In der Auseinandersetzung um einen Militärschlag gegen Iran liefern sich Israels Premier Netanjahu und US-Präsident Obama einen offenen Schlagabtausch.
Die Samthandschuhe sind längst abgestreift, mit bloßen Händen wird nun geboxt. Zwischen Israels Premierminister Benjamin Netanjahu und der US- Regierung von Präsident Barack Obama ist ein Kampf im diplomatischen Freistil ausgebrochen, und das nicht einmal mehr hinter den Kulissen, sondern in aller Öffentlichkeit. Es geht um den Umgang mit dem iranischen Atomprogramm. Israelische Angriffsdrohungen und der amerikanische Wahlkampf bilden die Kulisse, und im Publikum dürfen es sich nun auch die Mullahs aus Teheran gemütlich machen. Denn wenn zwei sich streiten, kann der Dritte in größerer Ruhe Zentrifugen installieren und Uran anreichern.
US-Präsident Obama und der israelische Premierminister Netanjahu sind in Sachen Iran nicht einer Meinung
Eingeläutet hatte die erste Runde dieses Kampfes Netanjahu mit der kessen Ankündigung, er verhandle gerade mit Washington über 'rote Linien' für das iranische Nuklearprogramm, bei deren Überschreitung zwangsläufig ein Militärschlag erfolgen soll. Dies war nichts anderes als der Versuch, Obama in einen Kriegs-Automatismus zu zwingen. Washington sollte blind vollstrecken, was in Jerusalem geplant wurde - 'wag the dog' nennt man das in Amerika: Der Schwanz wollte mit dem Hund wedeln. Das ging der US-Regierung dann doch zu weit.
Als erste stieg US-Außenministerin Hillary Clinton in den Ring. Rote Linien werde es nicht geben, erklärte sie per Interview, Verhandlungen seien 'der weitaus beste Weg', um Iran von der Atombombe abzubringen. Das war ein linker Haken, und dieser Treffer muss Netanjahus Sinne benebelt haben. Jedenfalls sah er nun Rot und nutzte eine Pressekonferenz mit dem bulgarischen Premier zu einem Frontalangriff auf die US-Regierung. 'Wer sich weigert, Iran rote Linien zu ziehen, hat kein moralisches Recht, Israel rotes Licht zu zeigen', polterte er. Das klang mutig, war aber übermütig, denn aus Washington kam gleich noch ein Konter. Netanjahus Wunsch, bei seinem Ende September zur UN-Vollversammlung anstehenden USA-Besuch wie immer auch Obama zu treffen, wurde vom Weißen Haus abgelehnt. Aus Termingründen, versteht sich.
Das alles war so derb und deutlich, dass in der Nacht zum Mittwoch auch ein diplomatischer Rettungsversuch den technischen K.O. der israelisch-amerikanischen Beziehungen nicht mehr verhindern konnte. Eine ganze Stunde, so wurde eiligst verkündet, hätten Netanjahu und Obama miteinander telefoniert. Man sei sich 'einig', dass Iran nicht in den Besitz von Atomwaffen gelangen dürfe. Über den Weg zu diesem Ziel herrscht jedoch weiter allergrößte Uneinigkeit.
Doch es geht bei diesem Kampf ja längst nicht mehr nur um Iran. Es geht um die Wiederwahl von Barack Obama - und Netanjahu wird den Verdacht nicht mehr los, dass er dies notfalls auch auf dem Umweg über Teheran hintertreiben will. Aus seiner Herzensbindung an die Republikaner und den alten Weggefährten Mitt Romney hat er ja nie einen Hehl gemacht, und auch im Weißen Haus kann niemand übersehen, wie die beiden nun versuchen, Obama in die Zange zu nehmen.
Romney nutzt die Iran-Debatte, um den Amtsinhaber als Weichling darzustellen, der die Teheraner Bombenbastler nicht in die Schranken weise und dabei auch noch Verrat am jüdischen Staat übe. Obama, so sagt er gern, habe 'Israel unter den Bus geworfen'. Unter solchen Vorzeichen erschien es wohl als zu gefährlich, Netanjahu nun auch noch im Weißen Haus die Bühne für weitere Angriffe zu bieten. Schließlich erinnert man sich noch mit Schrecken an dessen Besuch im Sommer 2011, als er Obama vor laufender Kamera im Oval Office erst eine Geschichtslektion erteilte und sich anschließend von den republikanischen Freunden im Kongress auf Kosten des Präsidenten mit stehenden Ovationen feiern ließ.
