Vielleicht wäre es ja anders gekommen, wenn sich die obersten Sozialdemokraten am Montagvormittag gegenübergesessen und einander in die Augen geblickt hätten. Vielleicht hätte es dann eine Debatte gegeben, womöglich sogar einen ordentlichen Streit – schließlich hatte der Parteichef dafür am Freitagabend genügend Anlass geliefert, indem er in Dresden eine Diskussionsrunde mit Anhängern und Gegnern der Pegida-Bewegung besuchte. Damit hatte Sigmar Gabriel vor allem seine Generalsekretärin Yasmin Fahimi brüskiert, die dezidiert gegen Gespräche mit Pegida-Leuten ist und daher nach menschlichem Ermessen allen Grund gehabt hätte, den Vorsitzenden in der Telefonkonferenz des SPD-Präsidiums am Montagmorgen zur Rede zu stellen. Doch weder sie noch jemand anderes aus der Runde der Spitzengenossen griff Gabriel an. Es wurde eine Schaltkonferenz der harmlosen Art.
SPD-Chef Sigmar Gabriel, hier im Gespräch mit dem Kommunikationswissenschaftler Wolfgang Donsbach (r), besuchte am Freitag eine Diskussionsrunde mit Pegida-Anhängern in Dresden. In der Partei bleibt die Aktion umstritten.
Das dürfte zum einen daran gelegen haben, dass sich solche Telefonschalten kaum zum Streiten eignen: Man weiß nicht genau, wer sich eigentlich alles eingewählt hat und mithört, außerdem wird man schnell mal missverstanden. Zum anderen war den entscheidenden Akteuren am Montagmorgen klar, was ein im Präsidium offen ausgetragener Konflikt nach sich gezogen hätte: Er wäre öffentlich geworden – und die Parteispitze hätte in der Pegida-Frage nicht nur als uneins, sondern als zerstritten dagestanden. Also hielten sich auch diejenigen zurück, die dem umtriebigen Parteichef möglicherweise ganz gern mal die Meinung gesagt hätten.
Der wiederum, so berichten es Teilnehmer der Schalte, nannte erst einmal das von ihm überlieferte Zitat falsch, er habe die Veranstaltung der sächsischen Landeszentrale für politische Bildung als Privatmann besucht: Das habe er nie gesagt, sondern lediglich erklärt, er habe sich privat in der Gegend aufgehalten und dann die Veranstaltung besucht. Zudem betonte er laut Teilnehmern, wie einig er und Fahimi sich darin seien, dass man mit den Pegida-Organisatoren selbstverständlich nicht reden könne. Man sei sich aber auch einig darin, dass man die Bewegung nicht ignorieren könne, so wird Gabriel wiedergegeben. Aus der Runde kam den Schilderungen zufolge dann die Frage an Gabriel, welche Eindrücke er denn von seinem Besuch mitgenommen habe. Daraufhin habe der Parteichef sinngemäß unter anderem geantwortet, es gebe unter den Pegida-Anhängern Verschwörungstheoretiker und ähnlich zweifelhafte Zeitgenossen – aber eben auch Menschen mit sozialen Problemen, wie man sie etwa aus der Bürgersprechstunde kenne. Nach zehn bis 15 Minuten war die Telefonschalte beendet.
Aber wie gesagt, das dürfte eher dem Format sowie der Angst vor einer öffentlichen Eskalation geschuldet gewesen sein. Intern verdrehte mancher auch am Montag die Augen über Gabriels Aktion. Und Fahimi blieb bei ihrer Position. Sie lehnt Gespräche mit Pegida-Anhängern weiterhin ab – auch wenn sie zugestand, es möge durchaus Leute geben, die bei den Demonstrationen mitliefen, weil sie glaubten, ihre Probleme nicht anders artikulieren zu können. Auf die Frage aber, ob sie künftig auch Diskussionen der sächsischen Landeszentrale besuchen wolle, sagte Fahimi: „Nein.“ Sie sei für sich „zu der Entscheidung gekommen, dass ich das nicht möchte“.
Ansonsten gab es innerhalb wie außerhalb der SPD Verfechter der einen wie der anderen Position. Unterstützung bekam Gabriel etwa von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Innenminister Thomas de Maizière (beide CDU), die sich für einen Dialog mit den Pegida-Anhängern aussprachen. CSU-Chef Horst Seehofer wiederum verkündete, er halte nichts davon, „dass man sich mit den Leuten zusammensetzt“, während die Kanzlerin mitteilen ließ, sie persönlich habe nicht vor, demnächst das Gespräch mit Sympathisanten der Bewegung zu suchen.
Innerhalb der SPD dürfte Gabriels Dresdner Überraschungsbesuch eine ganz andere Debatte befördern, in der es nicht um die Pros oder Contras eines Pegida-Dialogs geht, sondern um den Vorsitzenden selbst. Lange Zeit war Gabriel als besonnener Parteichef und Wirtschaftsminister aufgetreten – doch mit der Aktion von Dresden hat er jenes Image in Erinnerung gerufen, von dem er eigentlich loskommen will: das Bild des sprunghaften Instinktpolitikers, der auch für politische Freunde unberechenbar ist und sich im Zweifel nicht groß darum schert, wem er mit einer spontan umgesetzten Idee in die Parade fährt.
