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Die Hochzeitsfrage

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Ihre Gegner sehen den Untergang des Abendlandes nahen. Die Befürworter begreifen ihre Sache als die Bürgerrechtsfrage des 21. Jahrhunderts: In Amerikas soll das Oberste Gericht über die Homo-Ehe entscheiden.

In einem Punkt immerhin sind sich beide Lager einig: Es stehe, so bezeugen Befürworter wie Gegner der Homo-Ehe, alles auf dem Spiel, wenn Amerikas höchstes Gericht am Dienstag und Mittwoch dieser Woche prüft, ob schwule und lesbische Paare sich in den USA im Standesamt das Ja-Wort geben dürfen. Konservative Aktivisten warnen, Amerikas abendländisches Erbe und 'die jüdisch-christliche Definition der Ehe' sei dem Untergang geweiht, falls eine Mehrheit von fünf der neun Richter die Homo-Ehe für verfassungskonform hielte. Derweil deuten Befürworter gleichgeschlechtlicher Ehen den Streit als 'die Bürgerrechts-Frage des 21.Jahrhunderts' - und unken, im Falle einer Niederlage drohe allen Minderheiten Amerikas der ein 'Gegenschlag' der Konservativen.



In Amerika steht die gerichtliche Entscheidung über die gleichgeschlechtliche Ehe an.

Amerikas oberste Richter wissen, dass sie mit ihrem im Juni zu erwartenden Urteilen de facto Politik machen - und nicht jedem ist wohl dabei. 'Eine Demokratie sollte bei ihren wichtigen Entscheidungen nicht davon abhängen, was neun nicht-gewählte Menschen mit einem engen juristischen Hintergrund zu sagen haben', mahnte kürzlich Anthony Kennedy, also ausgerechnet jener Richter, der oft das Zünglein an der Waage spielt in einem Gremium, in dem jeweils vier Kollegen verlässlich konservativ oder links-liberal Recht sprechen. Der Streit darum, wer heiraten darf, macht die Nation zum juristischen Flickenteppich: 40 US-Bundesstaaten verbieten die Homo-Ehe, neun Staaten sowie die Hauptstadt Washington erlauben sie. Umfragen signalisieren allerdings eine klaren Trend: Fast drei Fünftel aller Amerikaner befürworten sie mittlerweile (noch 2004 waren es nur 41 Prozent).

Dieser Stimmungswandel erklärt, warum der frühere Präsident Bill Clinton den Richtern heute rät, ein Bundesgesetz für verfassungswidrig zu erklären, das er 1996 mit seiner eigenen Unterschrift in Kraft gesetzt hatte: Der 'Defense of Marriage Act' (Doma, Gesetz zur Verteidigung der Ehe) verbietet der Regierung in Washington, schwulen oder lesbischen Ehepaaren dieselben Vorteile im Steuer-, Versicherungs- oder Sozialrecht zu gewähren, die heterosexuelle Paare genießen. Die Kläger - angeführt von einer 83-jährigen Witwe, die nach dem Tod ihrer Lebenspartnerin 360000 Dollar Erbschaftssteuer zahlen musste - sehen dies als Verstoß gegen das Prinzip der Gleichheit aller vor dem Gesetz. Auch Präsident Barack Obama ließ das Gericht wissen, er wolle Doma abgeschafft sehen. Falls die Richter ihm folgen, würden die Rechte von etwa 120000 homosexuellen Paaren mit Trauschein gestärkt.

Viele Experten orakeln, eine solche Entscheidung des Supreme Court sei auch deshalb wahrscheinlich, weil Clintons seinerzeitiges Ehe-Verteidigungsgesetz die Kompetenzen der Bundesstaaten verletze. Richter Kennedy, der Richter zwischen den Lagern, gilt als leidenschaftlicher Gegner von solcherlei Überregulierung aus Washington. Nur, ein Urteil gegen Doma allein würde wenig ändern: Denn die einzelstaatlichen Regeln, Gesetze und Verfassungen blieben in Kraft, die bisher Homo-Ehen in vier Fünftel aller US-Staaten untersagen.

Deshalb hoffen die Vorkämpfer für die Rechte von Schwulen und Lesben vor allem auf den Prozess, der mit einer Anhörung am Dienstag beginnt: den Streit um Kaliforniens Verfassung, die seit 2008 kategorisch jede Homo-Ehe verbietet. Damals hatten die Bürger an Amerikas Westküste per Volksabstimmung entschieden, nur 'Ehen zwischen einem Mann und einer Frau' anzuerkennen. Die Kläger deuten dies als pure Diskriminierung. Sie verlangen, der Oberste Gerichtshof müsse das Bürgerrecht auf Eheschließung schützen, schließlich gebiete die US-Verfassung, dass kein einzelner Bundesstaat seine Bürger selbstherrlich benachteiligen dürfe. Als Vorbild verweisen die Anwälte der Homo-Bewegung auf die juristischen Kämpfe für die Rechte der Afroamerikaner im Süden der USA und auf einen Musterprozess von 1967, als der Supreme Court alle einzelstaatliche Regeln kassierte, die Ehen zwischen Schwarzen und Weißen verboten.

Fraglich ist freilich, ob die Richter den Mut zu solch einem Grundsatzurteil haben. Kenner des Gerichtshofs mutmaßen, die neun Richter würden sich mit Hilfe juristischer Verfahrensfragen um eine allzu eindeutige Entscheidung drücken - und den Streit um die Homo-Ehe zurück an die Politiker und ihre Wähler verweisen.

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