Rüdiger Winter ist am Morgen wieder im Regen gestanden. Es war dieser klischeehafte, gemeine Hamburger Regen, bei dem man das Gefühl hat, es regnete einem sogar von unten in die Kapuze. Bald ist man völlig durchnässt und durchgefroren, aber Rüdiger Winter hat durchgehalten, ist doch klar. Es hat sich nicht gelohnt. Auch klar. „Die hatten natürlich vorgesorgt“, sagt Winter. „Wir konnten nur zwei überhaupt ansprechen, und die wollten nicht mit uns reden.“ Die, die vorgesorgt haben sollen, das sind die Betreiber eines ziemlich herunter gekommenen Hotels im Hamburger Stadtteil St.Georg. Und die, die nicht reden wollten, das sind die Zimmermädchen.
Die Organisation "Arbeit und Leben Hamburg" kümmert sich um Arbeitnehmer aus dem europäischen Ausland, die in Deutschland ausgebeutet werden. Vor allem Zimmermädchen sind betroffen.
Rüdiger Winter arbeitet bei „Arbeit und Leben Hamburg“, einer Organisation, die mehrheitlich von der Gewerkschaft getragen wird, und die sich um Probleme kümmert, die mit der europäischen Arbeitnehmerfreizügigkeit zu tun haben. Oder deutlicher: Damit, dass viele Arbeitnehmer aus dem europäischen Ausland in Deutschland „übers Ohr gehauen“ werden, wie Winter das formuliert. „Die sprechen die Sprache nicht, die wissen nichts über die Arbeitsschutzgesetze hier oder über unser Sozialversicherungssystem. Und das nützen eben viele aus.“
Vor allem Firmen, die von Hotelbetreibern mit der Zimmerreinigung beauftragt werden, nützen das aus, scheint es. Mehrere hundert Fälle hat Hamburg und Leben seit Anfang 2014 vor Gericht gebracht, seit die Arbeitnehmerfreizügigkeit auch für Bürger aus Rumänien und Bulgarien gilt. Frauen aus diesen Ländern sind der Statistik nach besonders betroffen; die Firmenbetreiber sind gewitzt. Beliebt ist die Methode, formal zwar den für die Reinigungsbranche vorgeschriebenen Mindestlohn von 9,55Euro zu bezahlen, die Menschen aber das Drei- oder Vierfache der offiziellen Stundenzahl arbeiten zu lassen. Oft wird eine Zimmerzahl festgesetzt, die geschafft werden muss – aber der Zeitplan ist völlig unrealistisch. Neun Zimmer binnen 60 Minuten, inklusive Müll wegbringen, Bad putzen, Bettwäsche wechseln, Staubsaugen. Wer kann das schaffen?
Deshalb stellt sich Rüdiger Winter vor die Hotels, trotz des gemeinen Regens. Er hat Flyer dabei, die über die Rechte von Arbeitnehmern aufklären sollen, auf Bulgarisch, Polnisch, Rumänisch. Und die erklären, wo man Hilfe bekommt, wenn man mitten in Deutschland von seinem Arbeitgeber menschenunwürdig behandelt wird.
Natürlich hätte es eine bessere Möglichkeit gegeben. Im vergangenen Frühjahr gab es schon einmal eine große öffentliche Diskussion um die Ausbeutung von Reinigungspersonal besonders in Hamburger Hotels. Die geknechteten Zimmermädchen waren Stadtgespräch, viele Hoteliers fürchteten um das Image der Branche. Also präsentierte man: eine Plakataktion. Arbeit und Leben, die Organisation von Rüdiger Winter, und der Hotelverband Dehoga Hamburg entwickelten zusammen ein Poster, das in den Umkleideräumen der Zimmermädchen ausgehängt werden sollte. Darauf steht, in verschiedenen Sprachen, wie hoch der Mindestlohn ist, dass man Anspruch auf 28 Tage Urlaub hat und Überstunden bezahlt werden müssen.
Es gab dann wieder eine Menge Schlagzeilen in den Regionalzeitungen, diesmal müssen sie den Hoteliers gefallen haben. Menschen von Dehoga und Menschen aus den großen schicken Hotels der Stadt hielten das Plakat in die Kameras. Jetzt wird alles gut, nicht wahr?
Dann passierte: nichts. „Die Plakate liegen bei uns im Keller“, sagt Rüdiger Winter. „Ist langsam ein bisschen Staub drauf.“ Bei Dehoga sieht man das anders. Sie gehe davon aus, dass „etwa um die 40 Stück“ ausgehängt wurden, sagt die Geschäftsführerin Ulrike von Albedyll. „Aber natürlich sollten es mehr sein, das stimmt schon.“ Immerhin gebe es einige Hotels, die kooperativ seien und die Plakate freiwillig ausgehängt hätten, sagt Albedyll. Rüdiger Winter sagt, die wenigen kooperativen Hotels seien ja genau die, in denen das Personal ohnehin gut behandelt werde. Deshalb wird er sich in ein paar Tagen wieder hinstellen, in den Regen. Und schauen, ob ihm jemand zuhört.
