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Tsipras setzt auf Konfrontation

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Nur zwei Tage nach ihrem Amtsantritt hat die neue griechische Regierung die Partner in der Europäischen Union mit einem rasanten Politikwechsel aufgeschreckt. So stoppte die Regierung mehrere Privatisierungsvorhaben. Der linksgerichtete griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras distanzierte sich überdies von einer EU-Erklärung zum Ukraine-Konflikt und ging damit auch in der Außenpolitik auf Konfrontationskurs zu Brüssel.

Tsipras will mit den internationalen Geldgebern schnell über einen neuen Umgang mit dem 320 Milliarden Euro großen Schuldenberg reden. Griechenland wünsche „keinen Bruch“ mit seinen Geldgebern, werde aber auch „keine Unterwerfung“ akzeptieren, sagte er am Mittwoch bei der ersten Sitzung seines Ministerrates. Tsipras’ Regierung begann umgehend mit der Einlösung von Wahlversprechen. So stoppte sie die volle Privatisierung des Hafens von Piräus. Auch von der halbstaatlichen Elektrizitätsgesellschaft DEI sollen keine weiteren Anteile verkauft werden.



Alexis Tsipras, der neue griechische Premier, geht auf Konfrontationskurs mit der EU.


Ausgesetzt wird auch der Verkauf von Regionalflughäfen, für die das deutsche Unternehmen Fraport mit einem griechischen Partner bereits ein Angebot abgegeben hatte. Die Privatisierung von Staatseigentum war eine wichtige Forderung der internationalen Geldgeber Griechenlands. Auch entlassene Beamte sollen wieder eingestellt sowie Mindestrenten und Mindestlohn wieder aufgestockt werden.

Als beunruhigendes Zeichen wurde in Brüssel der offene Streit um eine am Dienstag veröffentlichte Erklärung der 28 Staats- und Regierungschefs der EU zum Raketenangriff auf die ukrainische Hafenstadt Mariupol gewertet. Die Erklärung sei ohne Zustimmung von Tsipras veröffentlicht worden, hieß es am Mittwoch aus dessen Büro. Bedenken gegen einige Formulierungen habe die EU ignoriert. Dem widersprach ein Sprecher von EU-Ratspräsident Donald Tusk: „Wie immer, wenn eine solche Erklärung vorbereitet wird, haben wir alle Mitgliedstaaten konsultiert, einschließlich eines Vertreters der neuen griechischen Regierung.“ Die Erklärung, die Russland mit neuen Sanktionen droht, sei am Montagabend fertiggestellt worden.

Der EU-Parlamentspräsident Martin Schulz, der an diesem Donnerstag in Athen eintreffen will, warnte Griechenland am Abend vor Alleingängen. Mit Entsetzen habe er gesehen, dass Athen die gemeinsame Position der EU gegenüber Russland aufgegeben habe. Die griechische Regierung sei nicht gewählt worden, um Sanktionen gegen Russland zu boykottieren. Griechenland habe ganz andere Sorgen. „Ich habe keinen Bock, ideologische Debatten zu führen mit einer Regierung, die gerade mal zwei Tage im Amt ist“, sagte Schulz im ZDF. Die Koalition zwischen Linken und Rechtspopulisten in Griechenland bezeichnete er als „nicht gut für das Land“.
An diesem Donnerstag kommen in Brüssel die EU-Außenminister zusammen, um über die Verlängerung geltender Sanktionen zu beraten. Tsipras lehnt die Sanktionen ab. Politiker aus baltischen EU-Ländern warnten, wenn Griechenland Solidarität erwarte, müsse es Solidarität auch zeigen.

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