Der US-Bundesstaat Colorado plant die Freigabe von Marihuana in kleinen Mengen - doch das stößt in Washington auf erhebliche Bedenken
In der Vitrine liegt alles, was die Kunden betört. Zitronen-Bonbon, Tinktur mit Orangen- und Agave-Geschmack, Käsekuchen und Schokokekse, Cannabis-Kaugummi, Joints. Das ist das Zeugs, mit dem 'Good Meds', die alternative Klein-Apotheke in Lakewood, Colorado, redlich ihr Geld verdient. Alles geht, bisher jedenfalls, streng nach ärztlicher Vorschrift über den Ladentisch: Die Kunden in der Kleinstadt am Fuß der Rocky Mountains müssen ein Rezept vorlegen, wollen sie ihre Miniration Marihuana zur medizinischen Behandlung ergattern. Doch längst rüstet sich 'Good Meds' fürs große Geschäft. Colorados Bürger haben per Volksentscheid die Legalisierung von Hanfprodukten verfügt: Demnächst solle jedermann 'high' sein dürfen in Amerikas Westen.
Schon geht das Wort vom 'Green Rush' um, vom 'Grünen Rausch' also, der Colorados Wirtschaft ähnlich beflügeln möge wie einst der legendäre 'Gold Rush' Kalifornien reich machte. Von 186 Millionen Umsatz im Jahr 2011 auf bis zu einer Milliarde Dollar 2014 könne der Marihuana-Markt allein in Colorado expandieren, heißt es, wenn der Staat nächstes Jahr die Geschäfte mit der sanften Droge freigebe. Unverhohlen verheißen Investment-Berater Anlegern, allein der Absatz medizinischen Marihuanas werde in den Vereinigten Staaten bis 2016 von derzeit 17 auf 29 Milliarden Dollar wuchern.
Merkwürdig ist nur, dass mutmaßliche Profiteure wie Kristie Kerry, die Managerin von 'Good Meds' in Lakewood, sich so gar nicht berauschen mögen an den vermeintlich blühenden Aussichten. Zwar hat Kerrys Kleinbetrieb viel Geld investiert in neue, hochmoderne Gewächshäuser; dort sprießen, von Speziallampen bestrahlt und von Luftbefeuchtern verwöhnt, mehr Cannabis-Pflanzen denn je. Aber die 35-jährige Chefin traut dem Gerede vom heraufziehenden Boom nicht. Sie weiß: Uncle Sam, die mächtige Regierung im fernen Washington, kann alle Träume der 500 Cannabis-Betriebe im Staat zerstören, per Federstrich, und mit Razzien.
Denn Colorados Drang zur Freigabe von Kraut und Drogen-Drops widerspricht Amerikas Bundesgesetzen. Zwar zaudern Barack Obama und sein Justizminister Eric Holder seit Monaten, ob sie gegen den 'Green Rush' vorgehen wollen. Aber wenn die beiden Herren es so wollen, könnten schon morgen FBI und DEA - die Kriminalisten und Rauschgiftermittler der Nation - bei 'Good Meds' in der Ladentür stehen und alle Ware beschlagnahmen. Schon jetzt muss der Laden sämtliche Verkäufe in bar abwickeln und all die Dollarscheine in großen, mit Bolzen im Fußboden gesicherten Kübeln verwahren: Aus Angst vor Washingtons Rache verweigern die Banken der Branche Konto und Kredit. 'Wer von uns das Glück hat, noch Girokonten zu besitzen, der hütet die mit seinem Leben', hat Kristi Kerry der Washington Post anvertraut. Den Wirbel, der jetzt über ihr hereinbricht, habe sie stets gefürchtet, weshalb sie im Herbst bei der Volksabstimmung sogar gegen ihre Überzeugung und gegen 'Proposition 64' votiert habe. Also gegen den Freiverkauf von bis zu einer Unze Marihuana (28,5 Gramm) für jedermann.
Am 6. November 2012 half Colorado mit, Barack Obama vier weitere Jahre im Weißen Haus zu sichern. Zugleich stimmten 54 Prozent der Bürger (und 80 Prozent der Jungwähler unter 30 Jahren) für die Freigabe des Kleinkonsums von Marihuana. Der Genuss von Cannabis solle spätestens von 2014 an ähnlich toleriert, gesetzlich gezügelt und besteuert werden wie Bier, Wein oder Whiskey: Kein Schmauch in der Öffentlichkeit - aber freies Kiffen in den eigenen vier Wänden. Mittlerweile öffnen überall im Staat private Clubs ihre Pforten, wo Gleichgesinnte zu Reggae oder besinnlicher Musik rauchen oder potente Kekse knabbern können.