Die Organisation "Arbeit und Leben Hamburg" kümmert sich um Arbeitnehmer aus dem europäischen Ausland, die in Deutschland ausgebeutet werden. Vor allem Zimmermädchen sind betroffen.
Rüdiger Winter arbeitet bei „Arbeit und Leben Hamburg“, einer Organisation, die mehrheitlich von der Gewerkschaft getragen wird, und die sich um Probleme kümmert, die mit der europäischen Arbeitnehmerfreizügigkeit zu tun haben. Oder deutlicher: Damit, dass viele Arbeitnehmer aus dem europäischen Ausland in Deutschland „übers Ohr gehauen“ werden, wie Winter das formuliert. „Die sprechen die Sprache nicht, die wissen nichts über die Arbeitsschutzgesetze hier oder über unser Sozialversicherungssystem. Und das nützen eben viele aus.“
Vor allem Firmen, die von Hotelbetreibern mit der Zimmerreinigung beauftragt werden, nützen das aus, scheint es. Mehrere hundert Fälle hat Hamburg und Leben seit Anfang 2014 vor Gericht gebracht, seit die Arbeitnehmerfreizügigkeit auch für Bürger aus Rumänien und Bulgarien gilt. Frauen aus diesen Ländern sind der Statistik nach besonders betroffen; die Firmenbetreiber sind gewitzt. Beliebt ist die Methode, formal zwar den für die Reinigungsbranche vorgeschriebenen Mindestlohn von 9,55Euro zu bezahlen, die Menschen aber das Drei- oder Vierfache der offiziellen Stundenzahl arbeiten zu lassen. Oft wird eine Zimmerzahl festgesetzt, die geschafft werden muss – aber der Zeitplan ist völlig unrealistisch. Neun Zimmer binnen 60 Minuten, inklusive Müll wegbringen, Bad putzen, Bettwäsche wechseln, Staubsaugen. Wer kann das schaffen?
Deshalb stellt sich Rüdiger Winter vor die Hotels, trotz des gemeinen Regens. Er hat Flyer dabei, die über die Rechte von Arbeitnehmern aufklären sollen, auf Bulgarisch, Polnisch, Rumänisch. Und die erklären, wo man Hilfe bekommt, wenn man mitten in Deutschland von seinem Arbeitgeber menschenunwürdig behandelt wird.
Natürlich hätte es eine bessere Möglichkeit gegeben. Im vergangenen Frühjahr gab es schon einmal eine große öffentliche Diskussion um die Ausbeutung von Reinigungspersonal besonders in Hamburger Hotels. Die geknechteten Zimmermädchen waren Stadtgespräch, viele Hoteliers fürchteten um das Image der Branche. Also präsentierte man: eine Plakataktion. Arbeit und Leben, die Organisation von Rüdiger Winter, und der Hotelverband Dehoga Hamburg entwickelten zusammen ein Poster, das in den Umkleideräumen der Zimmermädchen ausgehängt werden sollte. Darauf steht, in verschiedenen Sprachen, wie hoch der Mindestlohn ist, dass man Anspruch auf 28 Tage Urlaub hat und Überstunden bezahlt werden müssen.
Es gab dann wieder eine Menge Schlagzeilen in den Regionalzeitungen, diesmal müssen sie den Hoteliers gefallen haben. Menschen von Dehoga und Menschen aus den großen schicken Hotels der Stadt hielten das Plakat in die Kameras. Jetzt wird alles gut, nicht wahr?
Dann passierte: nichts. „Die Plakate liegen bei uns im Keller“, sagt Rüdiger Winter. „Ist langsam ein bisschen Staub drauf.“ Bei Dehoga sieht man das anders. Sie gehe davon aus, dass „etwa um die 40 Stück“ ausgehängt wurden, sagt die Geschäftsführerin Ulrike von Albedyll. „Aber natürlich sollten es mehr sein, das stimmt schon.“ Immerhin gebe es einige Hotels, die kooperativ seien und die Plakate freiwillig ausgehängt hätten, sagt Albedyll. Rüdiger Winter sagt, die wenigen kooperativen Hotels seien ja genau die, in denen das Personal ohnehin gut behandelt werde. Deshalb wird er sich in ein paar Tagen wieder hinstellen, in den Regen. Und schauen, ob ihm jemand zuhört.