Jugendliche sollen Nachrichten für sich entdecken, zumindest, wenn es nach Snapchat geht. Das ist jene App, für die Facebook und Google jeweils mehrere Milliarden geboten haben sollen, und die ermöglicht, Fotos zu verschicken, die nur wenige Sekunden sichtbar sind und sich dann selbst zerstören. Gerade das junge Publikum schätzt die Technik, und gerade dieses wollen alle Konzerne erreichen.
Unter der Funktion "Discover" können Snapchat-Nutzer zukünftig Nachrichten lesen. Diese Neuerung soll die Kunden enger an die App binden.
Für Snapchat gibt es nun eine neue Funktion, sie heißt „Discover“. Künftig gibt es innerhalb der App einen Bereich, in dem nur Nachrichten gezeigt werden. Zum Start dabei sind beispielsweise CNN, National Geographic, Vice, aber auch Modemagazine wie Cosmopolitan. Klickt ein Nutzer zum Beispiel auf Vice, findet er Videos und Texte: Zur Auswahl stehen unter anderem ein japanischer Mann, der alleine und nackt an einem Strand lebt, die Hintergründe der „Regenschirm“-Revolution in Hongkong oder ein Musikvideo. Nach 24Stunden werden die Geschichten ausgetauscht (das ist ein Prinzip von Snapchat) und ein neues Themenpaket steht zur Verfügung. Monatelang wurde an diesem Update gearbeitet. Medienhäuser machen mit, weil sie an Jugendliche heranwollen – und weil sie innerhalb von Snapchat Werbung schalten können. Die Einnahmen werden geteilt.
Jugendliche sind aus zwei Gründen bei Snapchat. Erstens: Die Nachrichten löschen sich dort von selbst. Das steht im Gegensatz zu Facebook, das sämtliche Daten über seine Nutzer sammelt und speichert und das Wissen über diese vermarktet. Hinzu kommt, dass viele der Inhalte, die man teilt, eigentlich unwichtig sind: Eine lustige Situation, die man mit der Smartphone-Kamera aufnimmt und mit ausgewählten Freunden teilt. Hinterher braucht die Aufnahme niemand mehr. Also muss sie nicht gespeichert werden – das verbraucht nur Platz. Der zweite Grund ist: Apps wie Snapchat simulieren Nähe. Soziale Netzwerke haben neue Superstars hervorgebracht, die in Mainstream-Medien nicht auftauchen. Sie kommunizieren oft über Smartphones mit ihren Fans. Im Gegensatz zu einer Fernsehkamera fehlt bei diesen Aufnahmen der Abstand – und oft auch die Professionalität. Sie wirken dadurch authentischer.
Im Firmenblog, in dem Snapchat die Hintergründe von Discover ausführt, steht ein erstaunlicher Satz: „Das hier ist nicht social media“, kein soziales Netzwerk also. Facebook und Co. seien der Auffassung, dass das Interesse der Leser vorhergesagt werden könne: Der Algorithmus von Facebook sortiert die Welt vor und entscheidet, welche Geschichten angezeigt werden. Die Macher hinter Snapchat hingegen denken, dass das der falsche Weg ist: „Bei der Entscheidung darüber, was wichtig ist, verlassen wir uns auf Redakteure und nicht auf Klicks“, schreiben sie im Blog.
Für Snapchat ist der Schritt konsequent: De facto geht es darum, jeden Grund zu eliminieren, die App zu verlassen. Denn sobald der Nutzer in ein neues Programm wechselt, ist jedes Mal die Frage, ob er zurückkommt. Je mehr eine App ihren Nutzern bietet, desto weniger Gründe haben sie, woanders nach Informationen zu suchen. Wenn Medien ihre eigenen Videos und Inhalte auf Snapchat anbieten, gibt es keinen Grund mehr, die Nachrichtenseite selbst aufzurufen. Dafür steigt die Verweildauer bei Snapchat – und damit der Preis, den die App für Werbung verlangen kann.
Eine Frage bleibt: Wie gefällt es Jugendlichen? Die erste Reaktion ist erhellend. Ein Großteil der Nutzer hat sich darüber beschwert, dass eine Funktion zu den meistgenutzen Kontakten dafür weggefallen ist. Das mit den Nachrichten ist ihnen gar nicht aufgefallen.
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Mit CNN auf Teeniefang
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