Absurdistan in Amerika: Ausgerechnet Barack Obama, der Triumphator und Held jenes 6. Novembers, ist nun die größte Bedrohung für Colorados Rauschfreunde. Zwar hat der Präsident neulich in einem Interview angedeutet, seine Staatsanwälte und Bundespolizisten hätten weitaus Wichtigeres zu tun 'als Drogenverbraucher in einem Staat zu verfolgen der dies für legal erklärt hat'. Derweil versicherte sein getreuer Minister Holder bei einer Anhörung im Senat, seine Experten prüften weiterhin die Rechtslage. Beiden Männern sitzt nicht nur die republikanische Opposition im Nacken, die schon jetzt beklagt, die Regierung ignoriere ihre eigenen Gesetze. Acht ehemalige Direktoren von Washingtons Drogenbekämpfungs-Behörde DEA riefen Anfang März in einem Brandbrief dazu auf, die Regierung müsse endlich durchgreifen in Colorado - und neben dem Recht vor allem Amerikas Jugend schützen.
Doch Minister Holder wartet ab. Seine Beamten wollen erst all die lokalen Gesetze studieren, über die dieser Tage Colorados Parlament berät. In vielen Kleingesetzen will der Staat alles regeln: Die Marihuana-Steuer, die in die Landeskasse fließen soll, die Ansprüche an Ausbildung und Leumund der Joint-Verkäufer, ja sogar die Kontrolle der Hanf-Produktion von Aussaat bis Ernte. Eine Studie über die Erfahrungen beim Verkauf von Marihuana stieß auf allerlei Mängel. Das muss besser werden. Sonst muss Washington zuschlagen. Allen voran die Demokraten, die in Denver die Mehrheit haben in beiden Parlamentskammern, wissen sehr wohl: Je glaubwürdiger sie am Fuße der Rocky Mountains ihre Drogenwirtschaft reglementieren, desto leichter wird Uncle Sam wegschauen. Und fortbleiben.
In der Vitrine liegt alles, was die Kunden betört. Zitronen-Bonbon, Tinktur mit Orangen- und Agave-Geschmack, Käsekuchen und Schokokekse, Cannabis-Kaugummi, Joints. Das ist das Zeugs, mit dem 'Good Meds', die alternative Klein-Apotheke in Lakewood, Colorado, redlich ihr Geld verdient. Alles geht, bisher jedenfalls, streng nach ärztlicher Vorschrift über den Ladentisch: Die Kunden in der Kleinstadt am Fuß der Rocky Mountains müssen ein Rezept vorlegen, wollen sie ihre Miniration Marihuana zur medizinischen Behandlung ergattern. Doch längst rüstet sich 'Good Meds' fürs große Geschäft. Colorados Bürger haben per Volksentscheid die Legalisierung von Hanfprodukten verfügt: Demnächst solle jedermann 'high' sein dürfen in Amerikas Westen.
Schon geht das Wort vom 'Green Rush' um, vom 'Grünen Rausch' also, der Colorados Wirtschaft ähnlich beflügeln möge wie einst der legendäre 'Gold Rush' Kalifornien reich machte. Von 186 Millionen Umsatz im Jahr 2011 auf bis zu einer Milliarde Dollar 2014 könne der Marihuana-Markt allein in Colorado expandieren, heißt es, wenn der Staat nächstes Jahr die Geschäfte mit der sanften Droge freigebe. Unverhohlen verheißen Investment-Berater Anlegern, allein der Absatz medizinischen Marihuanas werde in den Vereinigten Staaten bis 2016 von derzeit 17 auf 29 Milliarden Dollar wuchern.
Merkwürdig ist nur, dass mutmaßliche Profiteure wie Kristie Kerry, die Managerin von 'Good Meds' in Lakewood, sich so gar nicht berauschen mögen an den vermeintlich blühenden Aussichten. Zwar hat Kerrys Kleinbetrieb viel Geld investiert in neue, hochmoderne Gewächshäuser; dort sprießen, von Speziallampen bestrahlt und von Luftbefeuchtern verwöhnt, mehr Cannabis-Pflanzen denn je. Aber die 35-jährige Chefin traut dem Gerede vom heraufziehenden Boom nicht. Sie weiß: Uncle Sam, die mächtige Regierung im fernen Washington, kann alle Träume der 500 Cannabis-Betriebe im Staat zerstören, per Federstrich, und mit Razzien.
