Der Mann ist so vom Geheimnis umgeben, dass nicht einmal über die Schreibweise seines Namens Einigkeit besteht, obwohl fast jeder Argentinier ihn schon mal gehört hat. Ein Teil der Hauptstadtpresse nennt ihn Stiuso, andere schreiben ihn mit zwei „s“, Stiusso. Und auch über den Vornamen besteht kein Konsens, manche benutzen Antonio, andere „Jaime“, was aber offenbar ein Deckname ist. Klar ist, dass Antonio „Jaime“ Stiuso die Schlüsselfigur ist in der Affäre um den mysteriösen Tod des Sonderermittlers Alberto Nisman, der sich in Argentinien zur Staatskrise ausgeweitet hat.
Stiuso arbeitete seit 1972 für den berüchtigten argentinischen Sicherheitsdienst SI, hat also Diktatur und Demokratie gedient, was für seine Wendigkeit spricht. Der Buenos Aires Herald nennt ihn einen „mythischen Masterspion“, der alle Geheimnisse der Elite kenne, weshalb die Mächtigen vor ihm zitterten. Stiuso war Operationschef des SI – bis Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner ihn vor Jahreswechsel feuerte. Grund waren heftige Kontroversen über die Parallelstrukturen, die der mächtige Stiuso aufgebaut hatte.
Eine Frau hält ein Schild mit der Aufschrift 'Justicia' - Gerechtigkeit, und fordert Aufklärung im Fall des ermordeten Staatsanwalts Alberto Nisman.
Im Januar setzte der 61-Jährige sich ins Nachbarland Uruguay ab, wenige Tage vor dem Tod des Staatsanwalts Nisman, mit dem er eng zusammengearbeitet hatte bei der Aufklärung des Anschlags auf das jüdische Kulturzentrum Amia in Buenos Aires von 1994, bei dem 85 Menschen starben. Stiuso war zuständig für das Wühlen im Verborgenen, das Abhören von Telefonen und andere Drecksarbeit. Staatsanwalt Nisman arbeitete die Informationen mit 40 Mitarbeitern juristisch auf. „Jaime“ Stiuso galt als Nismans rechte Hand – oder war es umgekehrt? Aussagen der Ex-Frau Nismans, der Richterin Sandra Arroyo Salgado, lassen die Vermutung zu. Nisman war „Stiusos Mann“, das behauptet vor allem Präsidentin Kirchner: Nach ihrer Version ist der Staatsanwalt benutzt worden, um gegen ihre Regierung Front zu machen.
Am Tag nach seinem Tod hätte Nisman für die Regierung peinliche Rechercheergebnisse im Fall Amia vor dem Kongress präsentieren wollen. Nisman wollte Kirchner, Außenminister Timerman und Ex-Präsident Carlos Menem anklagen, die Aufklärung des Amia-Attentats verschleppt zu haben. Die Regierung versucht nun den Eindruck zu erwecken, Stiuso habe Nisman in den Wochen zuvor mit teils falschen Informationen im Fall Amia gefüttert, um sich an Kirchner für den Rauswurf zu rächen. Nisman könnte dies in letzter Minute gemerkt haben, sich mit dem Ex-Geheimdienstchef überworfen und dies mit dem Leben bezahlt haben. Das ist in etwa die Essenz der Andeutungen der Regierung.
Am Wochenende kam heraus, dass der Schuss, der Nisman tötete, aus nur einem Zentimeter Entfernung von seinem Kopf abgefeuert worden war. Die Staatsanwaltschaft geht von Selbstmord aus, untersucht allerdings auch, ob der Sonderermittler womöglich dazu getrieben wurde. Die Waffe hatte Nisman von einem Mitarbeiter bekommen, weil er sich bedroht fühlte.
Agent Stiuso wiederum fühlt sich von der Regierung verfolgt. Er brachte seine Familie vorsichtshalber nach Uruguay, wie die spanische Zeitung El Mundo berichtete. Er und Nisman hatten Front gemacht gegen das Memorandum der Regierung Kirchner mit Iran von 2013. Darin hatten sich beide Seiten verständigt, das Amia-Attentat gemeinsam aufzuklären. Nisman und Stiuso hingegen hatten Iran klar als Drahtzieher gesehen und nur in diese Richtung ermittelt. Nisman warf Kirchner vor, die Aufklärung wirtschaftlichen Interessen geopfert zu haben. Iran hat die Attentats-Vorwürfe stets zurückgewiesen. Das Memorandum sei kein Versuch, mit Öl Straffreiheit zu kaufen, sondern die Wahrheit herauszufinden, sagte Irans Geschäftsträger in Buenos Aires am Wochenende.
