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Wasserträger

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Wie kam das Wasser auf die Erde? Reiste es einst Huckepack auf Asteroiden – auf felsigen Brocken, die wie kleine Planeten um die Sonne kreisten und mit der jungen Erde kollidierten? Oder hatten Kometen es im Gepäck, Schweifsterne aus den eisigen Tiefen des Sonnensystems, die ab und zu der Erde einen Besuch abstatteten?



Die Sonde Rosetta untersucht seit Monaten den Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko.

Lange Zeit bevorzugten Astronomen die Kometen-Hypothese. Nun schlägt das Pendel wieder in Richtung der Asteroiden aus. Verantwortlich dafür sind erste Ergebnisse des europäischen Kometenjägers Rosetta, die Forscher jetzt im Fachmagazin Science (online) veröffentlicht haben.

Im vergangenen Monat hatte die Rosetta-Sonde Beobachter fasziniert, als sie einen kleinen Roboter namens Philae auf dem Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko absetzte. Wenige Tage nach seiner holprigen Landung verstummte Philae allerdings. Rosetta selbst ist deutlich produktiver und untersucht mit ihren elf wissenschaftlichen Instrumenten seit Monaten schon den Kometen. Ein Massenspektrometer namens Rosina bestimmt dabei die Häufigkeit einzelner Atome und Moleküle – darunter auch das Verhältnis von Wasserstoff zu seiner deutlich schwereren Variante Deuterium. Mit diesem sogenannten Isotopenverhältnis lässt sich – wie mit einem Fingerabdruck – die Herkunft von Wasser bestimmen.

Bei den bislang aus der Ferne untersuchten Kometen lag der Wert meist nahe an den Verhältnissen in den irdischen Ozeanen. Die Resultate von Rosetta, mit deren Hilfe nun erstmals Fingerabdrücke vor Ort genommen werden können, deuten dagegen auf einen anderen Ursprung des Wassers hin. In der Gashülle von Tschurjumow-Gerassimenko ist das Verhältnis von Deuterium zu Wasserstoff demnach dreimal so hoch wie auf der Erde. „Das ist der wohl größte Anteil an schwerem Wasser in allen bekannten Himmelskörpern des Sonnensystems“, sagt Rosina-Projektleiterin Kathrin Altwegg von der Universität Bern.

Das Ergebnis steht allerdings im Widerspruch zu Messungen des europäischen Weltraumteleskops Herschel. Mit dessen Kamera haben Astronomen vor drei Jahren den Fingerabdruck des Kometen Hartley 2 beobachtet und dabei kaum Unterschiede zum irdischen Wasser entdeckt. Wie Tschurjumow-Gerassimenko stammt Hartley 2 aus dem Kuipergürtel, einem Kometenparkplatz unweit der Neptunbahn.

Für Matt Taylor, Rosetta-Projektwissenschaftler bei der Europäischen Raumfahrtagentur Esa, muss das kein Widerspruch sein. „Je tiefer die Temperaturen bei der Entstehung sind, desto höher ist der Anteil von schwerem Wasserstoff“, sagt Taylor. Folglich spreche einiges dafür, dass die Kometen des Kuipergürtels in unterschiedlicher Distanz zur Sonne entstanden sind.

Die daraus resultierende Mischung verschiedener Deuterium-Fingerabdrücke spiegelt sich allerdings nicht in den irdischen Ozeanen wider. Für Kometenforscherin Altwegg ist daher klar: „Das Wasser ist höchst wahrscheinlich von Asteroiden und nicht von Kometen auf die Erde gebracht worden.“ Alexander Stirn

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