Nun zahlt ihm Obama mit der Verweigerung eines Treffens manche Demütigung zurück. Auch im Wahlkampf erscheint mit Blick auf die jüdischen Wähler eine Absage immer noch besser als ein offener Streit vor Publikum. Es ist also wohl die Zeit gekommen, da Netanjahu erkennen müsste, dass er seine Kräfte überschätzt hat - und das nicht nur in der Auseinandersetzung mit Obama, sondern auch im Fernduell mit Teheran.
Denn auch in Israel glaubt mittlerweile kaum noch jemand daran, dass der Regierungschef seinen dröhnenden Drohungen zum Trotz überhaupt in der Lage zu einem militärischen Alleingang gegen Iran wäre. Im Sicherheitsapparat gibt es hörbaren Widerstand, in der Regierung ist keine Mehrheit in Sicht, der Präsident ist ihm in die Parade gefahren, und nun hat ihn auch noch sein einziger Partner allein auf dem Kriegspfad stehen lassen. Verteidigungsminister Ehud Barak, der Seit" an Seit" mit Netanjahu stets die Dringlichkeit eines Angriffs auf die Atomanlagen beschworen hatte, hat plötzlich eine Kehrtwende eingeleitet und ist auf den Washingtoner Kurs umgeschwenkt. Innenpolitisches Kalkül darf dahinter wohl ebenso vermutet werden wie amerikanische Abwerbungsbemühungen.
Den jüngsten Kampf zwischen Netanjahu und Obama hat er vom Rand des Rings aus beobachtet und dann sogleich eine Erklärung veröffentlicht, die sich im staatsmännischen Ton deutlich abheben sollte vom Preisboxer-Stil des Premiers. Meinungsverschiedenheiten sollten hinter verschlossenen Türen geklärt werden, und niemand dürfe vergessen, dass die USA der engste Verbündete Israels seien. Deshalb, so folgerte er, 'müssen wir alles tun, um die Partnerschaft mit den USA nicht zu beschädigen'. Die Treffer für Netanjahu kommen nun von allen Seiten.
Die Samthandschuhe sind längst abgestreift, mit bloßen Händen wird nun geboxt. Zwischen Israels Premierminister Benjamin Netanjahu und der US- Regierung von Präsident Barack Obama ist ein Kampf im diplomatischen Freistil ausgebrochen, und das nicht einmal mehr hinter den Kulissen, sondern in aller Öffentlichkeit. Es geht um den Umgang mit dem iranischen Atomprogramm. Israelische Angriffsdrohungen und der amerikanische Wahlkampf bilden die Kulisse, und im Publikum dürfen es sich nun auch die Mullahs aus Teheran gemütlich machen. Denn wenn zwei sich streiten, kann der Dritte in größerer Ruhe Zentrifugen installieren und Uran anreichern.
US-Präsident Obama und der israelische Premierminister Netanjahu sind in Sachen Iran nicht einer Meinung
Eingeläutet hatte die erste Runde dieses Kampfes Netanjahu mit der kessen Ankündigung, er verhandle gerade mit Washington über 'rote Linien' für das iranische Nuklearprogramm, bei deren Überschreitung zwangsläufig ein Militärschlag erfolgen soll. Dies war nichts anderes als der Versuch, Obama in einen Kriegs-Automatismus zu zwingen. Washington sollte blind vollstrecken, was in Jerusalem geplant wurde - 'wag the dog' nennt man das in Amerika: Der Schwanz wollte mit dem Hund wedeln. Das ging der US-Regierung dann doch zu weit.
Als erste stieg US-Außenministerin Hillary Clinton in den Ring. Rote Linien werde es nicht geben, erklärte sie per Interview, Verhandlungen seien 'der weitaus beste Weg', um Iran von der Atombombe abzubringen. Das war ein linker Haken, und dieser Treffer muss Netanjahus Sinne benebelt haben. Jedenfalls sah er nun Rot und nutzte eine Pressekonferenz mit dem bulgarischen Premier zu einem Frontalangriff auf die US-Regierung. 'Wer sich weigert, Iran rote Linien zu ziehen, hat kein moralisches Recht, Israel rotes Licht zu zeigen', polterte er. Das klang mutig, war aber übermütig, denn aus Washington kam gleich noch ein Konter. Netanjahus Wunsch, bei seinem Ende September zur UN-Vollversammlung anstehenden USA-Besuch wie immer auch Obama zu treffen, wurde vom Weißen Haus abgelehnt. Aus Termingründen, versteht sich.
