Weil er Witze über Präsident Mursi und seine Muslimbrüder macht, nehmen die Staatsanwälte den ägyptischen Satiriker Bassem Jussef ins Visier. Kollegen aus Amerika stehen ihm bei.
Der differenzierteste Beitrag kam von einem befreundeten Satiriker. Der Amerikaner Jon Stewart widmete den Angriffen auf seinen ägyptischen Kollegen Bassem Jussef ganze elf Minuten seiner "Daily Show". Jussef drohe Gefängnis, weil er Witze über die Kopfbedeckung und das dürftige Englisch des Präsidenten gemacht habe? "Genau damit hab ich acht Jahre lang Karriere gemacht." Dann zeigte Stewart George W. Bush mit Cowboyhut. Die ägyptische Staatsanwaltschaft habe Jussef verhört, weil dieser in seiner Sendung "El-Bernamig" (Das Programm) die Religion beleidige? Stewart führte Videos mit antisemitischen Ausfällen Mohammed Mursis vor, in denen er, zum Beispiel, dazu aufrief, "unsere Kinder und Enkel mit dem Hass auf sie zu nähren: auf Zionisten, auf Juden." Er zeigte ein Mursi-Interview, in dem dieser - nun Präsident - schwört, Jussef und die Opposition hätten nichts zu befürchten. Ohne Jussef, so Stewart an Mursi, ohne Blogger, Journalisten und Protestierende, die vor zwei Jahren auf den Tahrir-Platz gezogen waren, "hätten Sie, Herr Präsident, heute gar keine Gelegenheit, sie zu unterdrücken."
Über das Englisch des ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi witzelte der Satiriker Bassem Jussef. Damit wird er nun zum Staatsfeind.
Die feine Dialektik im Verhältnis der Islamisten zur Meinungsfreiheit hätte Bassem Jussef nicht besser zeigen können. Aber wie das mit Zwischenrufen aus Amerika so ist: Sie finden in Ägypten oft ein anderes Echo. Die juristischen Angriffe auf Bassem Jussef und seine Satire-Show gingen trotz amerikanischer Kommentare weiter. Mehr noch: Sie haben auch das Klima zwischen Kairo und Washington verdüstert.
Im Interview mit Christiane Amanpour von CNN hatte sich Jussef unbeeindruckt gegeben. Ägypten gehe eben durch eine Phase, die Islamisten wälzten die Verantwortung für ihr Scheitern in der Regierung auf die Medien ab, er sei Ägypter und Muslim und stolz darauf, aber er ertrage eben jene nicht, die ein Monopol auf den Islam erhöben und so der Religion schadeten, kurz: auch in der nächsten Sendung werde er "Spaß" haben. Auf Twitter aber vermeldete er kurz darauf neue Ermittlungen gegen die letzte Folge des Programms. Man werfe ihm vor, Gerüchte zu verbreiten und den Frieden zu stören. Jussef: "Sieht so aus, als wollten sie uns physisch, emotional und finanziell zermürben." Mehr noch: Die Investitionsbehörde drohte dem Sender CBC mit Lizenzentzug, sollte dieser Jussefs Show in unveränderter Form ausstrahlen: Sendungen, die Extremismus schürten und gegen staatliche Organe hetzten, werde man nicht tolerieren.
Informationsminister Salah Abdel Maksud erklärte dennoch, Ägyptens Medien seien so frei wie nie. Und Präsident Mursi wies twitternd alle Kritik von sich. Nicht er, sondern ägyptische Bürger hätten die Klage gegen Jussef angestrengt. Die Staatsanwaltschaft sei unabhängig, teilte Mursi mit, erwähnte aber nicht, dass er den Generalstaatsanwalt eingesetzt hatte und ein Gericht die Entscheidung erst vor kurzem für unrechtmäßig erklärt hatte, so dass Ägypten derzeit eigentlich zwei Generalstaatsanwälte hat. Schließlich schrieb Mursi den schönen Satz: "Alle Bürger haben das Recht, ihre Meinung zu sagen ohne die Einschränkungen des früheren Regimes."
