Der Raum ist voll, und das liegt nicht nur daran, dass sich diverse Medienleute eingefunden haben zur Pressekonferenz im Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) in Kiel. Es hat auch damit zu tun, dass Klinik-Vorstandschef Jens Scholz eine ganze Mannschaft aufgeboten hat, um ausführlich darüber zu informieren, wie der Stand der Dinge ist in der Krise um den multiresistenten Keim Acinetobacter baumannii in seinem Krankenhaus. Schleswig-Holsteins Gesundheitsministerin Kristin Alheit (SPD) sitzt ebenso am Tisch wie die aus Frankfurt zu Hilfe geeilten Hygiene-Experten Volkhard Kempf und Christian Brandt. Sie alle versuchen, Einblicke zu geben in diese Krise, die in der Bevölkerung Verunsicherung auslöst. Denn: „Es ist wichtig, dass wir Klarheit reinkriegen“, sagt die Ministerin Alheit.
Jens Scholz und seine Mitarbeiter haben eine heikle Mission zu erfüllen. Sie müssen eines der bedrohlichsten Phänomene der modernen Medizin aus dem UKSH rauskriegen. Der hohe, fast willkürliche Einsatz von Antibiotika hat dazu geführt, dass viele Erreger immun dagegen geworden sind und zur tödlichen Gefahr für geschwächte und schwerkranke Patienten werden können. Gerade Krankenhäuser sind Risikoräume für Infektionen. Diesmal hat es Kiel erwischt: Ein Mann brachte den Keim aus einer Klinik in der Türkei mit, wurde in ein Mehrbettzimmer verlegt, weil kein anderes frei war, und steckte andere an. 31 Patienten wurden seit Dezember positiv auf Acinetobacter baumannii getestet, zwölf von ihnen sind gestorben. Bei dreien dürfte der Keim die Todesursache gewesen sein. 16 positiv Getestete liegen noch isoliert im Kieler Klinikum, verteilt auf zwei Intensivstationen.
Das Universitätsklinikum in Kiel (Schleswig-Holstein). Hier starben zwölf Menschen an einer Infektion mit multiresistenten Keimen. Durch den hohen Einsatz von Antibiotika sind viele Erreger immun dagegen geworden.
Am UKSH versuchen sie jetzt einen Ton für die Öffentlichkeit zu finden, der das Problem weder zu klein noch zu groß spielt. Das ist nicht leicht, und der Klinikchef Scholz hat es am Montagabend im engen Pressekonferenzraum redlich versucht. „Wir haben ein großes Interesse daran, dass erkannt wird, dass wir zwar eine ernste Situation haben, aber dass wir diese Situation auf wenige Patienten konzentriert haben“, sagte er. Es bestehe keine Gefahr für gesunde Normalbürger. Mit Bürgernähe will Scholz Vertrauen wecken, am Donnerstag zum Beispiel gibt er einen Informationsabend für die Bevölkerung. Kritik an der Hygiene im UKSH, welche die Gewerkschaft Verdi auch am Dienstag wieder vorbrachte, weist Scholz zurück. Dass Ministerin Alheit die Meldekette bei Fällen mit multiresistenten Keimen überdenken will, soll nach ihrer Darstellung kein Hinweis darauf sein, dass das UKSH etwas falsch gemacht habe. Und der Frankfurter Hygiene-Experte Christian Brandt sagt, dass Keime oft aus anderen Ländern eingeschleppt würden: „In Teilen der Welt vom Mittelmeer bis Asien ist es leider die Regel, dass sich die Patienten mit diesen Krankenhauserregern anstecken.“
Aber trifft man mit solchen Statements das Grundsatzproblem des deutschen Gesundheitswesens in der Keim-Frage? Alex Friedrich, Chef der Abteilung Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene an der Universität Groningen und international renommierter Keime-Bekämpfer, sagt jedenfalls: „Das Problem ist ein weltweites Problem, und es stimmt, dass es in Ost- und Südeuropa häufiger vorkommt. Aus unserer Sicht beginnt dieser Osten aber schon in Deutschland.“ Er verweist auf eine Studie des Europäischen Zentrums für Krankheits-Vorbeugung. „Wir konnten zeigen, dass es kein großer Unterschied mehr ist zwischen der Situation in Deutschland und der in Südeuropa in Bezug auf Acinetobacter baumannii“, sagt Friedrich, der selbst Deutscher ist.