Äußerst unzufrieden mit Kirchners Iran-Politik ist die jüdische Gemeinde von Buenos Aires, die endlich Aufklärung will. Aus den Wikileaks-Unterlagen geht hervor, dass ein Vertreter der Gemeinde sich auch bei der US-Botschaft beschwerte, Kirchners Regierung manipuliere den Fall Amia. Nisman unterhielt ebenfalls enge Kontakte zur US-Botschaft, er unterrichtete sie regelmäßig über die Ermittlungen. Das alles wurde der Regierung allmählich lästig. Aus Opportunismus gegenüber Iran, wie Nisman behauptete? Oder liegen ihr andere Erkenntnisse über die Hintermänner vor? Noch immer gibt es mehr Fragen als Antworten.
Angereichert wird das Mysterium nun noch durch die Flucht des Journalisten Damian Pachter aus Argentinien. Der Reporter, der für den Buenos Aires Herald arbeitete, hatte als erster via Twitter den Tod des Staatsanwalts gemeldet. Weil er nach eigenen Angaben um sein Leben fürchtet und sich von der argentinischen Regierung verfolgt fühlt, ist er Hals über Kopf in seine zweite Heimat Israel getürmt, wo er am Sonntagabend ankam. Von dort aus ließ er wissen, dass er erst zurückkehren werde, wenn er sich nicht mehr bedroht fühle. „Ich denke nicht, dass das unter dieser Regierung geschehen wird“, sagte er.
In einem teils sehr geheimnisvoll gehaltenen Beitrag für die Zeitung Haaretz schildert Pachter die Umstände seiner Flucht, die ihm von einer vertrauenswürdigen Quelle empfohlen worden sei. Er berichtet von der ersten geheimen Information über Nismans Tod und den anschließenden Versuchen der Regierung Kirchner, ihn unter Druck zu setzen. Sein Telefon sei abgehört worden, und ein Agent habe ihn verfolgt. Details über seine Bedrohung gab er nicht preis, kündigte aber an, dass er zu gegebener Zeit Beweise vorlegen werde. Er habe immer noch nicht alles durchschaut, was ihm widerfahren sei, schreibt er.
Stiuso arbeitete seit 1972 für den berüchtigten argentinischen Sicherheitsdienst SI, hat also Diktatur und Demokratie gedient, was für seine Wendigkeit spricht. Der Buenos Aires Herald nennt ihn einen „mythischen Masterspion“, der alle Geheimnisse der Elite kenne, weshalb die Mächtigen vor ihm zitterten. Stiuso war Operationschef des SI – bis Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner ihn vor Jahreswechsel feuerte. Grund waren heftige Kontroversen über die Parallelstrukturen, die der mächtige Stiuso aufgebaut hatte.
Eine Frau hält ein Schild mit der Aufschrift 'Justicia' - Gerechtigkeit, und fordert Aufklärung im Fall des ermordeten Staatsanwalts Alberto Nisman.
Im Januar setzte der 61-Jährige sich ins Nachbarland Uruguay ab, wenige Tage vor dem Tod des Staatsanwalts Nisman, mit dem er eng zusammengearbeitet hatte bei der Aufklärung des Anschlags auf das jüdische Kulturzentrum Amia in Buenos Aires von 1994, bei dem 85 Menschen starben. Stiuso war zuständig für das Wühlen im Verborgenen, das Abhören von Telefonen und andere Drecksarbeit. Staatsanwalt Nisman arbeitete die Informationen mit 40 Mitarbeitern juristisch auf. „Jaime“ Stiuso galt als Nismans rechte Hand – oder war es umgekehrt? Aussagen der Ex-Frau Nismans, der Richterin Sandra Arroyo Salgado, lassen die Vermutung zu. Nisman war „Stiusos Mann“, das behauptet vor allem Präsidentin Kirchner: Nach ihrer Version ist der Staatsanwalt benutzt worden, um gegen ihre Regierung Front zu machen.