Das alles war so derb und deutlich, dass in der Nacht zum Mittwoch auch ein diplomatischer Rettungsversuch den technischen K.O. der israelisch-amerikanischen Beziehungen nicht mehr verhindern konnte. Eine ganze Stunde, so wurde eiligst verkündet, hätten Netanjahu und Obama miteinander telefoniert. Man sei sich 'einig', dass Iran nicht in den Besitz von Atomwaffen gelangen dürfe. Über den Weg zu diesem Ziel herrscht jedoch weiter allergrößte Uneinigkeit.
Doch es geht bei diesem Kampf ja längst nicht mehr nur um Iran. Es geht um die Wiederwahl von Barack Obama - und Netanjahu wird den Verdacht nicht mehr los, dass er dies notfalls auch auf dem Umweg über Teheran hintertreiben will. Aus seiner Herzensbindung an die Republikaner und den alten Weggefährten Mitt Romney hat er ja nie einen Hehl gemacht, und auch im Weißen Haus kann niemand übersehen, wie die beiden nun versuchen, Obama in die Zange zu nehmen.
Romney nutzt die Iran-Debatte, um den Amtsinhaber als Weichling darzustellen, der die Teheraner Bombenbastler nicht in die Schranken weise und dabei auch noch Verrat am jüdischen Staat übe. Obama, so sagt er gern, habe 'Israel unter den Bus geworfen'. Unter solchen Vorzeichen erschien es wohl als zu gefährlich, Netanjahu nun auch noch im Weißen Haus die Bühne für weitere Angriffe zu bieten. Schließlich erinnert man sich noch mit Schrecken an dessen Besuch im Sommer 2011, als er Obama vor laufender Kamera im Oval Office erst eine Geschichtslektion erteilte und sich anschließend von den republikanischen Freunden im Kongress auf Kosten des Präsidenten mit stehenden Ovationen feiern ließ.
Nun zahlt ihm Obama mit der Verweigerung eines Treffens manche Demütigung zurück. Auch im Wahlkampf erscheint mit Blick auf die jüdischen Wähler eine Absage immer noch besser als ein offener Streit vor Publikum. Es ist also wohl die Zeit gekommen, da Netanjahu erkennen müsste, dass er seine Kräfte überschätzt hat - und das nicht nur in der Auseinandersetzung mit Obama, sondern auch im Fernduell mit Teheran.
Denn auch in Israel glaubt mittlerweile kaum noch jemand daran, dass der Regierungschef seinen dröhnenden Drohungen zum Trotz überhaupt in der Lage zu einem militärischen Alleingang gegen Iran wäre. Im Sicherheitsapparat gibt es hörbaren Widerstand, in der Regierung ist keine Mehrheit in Sicht, der Präsident ist ihm in die Parade gefahren, und nun hat ihn auch noch sein einziger Partner allein auf dem Kriegspfad stehen lassen. Verteidigungsminister Ehud Barak, der Seit" an Seit" mit Netanjahu stets die Dringlichkeit eines Angriffs auf die Atomanlagen beschworen hatte, hat plötzlich eine Kehrtwende eingeleitet und ist auf den Washingtoner Kurs umgeschwenkt. Innenpolitisches Kalkül darf dahinter wohl ebenso vermutet werden wie amerikanische Abwerbungsbemühungen.
Den jüngsten Kampf zwischen Netanjahu und Obama hat er vom Rand des Rings aus beobachtet und dann sogleich eine Erklärung veröffentlicht, die sich im staatsmännischen Ton deutlich abheben sollte vom Preisboxer-Stil des Premiers. Meinungsverschiedenheiten sollten hinter verschlossenen Türen geklärt werden, und niemand dürfe vergessen, dass die USA der engste Verbündete Israels seien. Deshalb, so folgerte er, 'müssen wir alles tun, um die Partnerschaft mit den USA nicht zu beschädigen'. Die Treffer für Netanjahu kommen nun von allen Seiten.