Jetzt, da die Krise da ist, bekämpfen die Kieler sie sicher mit großer Sorgfalt. Aber die Vorbeugung scheint ausbaufähig zu sein in Deutschland, gerade wenn man an Friedrichs Wahlheimat denkt. „Die Niederlande haben eine viel höhere Ausstattung an Hygiene-Fachärzten“, sagt Friedrichs Frankfurter Kollege Kempf. „Die Ausstattung und die Ausbildung solcher Fachärzte liegt bei uns absolut im Argen. Die meisten Hygiene-Lehrstühle sind in den vergangenen Jahren reduziert worden.“ Das passt nicht zu dem Befund, dass multiresistente Keime eine der größten Herausforderungen der modernen Medizin sind. Volkhard Kempf kann das auch nicht wirklich erklären. Er sagt: „Da ist jetzt Aktion gefragt, und das kostet auch Geld, keine Frage.“
Jens Scholz und seine Mitarbeiter haben eine heikle Mission zu erfüllen. Sie müssen eines der bedrohlichsten Phänomene der modernen Medizin aus dem UKSH rauskriegen. Der hohe, fast willkürliche Einsatz von Antibiotika hat dazu geführt, dass viele Erreger immun dagegen geworden sind und zur tödlichen Gefahr für geschwächte und schwerkranke Patienten werden können. Gerade Krankenhäuser sind Risikoräume für Infektionen. Diesmal hat es Kiel erwischt: Ein Mann brachte den Keim aus einer Klinik in der Türkei mit, wurde in ein Mehrbettzimmer verlegt, weil kein anderes frei war, und steckte andere an. 31 Patienten wurden seit Dezember positiv auf Acinetobacter baumannii getestet, zwölf von ihnen sind gestorben. Bei dreien dürfte der Keim die Todesursache gewesen sein. 16 positiv Getestete liegen noch isoliert im Kieler Klinikum, verteilt auf zwei Intensivstationen.
Das Universitätsklinikum in Kiel (Schleswig-Holstein). Hier starben zwölf Menschen an einer Infektion mit multiresistenten Keimen. Durch den hohen Einsatz von Antibiotika sind viele Erreger immun dagegen geworden.
Am UKSH versuchen sie jetzt einen Ton für die Öffentlichkeit zu finden, der das Problem weder zu klein noch zu groß spielt. Das ist nicht leicht, und der Klinikchef Scholz hat es am Montagabend im engen Pressekonferenzraum redlich versucht. „Wir haben ein großes Interesse daran, dass erkannt wird, dass wir zwar eine ernste Situation haben, aber dass wir diese Situation auf wenige Patienten konzentriert haben“, sagte er. Es bestehe keine Gefahr für gesunde Normalbürger. Mit Bürgernähe will Scholz Vertrauen wecken, am Donnerstag zum Beispiel gibt er einen Informationsabend für die Bevölkerung. Kritik an der Hygiene im UKSH, welche die Gewerkschaft Verdi auch am Dienstag wieder vorbrachte, weist Scholz zurück. Dass Ministerin Alheit die Meldekette bei Fällen mit multiresistenten Keimen überdenken will, soll nach ihrer Darstellung kein Hinweis darauf sein, dass das UKSH etwas falsch gemacht habe. Und der Frankfurter Hygiene-Experte Christian Brandt sagt, dass Keime oft aus anderen Ländern eingeschleppt würden: „In Teilen der Welt vom Mittelmeer bis Asien ist es leider die Regel, dass sich die Patienten mit diesen Krankenhauserregern anstecken.“
Aber trifft man mit solchen Statements das Grundsatzproblem des deutschen Gesundheitswesens in der Keim-Frage? Alex Friedrich, Chef der Abteilung Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene an der Universität Groningen und international renommierter Keime-Bekämpfer, sagt jedenfalls: „Das Problem ist ein weltweites Problem, und es stimmt, dass es in Ost- und Südeuropa häufiger vorkommt. Aus unserer Sicht beginnt dieser Osten aber schon in Deutschland.“ Er verweist auf eine Studie des Europäischen Zentrums für Krankheits-Vorbeugung. „Wir konnten zeigen, dass es kein großer Unterschied mehr ist zwischen der Situation in Deutschland und der in Südeuropa in Bezug auf Acinetobacter baumannii“, sagt Friedrich, der selbst Deutscher ist.
Jetzt, da die Krise da ist, bekämpfen die Kieler sie sicher mit großer Sorgfalt. Aber die Vorbeugung scheint ausbaufähig zu sein in Deutschland, gerade wenn man an Friedrichs Wahlheimat denkt. „Die Niederlande haben eine viel höhere Ausstattung an Hygiene-Fachärzten“, sagt Friedrichs Frankfurter Kollege Kempf. „Die Ausstattung und die Ausbildung solcher Fachärzte liegt bei uns absolut im Argen. Die meisten Hygiene-Lehrstühle sind in den vergangenen Jahren reduziert worden.“ Das passt nicht zu dem Befund, dass multiresistente Keime eine der größten Herausforderungen der modernen Medizin sind. Volkhard Kempf kann das auch nicht wirklich erklären. Er sagt: „Da ist jetzt Aktion gefragt, und das kostet auch Geld, keine Frage.“