Dies nun sieht man in Washington nicht mehr ganz so. Der Haftbefehl gegen den einstigen Herzchirurgen und heutigen Star-Satiriker Jussef sei "Beweis für eine beunruhigende Tendenz, die Meinungsfreiheit einzuschränken", sagte Victoria Nuland, Sprecherin des State Department. Außenminister John Kerry äußerte "schwere Bedenken" über Ägyptens Weg, nachdem er erst vor ein paar Tagen ein paar Millionen Dollar Finanzhilfe versprochen hatte: "Dies ist ein Schlüsselmoment." Die amerikanische Botschaft in Kairo goss Öl ins Feuer und verbreitete den Link mit der Jon-Stewart-Show. Und das alles vor der Ankunft von Delegierten des Internationalen Währungsfonds, der einen dringend benötigten Milliardenkredit bewilligen soll.
Für die Muslimbrüder in und um die Regierung waren die Mahnungen aus Amerika eine "himmelschreiende" Einmischung, "dreist" und grundlos. Amerika übe zu viel Nachsicht angesichts der Verleumdung des Islam. "Wieder ein undiplomatischer und unkluger Zug der amerikanischen Botschaft in Kairo, ergreift Partei in einer laufenden Ermittlung, ignoriert ägyptische Gesetze und Kultur", twitterte die Muslimbruder-Partei "Freiheit und Gerechtigkeit" säuerlich.
Es ist ein seltener Dissens. Die amerikanische Regierung, so kritisieren nämlich Ägyptens Liberale, habe sich mit den Muslimbrüdern viel zu gut arrangiert. Im begreiflichen Bemühen, einen gewählten Präsidenten zu respektieren, übergehe Washington die Opposition. Der liberale Abgeordnete Amr Hamsawi beispielsweise wirft Amerika vor, alte Fehler zu wiederholen: Wie unter Mubarak schweige Washington zu Menschenrechtsverletzungen und politischer Unterdrückung. Wie damals behandele Washington die Regierungspartei als alternativlos, schreibt er. Für Hamsawi ist das eine Katastrophe. Für den Satiriker Jussef ein Fest.
Der differenzierteste Beitrag kam von einem befreundeten Satiriker. Der Amerikaner Jon Stewart widmete den Angriffen auf seinen ägyptischen Kollegen Bassem Jussef ganze elf Minuten seiner "Daily Show". Jussef drohe Gefängnis, weil er Witze über die Kopfbedeckung und das dürftige Englisch des Präsidenten gemacht habe? "Genau damit hab ich acht Jahre lang Karriere gemacht." Dann zeigte Stewart George W. Bush mit Cowboyhut. Die ägyptische Staatsanwaltschaft habe Jussef verhört, weil dieser in seiner Sendung "El-Bernamig" (Das Programm) die Religion beleidige? Stewart führte Videos mit antisemitischen Ausfällen Mohammed Mursis vor, in denen er, zum Beispiel, dazu aufrief, "unsere Kinder und Enkel mit dem Hass auf sie zu nähren: auf Zionisten, auf Juden." Er zeigte ein Mursi-Interview, in dem dieser - nun Präsident - schwört, Jussef und die Opposition hätten nichts zu befürchten. Ohne Jussef, so Stewart an Mursi, ohne Blogger, Journalisten und Protestierende, die vor zwei Jahren auf den Tahrir-Platz gezogen waren, "hätten Sie, Herr Präsident, heute gar keine Gelegenheit, sie zu unterdrücken."
Über das Englisch des ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi witzelte der Satiriker Bassem Jussef. Damit wird er nun zum Staatsfeind.
Die feine Dialektik im Verhältnis der Islamisten zur Meinungsfreiheit hätte Bassem Jussef nicht besser zeigen können. Aber wie das mit Zwischenrufen aus Amerika so ist: Sie finden in Ägypten oft ein anderes Echo. Die juristischen Angriffe auf Bassem Jussef und seine Satire-Show gingen trotz amerikanischer Kommentare weiter. Mehr noch: Sie haben auch das Klima zwischen Kairo und Washington verdüstert.