Am Tag nach seinem Tod hätte Nisman für die Regierung peinliche Rechercheergebnisse im Fall Amia vor dem Kongress präsentieren wollen. Nisman wollte Kirchner, Außenminister Timerman und Ex-Präsident Carlos Menem anklagen, die Aufklärung des Amia-Attentats verschleppt zu haben. Die Regierung versucht nun den Eindruck zu erwecken, Stiuso habe Nisman in den Wochen zuvor mit teils falschen Informationen im Fall Amia gefüttert, um sich an Kirchner für den Rauswurf zu rächen. Nisman könnte dies in letzter Minute gemerkt haben, sich mit dem Ex-Geheimdienstchef überworfen und dies mit dem Leben bezahlt haben. Das ist in etwa die Essenz der Andeutungen der Regierung.
Am Wochenende kam heraus, dass der Schuss, der Nisman tötete, aus nur einem Zentimeter Entfernung von seinem Kopf abgefeuert worden war. Die Staatsanwaltschaft geht von Selbstmord aus, untersucht allerdings auch, ob der Sonderermittler womöglich dazu getrieben wurde. Die Waffe hatte Nisman von einem Mitarbeiter bekommen, weil er sich bedroht fühlte.
Agent Stiuso wiederum fühlt sich von der Regierung verfolgt. Er brachte seine Familie vorsichtshalber nach Uruguay, wie die spanische Zeitung El Mundo berichtete. Er und Nisman hatten Front gemacht gegen das Memorandum der Regierung Kirchner mit Iran von 2013. Darin hatten sich beide Seiten verständigt, das Amia-Attentat gemeinsam aufzuklären. Nisman und Stiuso hingegen hatten Iran klar als Drahtzieher gesehen und nur in diese Richtung ermittelt. Nisman warf Kirchner vor, die Aufklärung wirtschaftlichen Interessen geopfert zu haben. Iran hat die Attentats-Vorwürfe stets zurückgewiesen. Das Memorandum sei kein Versuch, mit Öl Straffreiheit zu kaufen, sondern die Wahrheit herauszufinden, sagte Irans Geschäftsträger in Buenos Aires am Wochenende.
Äußerst unzufrieden mit Kirchners Iran-Politik ist die jüdische Gemeinde von Buenos Aires, die endlich Aufklärung will. Aus den Wikileaks-Unterlagen geht hervor, dass ein Vertreter der Gemeinde sich auch bei der US-Botschaft beschwerte, Kirchners Regierung manipuliere den Fall Amia. Nisman unterhielt ebenfalls enge Kontakte zur US-Botschaft, er unterrichtete sie regelmäßig über die Ermittlungen. Das alles wurde der Regierung allmählich lästig. Aus Opportunismus gegenüber Iran, wie Nisman behauptete? Oder liegen ihr andere Erkenntnisse über die Hintermänner vor? Noch immer gibt es mehr Fragen als Antworten.
Angereichert wird das Mysterium nun noch durch die Flucht des Journalisten Damian Pachter aus Argentinien. Der Reporter, der für den Buenos Aires Herald arbeitete, hatte als erster via Twitter den Tod des Staatsanwalts gemeldet. Weil er nach eigenen Angaben um sein Leben fürchtet und sich von der argentinischen Regierung verfolgt fühlt, ist er Hals über Kopf in seine zweite Heimat Israel getürmt, wo er am Sonntagabend ankam. Von dort aus ließ er wissen, dass er erst zurückkehren werde, wenn er sich nicht mehr bedroht fühle. „Ich denke nicht, dass das unter dieser Regierung geschehen wird“, sagte er.
In einem teils sehr geheimnisvoll gehaltenen Beitrag für die Zeitung Haaretz schildert Pachter die Umstände seiner Flucht, die ihm von einer vertrauenswürdigen Quelle empfohlen worden sei. Er berichtet von der ersten geheimen Information über Nismans Tod und den anschließenden Versuchen der Regierung Kirchner, ihn unter Druck zu setzen. Sein Telefon sei abgehört worden, und ein Agent habe ihn verfolgt. Details über seine Bedrohung gab er nicht preis, kündigte aber an, dass er zu gegebener Zeit Beweise vorlegen werde. Er habe immer noch nicht alles durchschaut, was ihm widerfahren sei, schreibt er.