe nach Artikel 6 des Grundgesetzes weiterhin bestehen, fügte der Verfassungsrechtler hinzu. 'Ihn mit Leben zu füllen, wird aber immer schwieriger.' Papier sieht keinen Spielraum für den Gesetzgeber. 'Durch die Einführung der eingetragenen Partnerschaft im Jahre 2001 und die Billigung durch das Bundesverfassungsgericht im Jahre 2002 sind die Würfel gefallen', sagte er. Spätere Urteile hätten die Gleichstellung immer wieder verlangt.

Die Unterscheidung nach der sexuellen Orientierung sei grundsätzlich verfassungsrechtlich unzulässig. 'Das hat auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte so entschieden.' Eine rechtliche Unterscheidung zwischen Ehe und Partnerschaft ist nach Ansicht Papiers nicht möglich. 'Die Sonderstellung der Ehe im Grundgesetz wird damit begründet, dass sie auf Dauer angelegt ist und auf der für den Partner übernommenen Verantwortung gründet. Darin unterscheiden sich Ehe und eingetragene Partnerschaft nicht. Im Grunde sind Ehe und eingetragene Partnerschaft juristisch gesehen weitestgehend gleich.'

Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) ermunterte ihre Partei zu einer offenen Debatte. Es gebe keine Alternative zu einem vollen Adoptionsrecht für homosexuelle Lebensgemeinschaften. Karlsruhe habe 'ein deutliches Signal' gegeben, das jetzt in ein Gesetz umgegossen werden müsse, sagte die CDU-Politikerin im Deutschlandfunk. Sie riet ihrer Partei, 'die notwendige Diskussion zu führen und da auch handlungsfähig zu werden'. Die Union müsse in diesem Bereich 'keine Angst haben', sagte Kramp-Karrenbauer. Es gebe dazu ja auch Vorschläge, die 'noch einmal eine alte Beschlussfassung in Richtung Familiensplitting mit aufgreifen'.

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt äußerte sich überrascht über Äußerungen zu einer umfassenden Gleichstellung Schwuler und Lesben. 'Ehe und Familie haben für uns einen ganz besonderen Stellenwert. Und deswegen wollen wir auch künftig eine Privilegierung', sagte sie. 'Für uns ist die Werteorientierung von ganz entscheidender Bedeutung.' Gegen eine Prüfung habe die CSU aber nichts. Auch der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzenden Armin Laschet verlangte, dass Ehen zwischen Mann und Frau weiterhin staatlichen und rechtlichen Vorrang genießen. 'Nicht Gleichstellung darf das Prinzip sein, sondern man muss sich darüber verständigen, was gefördert werden soll', sagte Laschet der Welt. 'Wer alles fördert, der fördert am Ende gar nichts mehr.' Der Gesetzgeber müsse die Chance haben, einen besonderen Sachverhalt zu fördern. 'Nicht die komplette Gleichstellung aller Lebensformen, sondern die Förderung eines Lebens mit Kindern ist im staatlichen Interesse. Alles andere ist Privatsache.'

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