Immerhin kann sich Gabriel diesmal darauf berufen, dass seine Aktion intern einigen bekannt war. Allerdings gibt es im Willy-Brandt-Haus auch Leute, nach deren Wahrnehmung es in der vergangenen Woche nicht zu jedem Zeitpunkt restlos klar war, ob Gabriel die Veranstaltung in Dresden tatsächlich besuchen würde.
SPD-Chef Sigmar Gabriel, hier im Gespräch mit dem Kommunikationswissenschaftler Wolfgang Donsbach (r), besuchte am Freitag eine Diskussionsrunde mit Pegida-Anhängern in Dresden. In der Partei bleibt die Aktion umstritten.
Das dürfte zum einen daran gelegen haben, dass sich solche Telefonschalten kaum zum Streiten eignen: Man weiß nicht genau, wer sich eigentlich alles eingewählt hat und mithört, außerdem wird man schnell mal missverstanden. Zum anderen war den entscheidenden Akteuren am Montagmorgen klar, was ein im Präsidium offen ausgetragener Konflikt nach sich gezogen hätte: Er wäre öffentlich geworden – und die Parteispitze hätte in der Pegida-Frage nicht nur als uneins, sondern als zerstritten dagestanden. Also hielten sich auch diejenigen zurück, die dem umtriebigen Parteichef möglicherweise ganz gern mal die Meinung gesagt hätten.
Der wiederum, so berichten es Teilnehmer der Schalte, nannte erst einmal das von ihm überlieferte Zitat falsch, er habe die Veranstaltung der sächsischen Landeszentrale für politische Bildung als Privatmann besucht: Das habe er nie gesagt, sondern lediglich erklärt, er habe sich privat in der Gegend aufgehalten und dann die Veranstaltung besucht. Zudem betonte er laut Teilnehmern, wie einig er und Fahimi sich darin seien, dass man mit den Pegida-Organisatoren selbstverständlich nicht reden könne. Man sei sich aber auch einig darin, dass man die Bewegung nicht ignorieren könne, so wird Gabriel wiedergegeben. Aus der Runde kam den Schilderungen zufolge dann die Frage an Gabriel, welche Eindrücke er denn von seinem Besuch mitgenommen habe. Daraufhin habe der Parteichef sinngemäß unter anderem geantwortet, es gebe unter den Pegida-Anhängern Verschwörungstheoretiker und ähnlich zweifelhafte Zeitgenossen – aber eben auch Menschen mit sozialen Problemen, wie man sie etwa aus der Bürgersprechstunde kenne. Nach zehn bis 15 Minuten war die Telefonschalte beendet.
Aber wie gesagt, das dürfte eher dem Format sowie der Angst vor einer öffentlichen Eskalation geschuldet gewesen sein. Intern verdrehte mancher auch am Montag die Augen über Gabriels Aktion. Und Fahimi blieb bei ihrer Position. Sie lehnt Gespräche mit Pegida-Anhängern weiterhin ab – auch wenn sie zugestand, es möge durchaus Leute geben, die bei den Demonstrationen mitliefen, weil sie glaubten, ihre Probleme nicht anders artikulieren zu können. Auf die Frage aber, ob sie künftig auch Diskussionen der sächsischen Landeszentrale besuchen wolle, sagte Fahimi: „Nein.“ Sie sei für sich „zu der Entscheidung gekommen, dass ich das nicht möchte“.
Ansonsten gab es innerhalb wie außerhalb der SPD Verfechter der einen wie der anderen Position. Unterstützung bekam Gabriel etwa von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Innenminister Thomas de Maizière (beide CDU), die sich für einen Dialog mit den Pegida-Anhängern aussprachen. CSU-Chef Horst Seehofer wiederum verkündete, er halte nichts davon, „dass man sich mit den Leuten zusammensetzt“, während die Kanzlerin mitteilen ließ, sie persönlich habe nicht vor, demnächst das Gespräch mit Sympathisanten der Bewegung zu suchen.
Innerhalb der SPD dürfte Gabriels Dresdner Überraschungsbesuch eine ganz andere Debatte befördern, in der es nicht um die Pros oder Contras eines Pegida-Dialogs geht, sondern um den Vorsitzenden selbst. Lange Zeit war Gabriel als besonnener Parteichef und Wirtschaftsminister aufgetreten – doch mit der Aktion von Dresden hat er jenes Image in Erinnerung gerufen, von dem er eigentlich loskommen will: das Bild des sprunghaften Instinktpolitikers, der auch für politische Freunde unberechenbar ist und sich im Zweifel nicht groß darum schert, wem er mit einer spontan umgesetzten Idee in die Parade fährt.
Immerhin kann sich Gabriel diesmal darauf berufen, dass seine Aktion intern einigen bekannt war. Allerdings gibt es im Willy-Brandt-Haus auch Leute, nach deren Wahrnehmung es in der vergangenen Woche nicht zu jedem Zeitpunkt restlos klar war, ob Gabriel die Veranstaltung in Dresden tatsächlich besuchen würde.