Das Vorgehen des Gerichts bei der Akkreditierungsvergabe für den NSU-Prozess löst europaweit Empörung aus.
Das Oberlandesgericht (OLG) München wird im In- und Ausland dafür kritisiert, wie es den NSU-Prozess angeht. Unter anderem wirft jetzt auch die EU-Kommission dem Gericht vor, jedes Gespür fehlen zu lassen. Justizkommissarin Viviane Reding sagte der Süddeutschen Zeitung, die Vergabe der Medienplätze für das Verfahren sei 'suboptimal gelaufen'. Sie könne 'gar nicht verstehen, dass man überhaupt eine Diskussion über diese Frage entstehen ließ'. Es sei doch 'das Normalste von der Welt, dass ausländische Medien, erst recht aus Ländern mit Betroffenen, dem Prozess beiwohnen wollen', sagte Reding. Der Menschenrechtskommissar des Europarats, Nils Muiznieks aus Lettland, nannte die Entscheidung des Gerichts 'schwer verständlich'.
Für türkische Medien ist während des NSU Prozesses bisher kein Platz
Wie berichtet, sieht sich das OLG außerstande, Reportern aus Griechenland und der Türkei - den Herkunftsländern der Ermordeten - feste Plätze im Saal zur Verfügung zu stellen. Es gibt dort nur 50 Journalistenplätze, und Medien aus den beiden Ländern waren nicht unter den ersten 50, die sich akkreditierten. Eine Übertragung des Prozesses in einen zweiten Saal lehnt das Gericht ab.
Kritik gibt es auch von der Bundesregierung, wenngleich überwiegend verpackt in verklausulierte Formulierungen - die Regierung will erkennbar nicht den Eindruck erwecken, die Unabhängigkeit der dritten Gewalt in Frage zu stellen. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin, 'die Hoffnung muss sein', dass mit dem großen Medieninteresse in Griechenland und der Türkei 'auch sensibel umgegangen wird'. Sein Kollege vom Auswärtigen Amt, Martin Schäfer, ergänzte, es wäre 'schön', wenn Journalisten aus den beiden Ländern 'angemessen berichten können'. Wie dies geschehen könne, sei aber Sache der Justiz. Die einzige Regierungspolitikerin, die sich am Mittwoch äußerte - und dies sogar deutlich -, war die für Integration zuständige Staatsministerin im Kanzleramt, Maria Böhmer (CDU). Plätze für griechische und türkische Medien seien 'unverzichtbar', sagte sie. 'In diesem Fall schaut die ganze Welt auf Deutschland.'
In der Türkei und auch in der Türkischen Gemeinde in Deutschland löst das Vorgehen des Gerichts nicht nur Befremden aus. Es machen sich auch pauschale Verdächtigungen breit. 'Gerechtigkeit nach deutscher Art!', titelte die Tageszeitung Milliyet am Mittwoch; noch heftiger wurde der Ehrenvorsitzende der Türkischen Gemeinde, Hakki Keskin. Hier zeige sich 'nicht nur fehlende Sensibilität, sondern eine bewusste Ignoranz, ja Diskriminierungspolitik gegen Deutschlandtürken und gegen die Türkei, die in Teilen der Gesellschaft, Politik und Justiz seit Jahrzehnten' zu beobachten sei, sagte Keskin. Er war bis 2009 Bundestagsabgeordneter der Linken.
Einen Vorschlag wiederum machte der hessische Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP). Er schrieb am Mittwoch einen Brief, der an seine bayerische Amtskollegin Beate Merk (CSU), das Münchner Gericht sowie die Intendanten von sieben öffentlich-rechtlichen Sendern ging. Hahn formulierte, 'mit Erstaunen' habe er wahrgenommen, dass auf der Liste der 50 akkreditierten Medien 'gleich sieben' öffentlich-rechtliche Sender stünden: BR, NDR, SWR, MDR, WDR, Deutschlandradio und ZDF. Er schlage vor, dass zwei Anstalten 'in Absprache mit dem Oberlandesgericht' ihre Plätze türkischen Medien zur Verfügung stellten. Das wäre ein 'besonderes Zeichen der Solidarität', schrieb Hahn.
Reaktionen dazu lagen bisher nicht vor - allerdings verbreitet das Gericht den Eindruck, von derlei Ideen nichts zu halten. Mehrere Medien hatten angeboten, ihre Akkreditierung zurückzugeben, die Bild-Zeitung bot nach eigener Darstellung an, ihren Platz den Kollegen von Hürriyet zu überlassen - aber Gerichtssprecherin Margarete Nötzel sagte, ein solcher Tausch sei nicht möglich. Eine Sichtweise, die Grünen-Chef Cem Özdemir offenbar nicht teilt: 'Ich habe so das Gefühl, da wird sehr stark nach den Paragrafen geschaut', sagte er dem Hessischen Rundfunk. Das sei bei einem Gericht auch richtig, aber: 'Herz und Empathie sind ja nicht illegal.'