Denn Colorados Drang zur Freigabe von Kraut und Drogen-Drops widerspricht Amerikas Bundesgesetzen. Zwar zaudern Barack Obama und sein Justizminister Eric Holder seit Monaten, ob sie gegen den 'Green Rush' vorgehen wollen. Aber wenn die beiden Herren es so wollen, könnten schon morgen FBI und DEA - die Kriminalisten und Rauschgiftermittler der Nation - bei 'Good Meds' in der Ladentür stehen und alle Ware beschlagnahmen. Schon jetzt muss der Laden sämtliche Verkäufe in bar abwickeln und all die Dollarscheine in großen, mit Bolzen im Fußboden gesicherten Kübeln verwahren: Aus Angst vor Washingtons Rache verweigern die Banken der Branche Konto und Kredit. 'Wer von uns das Glück hat, noch Girokonten zu besitzen, der hütet die mit seinem Leben', hat Kristi Kerry der Washington Post anvertraut. Den Wirbel, der jetzt über ihr hereinbricht, habe sie stets gefürchtet, weshalb sie im Herbst bei der Volksabstimmung sogar gegen ihre Überzeugung und gegen 'Proposition 64' votiert habe. Also gegen den Freiverkauf von bis zu einer Unze Marihuana (28,5 Gramm) für jedermann.
Am 6. November 2012 half Colorado mit, Barack Obama vier weitere Jahre im Weißen Haus zu sichern. Zugleich stimmten 54 Prozent der Bürger (und 80 Prozent der Jungwähler unter 30 Jahren) für die Freigabe des Kleinkonsums von Marihuana. Der Genuss von Cannabis solle spätestens von 2014 an ähnlich toleriert, gesetzlich gezügelt und besteuert werden wie Bier, Wein oder Whiskey: Kein Schmauch in der Öffentlichkeit - aber freies Kiffen in den eigenen vier Wänden. Mittlerweile öffnen überall im Staat private Clubs ihre Pforten, wo Gleichgesinnte zu Reggae oder besinnlicher Musik rauchen oder potente Kekse knabbern können.
Absurdistan in Amerika: Ausgerechnet Barack Obama, der Triumphator und Held jenes 6. Novembers, ist nun die größte Bedrohung für Colorados Rauschfreunde. Zwar hat der Präsident neulich in einem Interview angedeutet, seine Staatsanwälte und Bundespolizisten hätten weitaus Wichtigeres zu tun 'als Drogenverbraucher in einem Staat zu verfolgen der dies für legal erklärt hat'. Derweil versicherte sein getreuer Minister Holder bei einer Anhörung im Senat, seine Experten prüften weiterhin die Rechtslage. Beiden Männern sitzt nicht nur die republikanische Opposition im Nacken, die schon jetzt beklagt, die Regierung ignoriere ihre eigenen Gesetze. Acht ehemalige Direktoren von Washingtons Drogenbekämpfungs-Behörde DEA riefen Anfang März in einem Brandbrief dazu auf, die Regierung müsse endlich durchgreifen in Colorado - und neben dem Recht vor allem Amerikas Jugend schützen.
Doch Minister Holder wartet ab. Seine Beamten wollen erst all die lokalen Gesetze studieren, über die dieser Tage Colorados Parlament berät. In vielen Kleingesetzen will der Staat alles regeln: Die Marihuana-Steuer, die in die Landeskasse fließen soll, die Ansprüche an Ausbildung und Leumund der Joint-Verkäufer, ja sogar die Kontrolle der Hanf-Produktion von Aussaat bis Ernte. Eine Studie über die Erfahrungen beim Verkauf von Marihuana stieß auf allerlei Mängel. Das muss besser werden. Sonst muss Washington zuschlagen. Allen voran die Demokraten, die in Denver die Mehrheit haben in beiden Parlamentskammern, wissen sehr wohl: Je glaubwürdiger sie am Fuße der Rocky Mountains ihre Drogenwirtschaft reglementieren, desto leichter wird Uncle Sam wegschauen. Und fortbleiben.