Im Interview mit Christiane Amanpour von CNN hatte sich Jussef unbeeindruckt gegeben. Ägypten gehe eben durch eine Phase, die Islamisten wälzten die Verantwortung für ihr Scheitern in der Regierung auf die Medien ab, er sei Ägypter und Muslim und stolz darauf, aber er ertrage eben jene nicht, die ein Monopol auf den Islam erhöben und so der Religion schadeten, kurz: auch in der nächsten Sendung werde er "Spaß" haben. Auf Twitter aber vermeldete er kurz darauf neue Ermittlungen gegen die letzte Folge des Programms. Man werfe ihm vor, Gerüchte zu verbreiten und den Frieden zu stören. Jussef: "Sieht so aus, als wollten sie uns physisch, emotional und finanziell zermürben." Mehr noch: Die Investitionsbehörde drohte dem Sender CBC mit Lizenzentzug, sollte dieser Jussefs Show in unveränderter Form ausstrahlen: Sendungen, die Extremismus schürten und gegen staatliche Organe hetzten, werde man nicht tolerieren.
Informationsminister Salah Abdel Maksud erklärte dennoch, Ägyptens Medien seien so frei wie nie. Und Präsident Mursi wies twitternd alle Kritik von sich. Nicht er, sondern ägyptische Bürger hätten die Klage gegen Jussef angestrengt. Die Staatsanwaltschaft sei unabhängig, teilte Mursi mit, erwähnte aber nicht, dass er den Generalstaatsanwalt eingesetzt hatte und ein Gericht die Entscheidung erst vor kurzem für unrechtmäßig erklärt hatte, so dass Ägypten derzeit eigentlich zwei Generalstaatsanwälte hat. Schließlich schrieb Mursi den schönen Satz: "Alle Bürger haben das Recht, ihre Meinung zu sagen ohne die Einschränkungen des früheren Regimes."
Dies nun sieht man in Washington nicht mehr ganz so. Der Haftbefehl gegen den einstigen Herzchirurgen und heutigen Star-Satiriker Jussef sei "Beweis für eine beunruhigende Tendenz, die Meinungsfreiheit einzuschränken", sagte Victoria Nuland, Sprecherin des State Department. Außenminister John Kerry äußerte "schwere Bedenken" über Ägyptens Weg, nachdem er erst vor ein paar Tagen ein paar Millionen Dollar Finanzhilfe versprochen hatte: "Dies ist ein Schlüsselmoment." Die amerikanische Botschaft in Kairo goss Öl ins Feuer und verbreitete den Link mit der Jon-Stewart-Show. Und das alles vor der Ankunft von Delegierten des Internationalen Währungsfonds, der einen dringend benötigten Milliardenkredit bewilligen soll.
Für die Muslimbrüder in und um die Regierung waren die Mahnungen aus Amerika eine "himmelschreiende" Einmischung, "dreist" und grundlos. Amerika übe zu viel Nachsicht angesichts der Verleumdung des Islam. "Wieder ein undiplomatischer und unkluger Zug der amerikanischen Botschaft in Kairo, ergreift Partei in einer laufenden Ermittlung, ignoriert ägyptische Gesetze und Kultur", twitterte die Muslimbruder-Partei "Freiheit und Gerechtigkeit" säuerlich.
Es ist ein seltener Dissens. Die amerikanische Regierung, so kritisieren nämlich Ägyptens Liberale, habe sich mit den Muslimbrüdern viel zu gut arrangiert. Im begreiflichen Bemühen, einen gewählten Präsidenten zu respektieren, übergehe Washington die Opposition. Der liberale Abgeordnete Amr Hamsawi beispielsweise wirft Amerika vor, alte Fehler zu wiederholen: Wie unter Mubarak schweige Washington zu Menschenrechtsverletzungen und politischer Unterdrückung. Wie damals behandele Washington die Regierungspartei als alternativlos, schreibt er. Für Hamsawi ist das eine Katastrophe. Für den Satiriker Jussef ein Fest.