Das Oberlandesgericht (OLG) München wird im In- und Ausland dafür kritisiert, wie es den NSU-Prozess angeht. Unter anderem wirft jetzt auch die EU-Kommission dem Gericht vor, jedes Gespür fehlen zu lassen. Justizkommissarin Viviane Reding sagte der Süddeutschen Zeitung, die Vergabe der Medienplätze für das Verfahren sei 'suboptimal gelaufen'. Sie könne 'gar nicht verstehen, dass man überhaupt eine Diskussion über diese Frage entstehen ließ'. Es sei doch 'das Normalste von der Welt, dass ausländische Medien, erst recht aus Ländern mit Betroffenen, dem Prozess beiwohnen wollen', sagte Reding. Der Menschenrechtskommissar des Europarats, Nils Muiznieks aus Lettland, nannte die Entscheidung des Gerichts 'schwer verständlich'.
Für türkische Medien ist während des NSU Prozesses bisher kein Platz
Wie berichtet, sieht sich das OLG außerstande, Reportern aus Griechenland und der Türkei - den Herkunftsländern der Ermordeten - feste Plätze im Saal zur Verfügung zu stellen. Es gibt dort nur 50 Journalistenplätze, und Medien aus den beiden Ländern waren nicht unter den ersten 50, die sich akkreditierten. Eine Übertragung des Prozesses in einen zweiten Saal lehnt das Gericht ab.
Kritik gibt es auch von der Bundesregierung, wenngleich überwiegend verpackt in verklausulierte Formulierungen - die Regierung will erkennbar nicht den Eindruck erwecken, die Unabhängigkeit der dritten Gewalt in Frage zu stellen. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin, 'die Hoffnung muss sein', dass mit dem großen Medieninteresse in Griechenland und der Türkei 'auch sensibel umgegangen wird'. Sein Kollege vom Auswärtigen Amt, Martin Schäfer, ergänzte, es wäre 'schön', wenn Journalisten aus den beiden Ländern 'angemessen berichten können'. Wie dies geschehen könne, sei aber Sache der Justiz. Die einzige Regierungspolitikerin, die sich am Mittwoch äußerte - und dies sogar deutlich -, war die für Integration zuständige Staatsministerin im Kanzleramt, Maria Böhmer (CDU). Plätze für griechische und türkische Medien seien 'unverzichtbar', sagte sie. 'In diesem Fall schaut die ganze Welt auf Deutschland.'
In der Türkei und auch in der Türkischen Gemeinde in Deutschland löst das Vorgehen des Gerichts nicht nur Befremden aus. Es machen sich auch pauschale Verdächtigungen breit. 'Gerechtigkeit nach deutscher Art!', titelte die Tageszeitung Milliyet am Mittwoch; noch heftiger wurde der Ehrenvorsitzende der Türkischen Gemeinde, Hakki Keskin. Hier zeige sich 'nicht nur fehlende Sensibilität, sondern eine bewusste Ignoranz, ja Diskriminierungspolitik gegen Deutschlandtürken und gegen die Türkei, die in Teilen der Gesellschaft, Politik und Justiz seit Jahrzehnten' zu beobachten sei, sagte Keskin. Er war bis 2009 Bundestagsabgeordneter der Linken.
Einen Vorschlag wiederum machte der hessische Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP). Er schrieb am Mittwoch einen Brief, der an seine bayerische Amtskollegin Beate Merk (CSU), das Münchner Gericht sowie die Intendanten von sieben öffentlich-rechtlichen Sendern ging. Hahn formulierte, 'mit Erstaunen' habe er wahrgenommen, dass auf der Liste der 50 akkreditierten Medien 'gleich sieben' öffentlich-rechtliche Sender stünden: BR, NDR, SWR, MDR, WDR, Deutschlandradio und ZDF. Er schlage vor, dass zwei Anstalten 'in Absprache mit dem Oberlandesgericht' ihre Plätze türkischen Medien zur Verfügung stellten. Das wäre ein 'besonderes Zeichen der Solidarität', schrieb Hahn.
Reaktionen dazu lagen bisher nicht vor - allerdings verbreitet das Gericht den Eindruck, von derlei Ideen nichts zu halten. Mehrere Medien hatten angeboten, ihre Akkreditierung zurückzugeben, die Bild-Zeitung bot nach eigener Darstellung an, ihren Platz den Kollegen von Hürriyet zu überlassen - aber Gerichtssprecherin Margarete Nötzel sagte, ein solcher Tausch sei nicht möglich. Eine Sichtweise, die Grünen-Chef Cem Özdemir offenbar nicht teilt: 'Ich habe so das Gefühl, da wird sehr stark nach den Paragrafen geschaut', sagte er dem Hessischen Rundfunk. Das sei bei einem Gericht auch richtig, aber: 'Herz und Empathie sind ja nicht illegal.'